Geld kommt nicht von allein geflogen – wer mehr Lohn möchte, muss durch gute Argumente überzeugen. Foto: Lantelme

Für mehr Geld mit Leistung überzeugen - Vorbereitung erleichtert das Gespräch mit dem Chef.

Stuttgart - Den Wunsch nach mehr Gehalt haben viele Berufstätige, gerade wenn die Lebenshaltungskosten steigen und ihre Firma nach der Krise wieder ordentliche Gewinne einfährt. Dass alles teurer wird, reicht als Argument aber genauso wenig wie der Hinweis auf den Aufschwung. „Wer eine Gehaltserhöhung haben will, der muss seinen Chef von seiner Leistung überzeugen”, betont Martin Wehrle, Gehaltscoach und Autor. Denn nur so hat ein Arbeitnehmer berechtigte Chancen auf mehr Lohn.

Auch der Stuttgarter Karrierecoach Thomas Götze weiß, dass das beste Argument für eine Lohnerhöhung die Arbeitsqualität ist - und nichts anderes. „Stellen Sie sich den Lohn und die Arbeitsleistung als zwei Waagschalen vor. Wenn Sie mehr in die Waagschale Leistung reinlegen, dann ist die Waage nicht mehr im Gleichgewicht, und sie können zu Recht fordern, dass Ihr Chef auch mehr in die Waagschale Lohn wirft.”

So schlüssig und überzeugend diese Argumentation ist: Sie funktioniert nur, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich etwas auf seiner Habenseite vorweisen kann. Wer nur Dienst nach Vorschrift macht, kann nicht damit rechnen, dass seine Leistung - außerhalb der üblichen Tariferhöhungen - besonders honoriert wird, betont der Stuttgarter Personalberater Michael Heidelberger. „Mitarbeiter, die mehr Gehalt wollen, sollten deshalb unbedingt in Vorleistung gehen und zum Beispiel zusätzliche Aufgaben im Betrieb übernehmen oder die Zielvereinbarung übererfüllen.”

Positive Selbstdarstellung

Es geht bei Gehaltsverhandlungen also um eine positive Selbstdarstellung. Aber gerade damit haben viele Mitarbeiter Probleme. Denn sie sind es nicht gewohnt, über sich und ihre Leistung zu sprechen. Oft sind sie sich ihres eigenen Könnens gar nicht bewusst. Deshalb raten Karriereberater, vor Gehaltsverhandlungen über die eigenen Stärken und Leistungen zu reflektieren. Götze: „Beschäftigte sollten unbedingt eine Leistungsbilanz erstellen, in der sie alles notieren, was sie im letzten Jahr besonders gut gemacht haben.” Vielleicht hat ein Mitarbeiter sein Englisch verbessert und kann so auch auf Englisch Verhandlungen führen, vielleicht hat er in einem besonders wichtigen Projekt mitgearbeitet. All das sollten Beschäftigte aufschreiben.

Argumente durchspielen

Doch nicht nur die Vergangenheit zählt. Götze empfiehlt, auch über die Zukunft nachzudenken: „Fragen Sie sich, wo und wie sie künftig im Unternehmen mehr leisten können. Und kommunizieren Sie das auch Ihrem Vorgesetzten.” Es gehe darum, dem Chef zu signalisieren, dass er mit einer Gehaltserhöhung eine gute Investition für seine Firma tätigt.

Wehrle rät Mitarbeitern, sich im Vorfeld über ihren eigenen Verhandlungsrahmen klarzuwerden: „Überlegen Sie sich vorher, was Ihr maximales und was Ihr minimales Verhandlungsziel ist. Nennen Sie im Gespräch zuerst Ihr Höchstziel, und lassen Sie sich dann herunterhandeln.” Außerdem sollten sich Arbeitnehmer noch Alternativziele überlegen wie etwa eine Prämie. Natürlich muss auch diese Alternative zur eigenen Position und zum Unternehmen passen.

Damit die vorbereiteten Argumente auch wirklich sitzen, sollten sich Beschäftigte vorher Gegenargumente ausdenken und überlegen, wie sie diese entkräften können. Am besten, sie spielen so eine Gehaltsverhandlung mal mit einer Freundin oder einem Freund durch.

