Hermann Gröhe muss im Tauziehen um das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen die SPD wieder an seine Seite holen. Foto: dpa

Die SPD will das geplante Gesetz zur Reform der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens nicht mehr mittragen. Hermann Gröhe muss die Sozialdemokraten nun wieder an seine Seite holen.

Berlin - Die letzte Wegstrecke der Wahlperiode gerät für Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) doch ein wenig holprig. Das Schicksal der von ihm angeschobenen Reform der Pflegeausbildung steht weiter in den Sternen. Nun gerät ein weiteres wichtiges Projekt ins Wanken. Die vom Kabinett schon beschlossene Reform der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen wird in der vorliegenden Form von der SPD nicht mehr mitgetragen.

Auslöser des Gesetzesvorhabens war die lange Kette von Unregelmäßigkeiten, handfesten Skandalen, dreisten Selbstbedienungen und aufs Schärfste ausgefochtenen internen Kämpfen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KVB). Gröhes Gesetz hat nun vor allem das Ziel, für eine bessere Kontrolle und mehr Transparenz zu sorgen. So sollen die Kontrollrechte der Mitglieder, ihre Einsichts- und Prüfrechte verbessert werden. Es werden Berichtspflichten des Vorstands festgeschrieben, Regelungen zu Abwahlmöglichkeiten des Vorsitzenden und der Stellvertreter aufgenommen und eine regelmäßige externe Prüfung der Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung eingeführt. Mehr Aufsicht, weniger Gemauschel – das ist die Philosophie.

Das Vorhaben hat einen Haken

Das findet in der Koalition niemand schlecht. Die Sache hat nur einen Haken: Gröhes Gesetz betrifft eben nicht nur die KBV, sondern alle Spitzenorganisationen des Gesundheitswesens, also etwa auch den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen. Da aber will die SPD nun nicht mehr mitmachen. Hilde Mattheis, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sagte unserer Zeitung: „Mit dem Gesetz dürfen wir nicht alle schlagen, wenn wir einen meinen.“ Auch die SPD fordere weiterhin „mehr Transparenz, mehr Kontrolle und eine bessere Aufsicht über die KBV“, auch wolle man „eindeutige rechtliche Möglichkeiten, damit sich in Zukunft die Vorfälle in dieser berufsständigen Körperschaft nicht wiederholen“. Aber die soziale Selbstverwaltung sei „ein sehr hohes Gut, an die wir nicht leichtfertig die Axt anlegen dürfen“.

Vermutlich nicht ganz zufällig macht zeitgleich auch der AOK-Bundesverband Front gegen das Vorhaben: „Auslöser für dieses Gesetz sind die Vorgänge in der KBV. Deshalb sollte das Gesetz mit all seinen neuen Eingriffsrechten auch nur für die KBV gelten“, heißt es in einer Erklärung. Die Ausweitung auf die Selbstverwaltung der Kassen sei „ein Paradebeispiel für Überregulierung“.

Der Minister gerät in eine Zwickmühle

Der Widerstand der SPD bringt den Gesundheitsminister und die Union in eine schwierige Lage. Mehr Transparanz im deutschen Gesundheitswesen herzustellen „sollte doch ein Anliegen aller Fraktionen sein“, sagte Karin Maag (Stuttgart), Gesundheitspolitikerin der Unionsfraktion. Das Ziel dürfe nicht gefährdet werden. Allerdings sieht man in der Union durchaus, dass tatsächlich die KBV das eigentliche Zielobjekt des Gesetzes ist. Doch man erkennt ein juristisches Problem: „Wir dürfen kein Einzelfall-Gesetz machen. Das wäre so, als wenn wir BMW etwas erlaubten, das wir Daimler verbieten“, erklärt Michael Hennrich (Nürtingen), auch er CDU-Gesundheitspolitiker. Also ganz oder gar nicht? Hermann Gröhe gerät in eine Zwickmühle.