Knapp eine Million Gäste kamen 2024 zur Landesgartenschau in Wangen. Foto: dpa/Felix Kästle

Für eine Gartenschau gibt es stets mehr Bewerbungen als Ausrichter – für die sechs Gartenschauen in Baden-Württemberg von 2031 bis 2036 waren es 17 Bewerbungen. Was aber passiert nach 2036? Esslingen steht schon in den Startlöchern.

Wenn es nach einigen Fraktionen im Esslinger Gemeinderat ginge, käme die Landesgartenschau 2038 nach Esslingen. Lange hin? Keineswegs. Denn bis 2036 ist die Landesgartenschau bereits vergeben. Und wenn die Stadt sich bewerben will, kann sie nicht mehr lange werten.

 

Initiiert von den Grünen, stiegen auch die Fraktionen von CDU, SPD und Freie Wähler ein: „Wir sehen in einer Landesgartenschau eine optimale Möglichkeit, Esslingen städtebaulich, ökologisch wie auch ökonomisch für die Zukunft fit zu machen“, erklärte Stadtrat Ben Baecker von den Grünen. „Wir müssen uns an die sich verändernden klimatischen Bedingungen anpassen, gleichzeitig können wir für mehr Aufenthaltsqualität sorgen und so Einzelhandel und Tourismus stärken und auch für Investoren attraktiv bleiben.“

Esslingen muss nach Auffassung der Grünen schnell handeln

Das erste Mal tauchte der Antrag im Dezember auf, nun wurde er im Gemeinderat vorgestellt und zunächst einmal weiterverwiesen an den Ausschuss für Bauen, Mobilität und Klimaschutz, wo man sich mit den Details beschäftigen wird. Die Angelegenheit ist also in der Pipeline, aber nach Auffassung der Grünen darf keine Zeit verschwendet werden.

„Die Zeit drängt“, heißt es in einer Mitteilung der Grünen. Denn bereits im kommenden Jahr fände voraussichtlich eine erneute Ausschreibung statt für die Landesgartenschauen und Gartenschauen ab dem Jahr 2038. Machbarkeitsstudien und Bewerbungsunterlagen müssten erstellt, finanzielle Rahmenbedingungen abgesteckt werden, um sich erfolgreich bewerben zu können.

Der Neckar steht im Mittelpunkt des Interesses, wenn es um die Planung einer Gartenschau kommt. Unabhängig von den Plänen tut sich aber schon etwas in Esslingen. Es entsteht ein Uferpark. Foto: Roberto Bulgrin

Zur Begründung führt Becker eine „positive, transformierende Wirkung“ auf Städte und Kommunen an. An Beispielen wie Heilbronn, dem Scharnhauser Park in Ostfildern oder Schwäbisch Gmünd ließe sich das gut beobachten.

Der Antrag tippt neben einer Bewerbung für eine Landesgartenschau auch die Möglichkeit an, sich für eine interkommunale Gartenschau entlang des Neckars zu bewerben und mit den Nachbargemeinden gemeinsam eine Gartenschau auszurichten. Auf Ebene der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart wurde ein solcher Antrag von der CDU/ÖDP-Fraktion ins Gespräch gebracht. „Als Gemeinde- und Regionalrätin würde ich es begrüßen, wenn wir eine Bundesgartenschau entlang des Neckars auf die Beine stellen könnten und der Neckar somit wieder stärker erlebbar wird“, sagt die Fraktionschefin der Freien Wähler Annette Silberhorn-Hemminger.

Auch das Rathaus spricht schon von der Gartenschau in Esslingen

Das Rathaus hat den Gedanken bereits aufgegriffen. In seiner Neujahrsrede griff Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer die Idee einer „großen Internationalen Gartenschau im Jahr 2037 im Neckartal entlang der Achse Esslingen – Stuttgart – Ludwigsburg“ auf. Mit solchen Projekten entstünde ein neuer Stolz der Menschen auf ihre Heimat. „Kommunen, Kreis und Region wachsen zusammen“, so Klopfer.

Die Bewerbung muss sich aber nicht auf die 2030er Jahre beschränken, findet Stadtrat Nicolas Fink, der die SPD-Fraktion anführt. „Die Bewerbung der Stadt um eine Landesgartenschau sollte für die Jahre 2038, 2040, 2042 und weitere erfolgen.“ Tim Hauser, Fraktionschef der CDU, sieht in einer Bewerbung „die Chance, unsere einzigartige Kulturlandschaft am Neckar für künftige Generationen zu erhalten“. Druck erzeugten auch die Herausforderungen im Weinbau, die die Bewirtschaftung der terrassierten Steillagen erschwerten. Es bestünde die Gefahr, dass Steillagen nicht mehr bewirtschaftet werden und verbuschen. Eine Gartenschau sei daher eine gute Gelegenheit, neue Wege zu gehen.

