Zwischen 2020 und 2030 soll der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen von sieben auf dann 27 Prozent erhöht werden. Foto: dpa-Zentralbild

Die Mitgliedstaaten sollen Strom auf dem EU-Markt kaufen. Die Kommission will damit für mehr Konkurrenz und Wettbewerb sorgen.

Brüssel - Die EU entdeckt den Klimaschutz wieder - und verprellt doch ihre Kritiker. Die Kommission will, dass bis 2030 die CO2-Emissionen um 40 Prozent gesenkt werden – gegenüber dem Vergleichsjahr 1990. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten wirklich ehrgeizige Ziele gesetzt?
Die Zahlen klingen nicht danach. Zwischen 2020 und 2030 soll der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen von sieben auf dann 27 Prozent erhöht werden. Der CO2-Ausstoß muss um 40 Prozent zurückgeführt werden. Aber das Kleingedruckte ist in diesem Fall wichtig. Bisher wurde es der Energiebilanz der Mitgliedstaaten angerechnet, wenn sie in einem Drittstaat Kohlendioxid-Emissionen verhindern halfen – etwa durch den Einkauf von Strom aus regenerativen Quellen. Dies fällt nun weg. Experten sprechen deshalb davon, dass die Mitgliedstaaten ihre eigenen CO2-Emissionen um rund 45 Prozent abbauen müssen, um die Vorgabe der Kommission zu schaffen.
Die Mitgliedstaaten können künftig selbst festlegen, wie viel erneuerbare Energie sie nutzen. Warum der Spielraum?
Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen setzen die 28 Mitgliedstaaten unterschiedliche Akzente, wie sie an Strom und Wärme kommen. So laufen nur in 14 EU-Staaten noch Atommeiler. Einige Länder sind bereits stärker auf alternative Quellen wie Wasserkraft umgestiegen. Da mache es keinen Sinn nationale Vorschriften zu erlassen. Hinzu kommt noch: Jedes Land kann uneingeschränkt selbst entscheiden, ob es auf Atomkraft, Windenergie oder Kohle setzt. Ein weitergehender Eingriff Brüssels würde zu rechtlichen Problemen führen.  
Was will man konkret tun, um die Wirtschaft stärker zu beteiligen?
Das Schlüssel-Instrument dafür ist der Emissionshandel. Dabei sollen Betriebe, die Kohlendioxid ausstoßen, Verschmutzungs-Bons kaufen – oder eben in CO2-arme Produktionsverfahren investieren. Diese Steuerung funktioniert aber nur, wenn eine Tonne CO2 etwa 30 Euro kostet. Derzeit liegt der Preis bei fünf Euro. Deshalb will die Kommission das Recht haben, bei einem Preisverfall Emissionszertifikate zeitweise vom Markt zu nehmen, um den Preis in die Höhe zu treiben. Das Verfahren nennt sich Backloading. Gedacht ist an maximal zwölf Prozent der Papiere, die man zurückhalten kann – allerdings erst in der Zeit nach 2020.
Die deutsche Energiewende und der EU-Klimaschutz haben für den Verbraucher vor allem drastisch gestiegene Strompreise gebracht. Hält sich Brüssel da wirklich vollkommen zurück?
Nein, denn man sieht sehr wohl die Gefahr, dass Verbraucher weniger konsumieren, weil sie ihr Geld in Strom und Wärme investieren müssen. Tatsächlich sind die Energiepreise in der EU inzwischen viermal so hoch wie in den USA. Dort fallen die Preise sogar. Das Gegenrezept der Kommission lautet, auf einen Energiebinnenmarkt zu setzen. Die Länder sollen nicht auf Insel-Lösungen (wie Deutschland mit seiner Energiewende) setzen, sondern auf dem EU-Markt Strom einkaufen. Außerdem will man mehr Konkurrenz ermöglichen, weil Wettbewerb in jedem Wirtschaftsbereich die Preise sinken lässt.
Was passiert denn nun mit den Vorschlägen der Kommission?
Sie werden zunächst beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im März diskutiert und dann – möglicherweise in abgeänderter Form – beschlossen. Anschließend muss noch das Europäische Parlament zustimmen. Dort stellt man sich bereits auf massiven Widerstand ein. Denn ein Großteil der Abgeordneten will auf ambitionierteren Vorgaben für die gesamte EU bestehen und somit die Freiheit der einzelnen Mitgliedstaaten einschränken. Ob das alles aber noch vor der Europawahl im Mai zu Ende gebracht werden kann, erscheint unwahrscheinlich.