Wer sich so seine Argumente zurechtgelegt hat, ist dann auch bereit, beim Chef vorstellig zu werden. Wer etwas vom Chef will, sollte sich allerdings genau überlegen, wann der richtige Zeitpunkt für so ein Gespräch ist. „Durch die öffentliche Terminplanung mit Outlook und Co. sehen Sie, wann Ihr Chef viel zu tun hat. Ziehen Sie daraus Ihre Konsequenzen. Melden Sie einen Gesprächstermin dann an, wenn Ihr Chef den Kopf frei hat und nicht schon das nächste Meeting drängt”, betont Götze. Vielleicht ist es besser, nachmittags um 17 Uhr zu reden als morgens um 10 Uhr. Auch sonst sollten die Rahmenbedingungen stimmen: „Wenn die Auftragsbücher voll sind, macht es besonders viel Sinn, Gehaltsverhandlungen zu führen. Vorgesetzte können sich dann nicht hinter der schlechten Wirtschaftslage verstecken”, erklärt Wehrle.

Chef als Partner wahrnehmen

Götze empfiehlt Arbeitnehmern, dann über das Thema Gehalt zu sprechen, wenn es ohnehin auf der Unternehmensagenda steht, zum Beispiel weil gerade Tarifverhandlungen laufen. Auf jeden Fall sollten Beschäftigte frühzeitig darüber reden, solange der Topf, aus dem solche Gelder bezahlt werden, noch nicht ausgeschöpft ist.

Lob einholen, bevor es ans heikle Thema Geld geht

Noch ein Tipp von Götze: Der Begriff Gehaltsverhandlungen sollte bei der Bitte um einen Termin beim Chef vermieden werden. Es sei besser zu sagen, dass man mit ihm über die eigenen beruflichen Perspektiven reden wolle. Damit weiß der Chef, worum es geht, ist aber auch nicht vor den Kopf gestoßen. Grundsätzlich sollten Mitarbeiter bei Lohnverhandlungen alles vermeiden, was den Chef brüskieren könnte. „Das Schlimmste, was Sie machen können, ist, Ihren Vorgesetzten zu erpressen”, betont Heidelberger. Auch Vorwürfe und Emotionen gehören nicht in so ein Gespräch. „Versuchen Sie, sich erst ein paarmal ein ,Ja' abzuholen und nicht gleich ein ,Nein' einzustecken.” Gerade deshalb macht es Sinn, zunächst mit dem Vorgesetzten über eigene Erfolge zu reden und sich ein Lob abzuholen, bevor es um das heikle Thema Geld geht.

Wehrle empfiehlt zudem: „Nehmen Sie Ihren Chef als Partner wahr, mit dem Sie gemeinsam nach einer Lösung suchen. Sehen Sie ihn nicht als Feind.” Übrigens brauchen Arbeitnehmer vor einer Gehaltsverhandlung keine Angst zu haben. „Es kann Ihnen gar nichts passieren. Ganz im Gegenteil: Sie können nur gewinnen. Denn Sie gewinnen Klarheit darüber, wie Ihr Chef Sie einschätzt”, so Wehrle. Kommt es also nicht zur gewünschten Gehaltserhöhung, erfährt der Mitarbeiter den Grund dafür. Vielleicht schätzt der Chef die Leistung des Beschäftigten schlechter ein als der Arbeitnehmer selbst. Auch das ist eine wichtige Information, die ein Angestellter ohne so eine Gehaltsverhandlung vielleicht gar nicht in Erfahrung gebracht hätte.

Es liegt nun am Mitarbeiter, diese Information zu nutzen, indem er zum Beispiel an seinen Defiziten arbeitet. Wehrle empfiehlt: „Wenn Sie keine Lohnerhöhung bekommen, fragen Sie doch Ihren Chef, was passieren müsste, damit Sie im nächsten Jahr eine Erhöhung erhalten.” So bekommt der Mitarbeiter eine Handlungsanweisung, was er besser machen kann. Hat er sich danach gerichtet, sollte er ein Jahr später wieder nachfragen, wie es jetzt mit einer Lohnerhöhung aussieht.