Die Fraktion FDP/Volt gehört zwar nicht zu den Antragstellern, aber deren Vorsitzende Rena Farquhar begrüßt das Vorhaben. Ein solches Großereignis biete enorme Chancen für die Stadt. „Dies stärkt nicht nur das Stadtimage, sondern fördert auch den Tourismus. Davon profitiert der Einzelhandel, die Gastronomie, die Kultur und die Innenstadt“, so Farquhar. Allerdings dürfe die finanzielle Situation der Stadt nicht außer Acht gelassen werden. Die Haushaltslage in Esslingen sei angespannt, und Großprojekte wie die Gartenschau müssten mit Augenmaß geplant werden.

Der Vorsitzender der AfD-Fraktion Stephan Köthe sieht in einer Gartenschau „eine große Chance für die städtebauliche Entwicklung“. Die vorhandenen Kanäle mit dem Neckarufer zu verbinden und in die Landesgartenschau zu integrieren, findet Köthe „spannend“. Aber auch er verweist auf den finanziellen Aspekt. Die Pflege und Erhaltung eines ehemaligen Gartenschaugeländes koste Geld.

Entwicklungsschub für Esslingen?

Positiv äußert sich auch Hermann Beck von der Ratsgruppe „WIR/Sportplätze erhalten“. Gut geplante Gartenschauen bringen seiner Meinung nach einen enormen Entwicklungsschub mit Blick auf Stadtentwicklung, Wirtschaft und Tourismus. „Hohe Investitionen in einem relativ kurzen Zeitraum bringen viel Wirkung“, sagt Beck.

Martin Auerbach von der Fraktion „Die Linke/FÜR Esslingen“ ist dagegen skeptisch. Er sieht darin „eines der Klopferschen Prestigeprojekte“. Auch in der Neugestaltung des Marktplatzes erkennt Auerbach „ein schönes Projekt, aber eher Luxus als ein notwendiges Muss“. Er warnt davor, „mit dem nächsten Luftschloss“ wichtige Personalressourcen in der Stadtverwaltung zu binden. Die Linke sei allerdings nicht gegen eine internationale Gartenschau oder eine Bundes- oder Landesgartenschau. Allerdings fehlten derzeit an anderen Stellen die Finanzmittel, um einen guten, bürgernahen und funktionierenden Alltag zu gestalten.

Nach Wangen kamen fast eine Million Besucher

Zuletzt fand die Landesgartenschau in Wangen statt. Knapp eine Million Besucher wurden gezählt. Ursprünglich hatten die Organisatoren mit rund 600 000 Besuchern gerechnet. In diesem Jahr wird es eine Gartenschau in Freudenstadt/Baiersbronn geben – das ist eine verkleinerte Variante, die zwischen den alle zwei Jahre stattfindenden Landesgartenschauen organisiert wird. Sie findet vom 23. Mai bis zum 12. Oktober statt. Die nächste Landesgartenschau wird dann in Ellwangen in der Nähe von Aalen ausgerichtet.

Gartenschauen in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg hat 1980 die erste Landesgartenschau ihre Pforten geöffnet. Bei Landesgartenschauen entstehen nicht nur neue Parks. Parallel dazu laufen meist weitreichende Stadtsanierungsmaßnahmen an, die ohne Landesgartenschau nicht oder nur viel später hätten realisiert werden können. Damit verleiht eine Landesgartenschau der jeweiligen Stadt und der Region einen spürbaren Entwicklungsschub – sowohl aus städtebaulicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht.

Zuschüsse
Das Land übernimmt bis zu 50 Prozent der Investitionskosten. In den Jahren 2009 bis 2014 lag der Zuschuss für Landesgartenschauen bei fast vier Millionen Euro, für die kleiner geplanten Gartenschauen bei etwas über einer Million Euro. Danach erhöhte sich der Zuschuss: Für den Zeitraum 2015 bis 2036 steuert das Land für Landesgartenschauen bis zu fünf Millionen Euro bei, bei Gartenschauen bis zu zwei Millionen Euro.