Birgit und Hans Martin Gündner haben in Marbach Etliches angestoßen. Foto: Werner Kuhnle

Birgit und Hans Martin Gündner aus Marbach kämpfen manchmal alleine, oft auch zusammen für eine gerechtere, familienfreundliche und nachhaltigere Gesellschaft.

Wenn sich die Ehefrau oder der Gatte über das normale Maß hinaus für das Allgemeinwohl engagiert und damit zwangsläufig auch ins Rampenlicht rückt, dann bleibt der Partner in aller Regel eher im Hintergrund – und hält ihm oder ihr den Rücken frei, wie es dann so schön heißt. Dass es genauso gut funktionieren kann, wenn die Rollen paritätisch aufgeteilt werden, beweisen Birgit und Hans Martin Gündner.

Das glänzend eingespielte Duo setzt sich, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, seit Jahrzehnten für eine gerechtere, nachhaltigere und familienfreundlichere Gesellschaft ein. Insofern wäre es auch fragwürdig gewesen, nur einen der beiden für diesen Einsatz mit der Marbacher Bürgerplakette auszuzeichnen. Folgerichtig verlieh Bürgermeister Jan Trost jetzt beiden die Medaille im Gemeinderat.

SPD streckt ihre Fühler aus

Bei Birgit Gündner fing die Ehrenamtskarriere damit an, dass sie erst in Benningen und nach dem Umzug nach Marbach Mitte der 80er-Jahre auch dort als Elternbeirätin aktiv war. In der Schillerstadt war die Diplom-Pädagogin und Mutter von vier Kindern Vorsitzende des Gesamtelternbeirats für alle Schulen. Dabei geriet sie in den Fokus der SPD, „die mich mehrfach gefragt hat, ob ich nicht für den Gemeinderat kandidieren will“. Gündner willigte ein, bestimmte schließlich eine Dekade die Geschicke der Stadt mit, saß zudem genauso lange im Ludwigsburger Kreistag, wo sie besonders im Bereich Jugend- und Sozialhilfe ihr Know-how in die Waagschale warf.

Das Bemühen um vernünftige Räume

Aus dem Kreistag brachte sie auch die Idee zur Gründung eines Familienzentrums mit nach Marbach, mit dem ihr Name bis heute eng verbunden ist und dem die 72-Jährige bis heute die Treue hält. Dicke Bretter mussten sie und ihre Mitstreiter allerdings bohren, bis die Anlaufstelle für Familien auch geeignete Räume zur Verfügung gestellt bekam. Zunächst habe man vom alten Pfundhaus aus agiert. „Das war aber unmöglich, die Räume waren so gammelig und ohne Heizung“, erinnert sich Gündner, die lange in der eigenen Praxis herausfordernden Schülern als Pädagogin zur Seite stand. Inzwischen unterbreitet das Familienzentrum in der Marktstraße 6 seine Angebote. Eine zentral gelegene Immobilie, mit der der Vorstand zufrieden sei.

In die Fußstapfen der Frau getreten

Das heißt aber nicht, dass sich Gündner zurücklehnen würde. Ihr Steckenpferd ist aktuell der Treffpunkt Q. Ein Projekt, bei dem Akteure aus der Stadt, die etwas bewegen wollen, miteinander vernetzt werden sollen. Überdies gehörte sie zu den Initiatoren der Marbacher Tafel, mischt zudem seit Studientagen im Internationalen Versöhnungsbund mit – wo ihr Mann auch Mitglied ist. Bezugspunkte zwischen den beiden im ehrenamtlichen Engagement findet sich aber nicht nur hier. So trat Hans Martin Gündner kommunalpolitisch in die Fußstapfen seiner Frau, zog für die SPD in den Gemeinderat, just als seine Gattin die Runde verließ.

Mit 22 Jahren schon als Trainer angefangen

Den Dienst an der Gesellschaft begann der Physiker und frühere Hochschulprofessor mit 22 Jahren als Trainer beim Marbacher Ruderverein, an dessen Spitze er zeitweilig auch stand. „Da habe ich gelernt, wie ein Verein funktioniert“, sagt er. Eine Erfahrung, von der der passionierte Violinist bis in die Gegenwart zehren kann. Der 78-Jährige gibt inzwischen den Takt beim örtlichen Solarverein vor, der kurz vor der Auflösung stand und auch dank Hans Martin Gündners Einsatz nun wieder floriert.

Wenn man so will, hat damit zusammengefunden, was zusammengehört. Denn das Engagement für nachhaltige Energieformen ist so etwas wie seine Lebensaufgabe. „Das Energie- und Klimathema treibt mich seit mehr als 50 Jahren um“, sagt er. Ausgangspunkt war der Bau des Ölkraftwerks in Marbach, das Gündner für überflüssig hielt und diese Meinung in einem Leserbrief Ende der 60er auch kundtat. Aufgerüttelt hat ihn auch der Bericht des Club of Rome, der sich mit den Grenzen des Wachstums beschäftigte und simulierte, auf welche Katastrophe wir mit unserem Lebensstil zusteuern könnten. Auf die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl reagierte er mit einer Aktion, die die Politiker zum Umdenken bewegen sollte. „Da haben meine Frau, ich und andere junge Leute Päckchen mit radioaktivem Gemüse nach Bonn geschickt“, sagt er.

Erfahrung an Jüngere weitergeben

Aktuell ist ihm ein Herzensprojekt, das Neubaugebiet in Rielingshausen mit einem nachhaltigen Kaltwärmenetz auszustatten. Für die entsprechenden Planungen hatte er den Impuls gegeben. Darüber hinaus war er unter anderem Vorsitzender der Sinfonia Marbach gewesen und engagiert sich im Förderverein der Musikschule Marbach-Bottwartal. Und warum das alles? „Es befriedigt das Bedürfnis, zur Entwicklung der Gesellschaft beizutragen“, sagt Hans Martin Gündner. „Ich genieße es, dass ich mit deutlich jüngeren Menschen zu tun habe“, ergänzt seine Frau, die gern ihre Erfahrungen an die nächsten Generationen weitergibt. „Ich habe auch eine gewisse Ungeduld“, erklärt ihr Mann schmunzelnd eine weitere Antriebsfeder für sein ehrenamtliches Engagement.