Zeichen des Protests: Auf den Anhöhen von Geislingen haben am Dienstagabend wie hier am Ostlandkreuz Befürworter eines Erhalts der Helfenstein-Klinik Fackeln entzündet. Foto: Christina Zambito

Dem Krankenhaus in seiner heutigen Form droht das Aus. Die Geschäftsführung der Alb-Fils-Kliniken und die Kreisverwaltung wollen den Standort in Geislingen in eine Praxisklinik umwandeln.

Geislingen - Beschäftigte der Helfenstein-Klinik, niedergelassene Ärzte aus dem Raum Geislingen und dem oberen Filstal, Rettungsdienstkräfte, Feuerwehrleute, Bürgermeister und viele Bürgerinnen und Bürger laufen seit Wochen Sturm. Sie sind empört über die Absicht der Geschäftsführung der Alb-Fils-Kliniken (AFK) und der Kreisverwaltung, das Krankenhaus in Geislingen in eine Praxisklinik, bestehend aus Arztpraxen und Ambulanzen, umzuwandeln.

Oberbürgermeister warnt vor Spaltung

Ein Aktionsbündnis, das für den Erhalt der Klinik mit ihrem stationären Krankenhausbetrieb kämpft, hatte am vergangenen Wochenende zur Protestfahrt nach Göppingen geladen. Auf dem Gelände bei der EWS-Arena fand eine Kundgebung statt – rund 1000 Menschen nahmen teil. Am Dienstagabend wurden auf den Anhöhen von Geislingen Leuchtfeuer und Fackeln entzündet – ein weiteres Zeichen des Protests gegen die Veränderungspläne für die Helfenstein-Klinik. Viele der 67 Kreisrätinnen und Kreisräte, die am Freitag entscheiden sollen (Beginn der öffentlichen Sitzung um 14 Uhr), erhielten in den vergangenen Tagen Anrufe und Briefe aus der Bevölkerung.

Nach den Worten des Geislinger Oberbürgermeisters Frank Dehmer, der auch Kreisrat ist, geht es bei der Abstimmung um den Erhalt von gleichwertigen Lebensverhältnissen im Kreis. Die aber, so Dehmer, stünden in Geislingen und seiner ländlichen Umgebung auf der Kippe, wenn der stationäre Klinikbetrieb geschlossen würde. Dehmer sieht gar die Gefahr einer „Spaltung des Landkreises“. Die CDU-Kreisrätin und frisch gebackene Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi, kündigte bei der Kundgebung am Samstag in Göppingen an, sie werde einer Schließung „niemals zustimmen“.

CDU will gegen Pläne stimmen

Die CDU-Fraktion ist die einzige im Kreistag, die angekündigt hat, geschlossen mit Nein gegen das vorgelegte Konzept zu stimmen. Ob das ausreicht, um den Erhalt des vollen Klinikbetriebs dauerhaft zu sichern? In anderen Fraktionen gibt es auch viel Zustimmung für die Argumente der Klinik-Geschäftsführung und der Kreisverwaltung. Drei Gutachten von bundesweit renommierten Sachverständigen liegen inzwischen vor, keines davon enthält die Empfehlung, die Klinik in Geislingen so fortzuführen wie bisher.

Schon heute werden Notfall-Patienten mit schweren Diagnosen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Sepsis oder schweres Schädelhirntrauma in der Klinik am Eichert in Göppingen behandelt.

Hinzu kommen die Trends zu ambulanten Behandlungen bei weniger schweren Diagnosen, zur Spezialisierung, zu größeren Einzugsgebieten von Kliniken – und der hohe Sanierungsaufwand in der Helfenstein-Klinik. Die OP-Säle, das Bettenhaus, die energetische Sanierung – insgesamt wären das inklusive kalkulierter Baupreissteigerung 52 Millionen Euro in den kommenden zehn Jahren.

Standort wohl nicht profitabel

Für den SPD-Landtagsabgeordneten Sascha Binder, der auch Kreisrat ist und Stadtrat in Geislingen, sind das keine stichhaltigen Argumente. Er lehnt eine Klinikschließung ab. Bei der Entscheidung gehe es nicht um Zahlen und Gutachten, sondern um Menschen.

Der Göppinger AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Goßner schreibt in einem Brief an Landrat Edgar Wolff und die Mitglieder des Kreistags: „Betriebswirtschaftlich mag es begründet sein, die Helfenstein-Klinik zu schließen. Jedoch darf und muss die Frage gestellt werden, ob eine medizinische Versorgung ,profitabel’ sein muss. Für Notfälle, in denen jede Minute über Leben und Tod entscheiden kann, ist ein wohnortnaher Klinikstandort in jedem Fall ,profitabel’, wenn die Rettung nicht zu spät kommt.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Färber plädierte am Montag dafür, den Beschluss über die Zukunft der Helfenstein-Klinik zu verschieben. In einem Schreiben an den Landrat rät der Politiker aus Böhmenkirch „dringend, die Entscheidung erst dann zu treffen, wenn alle angesprochenen und offenen Punkte abschließend geklärt worden sind“. Färber war von Kommunalpolitikern und Vertretern des Aktionsbündnisses um Unterstützung gebeten worden. Färber schreibt: „Mir stellt sich grundsätzlich die Frage, ob es mit Blick auf die Grund- und Notfallversorgung, die Bettenkapazitäten, Intensivbehandlungsplätze und Personalressourcen sinnvoll ist, ein voll funktionsfähiges Krankenhaus – insbesondere in Pandemiezeiten – zu schließen.“