Apfelsaft finden man inzwischen nur noch vereinzelt im Tetrapack. Weinflaschen zum Wegwerfen sind aber immer noch die Regel. Foto: dpa//Jens Büttner

Bier, Saft, Mineralwasser: Das gibt es längst in Mehrwegflaschen zu kaufen. Nur Wein fast gar nicht. Geht es nach den Weingärtnern aus der Region Stuttgart, ändert sich das bald. Sie tüfteln an einem Pfandsystem für 0,75-Liter-Flaschen.

Für jede abgegebene Bierflasche in Deutschland erhält man Pfand, für jede Sprudelkiste, sogar für Energydrinks in Dosen. Doch auf die klassische Weinflasche? Keinen Cent, diese landet in den Altglascontainern. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Es gibt nämlich bereits ein Pfandsystem für Wein. Das kennen allerdings die wenigsten, denn es gilt nur für 1-Liter-Flaschen. Doch diese großen Weinflaschen sterben zunehmend aus– und von diesen sind eben auch nur ein gewisser Teil Mehrweg.

Weil der klassische, private Weinkäufer eher zur 0,75-Liter-Flasche greift, haben sich mehrere Weingärtner in Stuttgart und der Region dazu entschlossen, gemeinsam eine Mehrwegflasche für die Standardgröße zu entwickeln. Im Frühjahr 2023 soll das Projekt beginnen, in etwa zwei Jahren soll die Mehrweg-Weinflasche dann erhältlich sein, sagt Marian Kopp, der geschäftsführende Vorstand der Lauffener Weingärtner (Kreis Ludwigsburg). 60 Prozent des CO2-Fußabdrucks würden in der Weinwirtschaft durch die Bewegung von Weinflaschen produziert, inklusive dem Einschmelzen weggeworfener Flaschen: „Wenn man die Emissionen verbessern will, muss man in diesem Bereich etwas ändern“, sagt er.

Form und Gewicht variieren bei Weinflaschen stark

Doch warum gibt es Mehrweg-Weinflaschen nicht längst? Tatsächlich ist es bei Wein nicht so einfach, eine Mehrwegflasche zu etablieren. Denn bisher unterscheiden sich die Formen, die Größe des Flaschenbodens und das Gewicht stark. Es gibt bauchige, schmale, höhere, niedrige, leichte und schwere Weinflaschen. Die Lauffener Weingärtner haben beispielsweise eine Weinflasche mit 400 Gramm Gewicht im Angebot, „es gibt aber auch noch Leichtere“, sagt Kopp. Andere wögen – leer wohlgemerkt – mehr als ein Kilo. Das habe auch viel mit dem zu tun, was im Kopf von Kunden passiert, wenn sie vor dem Weinregal stehen: Teurer Wein gehöre für viele intuitiv in eine schwere Flasche.

Klar ist bereits: Die 0,75-Liter-Mehrwegflasche darf nicht zu leicht sein, „die braucht eine gewisse Wandstärke, damit sie nicht zerspringt“, sagt Marian Kopp. Und der Boden der Flasche müsste so genormt werden, dass sie in einer Mehrwegkiste nicht wackelt. Die Details müssten aber nun Ingenieure entwickeln.

Großteil der Weintrinker wünscht sich Mehrwegflasche

Um herauszufinden, ob Kunden überhaupt Interesse an einer Mehrweg-Weinflasche haben, hat die Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen im August 2022 eine Marktforschung in Auftrag gegeben. Von den 600 Befragten (alles Menschen, die mindestens einmal pro Woche Wein trinken) gaben 79 Prozent an, dass sie Wein in 0,75-Liter-Mehrwegflaschen gut oder sehr gut fänden. Als Vorteile für ein Pfandsystem wurde die Umwelt genannt (38 Prozent), das Recycling (29 Prozent) sowie weniger anfallender Müll (18 Prozent).

Die Nachteile erhielten deutlich weniger Stimmen, diese wurden vor allem im Zurückbringen der Weinflaschen in einen Getränke- oder Supermarkt gesehen (16 Prozent), im höheren Aufwand im Vergleich zu Einwegflaschen (7 Prozent) und im Aufbewahren von Leergut (7 Prozent). 43 Prozent gaben keinerlei Nachteile an. „Ich habe mit so einem eindeutigen Ergebnis gerechnet“, sagt Nadine Knöller, die im Produktmanagement der WZG arbeitet und die Marktforschung in Auftrag gegeben hat. Schließlich seien Mehrwegflaschen bei Bier oder Sprudel ja schon völlig etabliert.