Pille per Mouseclick – eigentlich wollte die Koalition den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten. Nun schlägt Gesundheitsminister Jens Spahn eine andere Lösung vor. Foto: dpa

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will vom Koalitionsvertrag abweichen und das Geschäftsmodell von Internet-Apotheken wie DocMorris und Co weiter ermöglichen – aber in engeren Grenzen.

Berlin - Überraschende Wende von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Anders als noch im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgeschrieben, soll der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten nicht verboten werden. Stattdessen soll für Versender aus dem EU-Ausland ein Deckel für ihre attraktiven Boni eingeführt werden. Versender wie die DocMorris sollen künftig nicht mehr als 2,50 Rabatt pro Packung geben dürfen. Zudem sollen die Rabatt-Möglichkeiten „eingeschränkt“ werden, wenn die EU-Versender in Deutschland einen Marktanteil von fünf Prozent überschreiten.

Mehr Geld für Nacht- und Notdienste

Handlungsbedarf war durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes entstanden, der 2016 die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im grenzüberschreitenden Versandhandel gekippt hatte. Die deutschen Apotheker sahen aufgrund der Preiskonkurrenz aus dem Ausland die flächendeckende Versorgung gefährdet. Spahn trägt ihren Befürchtungen nun durch eine Reihe von lukrativen Verbesserungen Rechnung. So schlägt Spahn vor, den Fonds für die Vergütung von Nacht- und Notdiensten auf 240 Millionen zu verdoppeln. Eine Apotheke soll dann für einen Volldienst rund 550 Euro erhalten. Zudem soll ein Volumen von 240 Millionen Euro für zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen wie die Analyse der Medikation, also einen Blick auf die Gesamtheit der vom Patienten einzunehmenden Medikamente, zur Verfügung stehen.

Zustimmung bei SPD, Skepsis in der Union

Spahns Vorstoß hat eine ungewöhnliche politische Frontstellung ausgelöst. Während die SPD den Erhalt des Versandhandels aus dem Ausland ausdrücklich begrüßt, kommt aus Spahns eigener Partei Widerstand. Der wird von Gesundheitspolitikern aus der Südwest-Landesgruppe der Bundestagsfraktion maßgeblich angeführt. Dass ausländische Versandhändler Boni gewähren dürften, einheimische Versandhändler die Preisbindung aber beachten müssten, passe „ordnungspolitisch nicht zusammen“, sagt der Nürtinger Abgeordnete Michael Hennrich. Er sieht „erheblichen Klärungsbedarf“. Hennrich bringt folgenden Vergleich: „Man stelle sich vor, nur Amazon als ausländischer Versender müsste sich nicht an die Buchpreisbindung halten und dürfte pro Buch einen Rabatt von 2,50 Euro geben.“ Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (Stuttgart), meldete bei der Boni-Regelung „Gesprächsbedarf“ an. Auch Volker Kauder, bislang nicht durch ausgeprägtes gesundheitspolitisches Interesse aufgefallen, sagte, er habe „erhebliche Vorbehalte“.