Will neue Arbeitsplatzmodelle für Ärzte: Wissenschaftsministerin Theresia Bauer Foto: dpa

Niedrigere Notenhürden für Medizinstudenten und mehr Studienplätze lösen den Ärztemangel auf dem Land nicht, meint Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Nötig seien bessere Arbeitsbedingungen und mehr Anerkennung für ihre Arbeit.

Stuttgart - Die Bereitschaft junger Ärzte, eine Praxis im ländlichen Raum zu eröffnen oder zu übernehmen, hält sich in Grenzen. Wenn ältere Kollegen dort in den Ruhestand gehen, tun sie sich häufig schwer, Nachfolger zu finden. In den nächsten Jahren könnte das noch schwieriger werden. Denn unter den jüngeren Ärzten sind deutlich mehr Fach-mediziner als Hausärzte.

Um die Ärzteversorgung auf dem Land langfristig sicherzustellen, hat Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) kürzlich unter anderem vorgeschlagen, die Zulassungsbeschränkungen für das Medizinstudium zu lockern. „Der Notendurchschnitt sagt doch längst nicht alles über die Qualifikation eines Menschen für den Arztberuf“, sagte die SPD-Politikerin bei einer Veranstaltung. Unterstützung erhielt sie von der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, die auch zusätzliche Studienplätze forderte (wir berichteten).

Aus Sicht von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer würden damit die Probleme nicht gelöst. Aufgrund des besonderen Vergabeverfahrens kämen in Baden-Württemberg nicht nur Einserkandidaten zum Zug, sagte die Grünenpolitikerin am Mittwoch in Stuttgart. Auch gebe es genügend Studienplätze. Derzeit studieren im Südwesten rund 11 000 angehende Mediziner. Seit 2004 hat sich die Zahl der Studienanfängerplätze von 1398 auf 1533 erhöht. Der Südwesten stellt mit 14,4 Prozent überdurchschnittlich viele Studienplätze in Humanmedizin bereit – nach dem Königsteiner Schlüssel müssten es 12,9 Prozent sein.

Viele Ärzte zieht es ins Ausland

Allerdings kommen viele der Absolventen nicht dort an, wo sie am dringendsten gebraucht würden. Im Durchschnitt sind fast ein Drittel der niedergelassenen Ärzte in Baden-Württemberg Allgemeinmediziner – bei den Ärzten ab 60 Jahren sind es 40 Prozent, bei den Ärzten zwischen 40 und 49 Jahren aber nur noch 24,2 Prozent. Und immer weniger junge Mediziner entscheiden sich für diese Richtung, immer mehr für eine andere Facharztausbildung. Besonders beliebt sind die innere Medizin und die Anästhesiologie.

Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Zum einen sind die Durchschnittseinkommen von Hausärzten geringer als die vieler Spezialisten. Aber auch das Berufsbild hat sich verändert. Viele Ärzte wollen nicht mehr rund um die Uhr für ihre Patienten da sein, sondern Beruf und Familie unter einen Hut bringen – das lässt sich mit einer traditionellen Praxis oft nur schwer realisieren. Dafür brauche es neue Modelle, sagt Bauer – etwa mehr Gemeinschaftspraxen.

Ein weiteres Problem ist die Abwanderung von Medizinern in andere Bereiche – zum Teil in Wirtschaft, zum Teil ins Ausland. 2013 verließen 3035 Ärzte Deutschland, im vergangenen Jahr waren es 2364.

Medizinstudium kostet rund 200 000 Euro

Um die Allgemeinmedizin für Studenten attraktiver zu machen, müsse sie an den Hochschulen eine größere Rolle spielen, sagte Bauer. Auch im Südwesten fehlten teilweise noch entsprechende Professuren. In den nächsten Jahren sollen an allen fünf Landesuniversitäten mit Medizinerausbildung Lehrstühle dafür eingerichtet werden.

Die Zahl der Studienplätze zu erhöhen ist auch eine Geldfrage. Ein Medizinstudium kostet den Staat rund 200 000 Euro. Das ist acht mal so viel wie ein Studienplatz für Rechts- oder Sozialwissenschaften.