Zwei von fünf Steuerpflichtigen setzen bei der Steuererklärung noch auf Papier Foto: dpa

Finanzministerin Edith Sitzmann will Bürokratie abbauen. Bessere Abschreibungsmöglichkeiten sollen Steuerverwaltung und Wirtschaft entlasten.

Stuttgart - Edith Sitzmann ist voll des Lobes: „Die gute Arbeit der rund 16 000 Beschäftigen ist Grundlage dafür, dass wir mit den Kommunen 1,6 Milliarden Euro investieren können, etwa in bessere Kinderbetreuung, die Digitalisierung unserer Schulen und die Modernisierung unserer Krankenhäuser“, sagte die grüne Finanzministerin bei der Vorstellung der Leistungsbilanz der Finanzverwaltung am Donnerstag in Stuttgart. Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr Steuereinnahmen von 77,8 Milliarden Euro verbucht, 3,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Davon flossen rund 38 Milliarden Euro in die Landeskasse, 39,8 Milliarden an den Bund und die Kommunen. Die Steuern machen etwa 80 Prozent der Einnahmen des Landes aus.

Den Hauptanteil lieferten wieder die Arbeitnehmer. Die Lohnsteuereinnahmen stiegen um 5,7 Prozent auf 33,3 Milliarden Euro. Das sei vor allem auf die gute wirtschaftliche Lage zurückzuführen, sagte Oberfinanzpräsidentin Andrea Heck. Seit 2011 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Südwesten stetig gestiegen, 2017 waren es 4,6 Millionen. Zudem machten sich die höheren Bruttolöhne und -gehälter bemerkbar. Die Einkommensteuereinnahmen erhöhten sich dank stärkerer Binnennachfrage und besserer Stimmung auf dem Bausektor um 14,7 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro. Dass die Umsatzsteuereinnahmen um 2,6 Prozent auf 18,3 Milliarden Euro gesunken sind, macht den Finanzexpertinnen keine Sorgen. Das liege vor allem daran, dass die Firmen wieder mehr investieren und das abschreiben können.

Mehr Kontrolle für Online-Handel

Bei der Umsatzsteuer rechnet Sitzmann in den nächsten Jahren mit Zuwächsen –bundesweit könnte es um hunderte Millionen gehen. Denn die Steuerschlupflöcher beim Online-Handel sollen gestopft werden – dafür hat sich unter anderem Baden-Württemberg stark gemacht. Von 2019 an müssen die Betreiber elektronischer Marktplätze die Steuernummer und die Höhe der Umsätze aller Anbieter erfassen. Andernfalls können sie haftbar gemacht werden, wenn Lieferanten die Steuern hinterziehen. Allein wegen der Ankündigung sei die Zahl der Anmeldung nach oben geschnellt, sagte Sitzmann. Von Mai 2017 bis Juli 2018 sei die Zahl von registrierten Online-Händlern vor allem aus China, Hongkong und Taiwan von 432 auf 2385 gestiegen, pro Woche meldeten sich etwa 120 neu an.

Auf Digitalisierung setzt die Finanzverwaltung aber auch, um bei einfachen Steuererklärungen Personal zu sparen. Die Zahl der elektronisch eingereichten Anträge liegt inzwischen bei 60 Prozent. Damit noch mehr Steuerpflichtige auf das Programm Elster umsteigen, bieten die Finanzämter Beratung an. Steuererklärungen, die auf Papier eingereicht werden, werden im zentralen Scanzentrum in Karlsruhe elektronisch erfasst, bis zu 16 000 pro Tag. Teilweise könne nach dem Durchlauf durch ein vollautomatisches Risikomanagementsystem ein vollautomatisch erstellter Bescheid erlassen werden, sagte Heck. „Mit dieser Vorgehensweise sparen wir Zeit für die Bearbeitung von komplexen Fällen.“

514 Millionen dank Steuerfahnder

Dass sich das lohnt, belegt die Bilanz. Rund 514 Millionen Euro wurden 2017 in Folge von Fahndungsprüfungen eingenommen, 39 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Allerdings sank die Zahl dieser Kontrollen um fast ein Viertel auf 1554. Zum Teil, weil viele besonders umfangreiche Fälle geprüft wurden, zum anderen, weil Prüfer fehlten. Für diese Aufgabe standen 292,3 Vollzeitstellen zur Verfügung, 13,5 weniger als ein Jahr zuvor.

Personal ist ein wichtiges Thema. 13 670 Vollzeitstellen gibt es in der Finanzverwaltung, für etwa 900 fehlen Mitarbeiter. Sitzmann geht davon aus, dass bis 2021 fast alle offenen Stellen wieder besetzt werden können. Die Zahl der Auszubildenden für den mittleren und den gehobenen Dienst sei auf 900 pro Jahr erhöht worden.

Zu einer Entlastung von Finanzbeamten und Wirtschaft würde aus Sicht von Sitzmann auch eine Entbürokratisierung beitragen. Sie fordert eine höhere Abschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter. „Für Betriebe ist es eine erhebliche Entlastung, wenn Laptops oder Mobiltelefone bis zu 1000 Euro sofort statt über fünf Jahre abgeschrieben werden könnten.“ Die alte Bundesregierung hatte auf Initiative Baden-Württembergs die Grenze auf 800 Euro erhöht. Im Herbst will Sitzmann noch einmal einen Vorstoß für die 1000 Euro-Grenze machen.