Freiburg trauert um die ermordete Studentin Maria L. – hier unweit des Tatorts am Dreisamufer. Foto: dpa

Maybrit Illner rührt mit ihrer Talkshow den großen bunten Themenkessel Flüchtlinge auf – aber ohne Erkenntnisgewinn.

Stuttgart - Ein junger Flüchtling steht im Verdacht, eine junge Deutsche ermordet zu haben. Seit einer Woche diskutiert die Republik dieses Thema, und fast jeder hat dazu schon etwas gesagt, bis hin zur Kanzlerin. Was gibt es dazu noch Neues? Maybrit Illner hat in ihrer Talkshow einfach alles nochmals aufgerührt. Ein Kessel Buntes sozusagen, für den der Freiburger Mordfall nur der Anlass war. Von der Kölner Silvesternacht über den jüngsten CDU-Parteitag, von der Lage in den Maghrebstaaten bis hin zum Einwanderungsgesetz kam in der Fünferrunde so ziemlich alles zur Sprache, was mit dem Thema Flüchtlinge zu tun hat. Naturgemäß hält sich der Erkenntnisgewinn da in Grenzen. Zumal die Moderatorin peinlich darauf bedacht war, niemanden mehr als zwei Sätze reden zu lassen.

Der Düsseldorfer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft reichte diese Zeit, um sich ins rechte Licht zu rücken. Nordrhein-Westfalen sei vorbildlich in der Integration, habe auch die Zahl der Polizisten erhöht und schiebe außerdem eifrig ab. So war bald auch dem letzten Zuschauer klar, dass die SPD-Regierungschefin im nächsten Jahr wieder gewählt werden will.

Der Mord an sich schockierte

Ergiebiger waren da schon die beiden Extragäste. So berichtete der Freiburger Jurastudent Johannes Forck, der mit dem späteren Mordopfer Maria L. im selben Wohnheim lebte, von der Stimmung in seiner Clique. Angst hätten die Frauen, ja. Aber nicht vor dem Umstand, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen Flüchtling handelt. Die Tat an sich habe sie erschreckt, egal, wer sie begangen hat. Deshalb hat er auch nicht den Eindruck, dass sich an der Freiburger Willkommenskultur etwas ändert.

Na ja, Willkommenskultur. Die Geschichte des zweiten Extragastes, Masour Hossein Sharifi, ließ da Zweifel aufkommen. Der junge afghanische Flüchtling kam vor sechs Jahren ins Land, spricht mittlerweile gut Deutsch – und bekommt trotzdem keinen Job. Statt dessen muss er mit seiner Abschiebung rechnen, weil Afghanistan als sicheres Herkunftsland gilt. Das bewog Rainer Wendt, den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, zur Bemerkung: „Ich hab manchmal den Eindruck, dass wir die Falschen abschieben.“

Das Problem des Einzelfalls

Wenn man den Einzelfall betrachtet, kann man diesen Eindruck schnell bekommen, wendet Michael Kretschmer ein, CDU-Fraktionsvize im Bundestag und in der Runde der einzige Vertreter einer harten Abschiebepolitik. Deutschland könne aber nicht jedem helfen, sonst überfordere man die Hilfsbereitschaft der Einheimischen. Und wenn jemand das Gastrecht missbrauche wie vermutlich der Freiburger Mordverdächtige, dann müsse man darüber auch offen reden: „Die Leute wollen die unverstellte Diskussion, was falsch gelaufen ist.“

Doch kann man aus dem Freiburger Mordfall wirklich politische Schlussfolgerungen ziehen? Der Freiburger OB Dieter Salomon glaubt das nicht: „Der Fall ist furchtbar, und der Täter muss bestraft werden, ansonsten geht das Leben weiter.“ Man könne auch nicht hinter die Schädeldecke eines jeden Flüchtlings schauen. Seine Stadt brauche mehr Polizei, die Kommunen benötigten überhaupt mehr Hilfe von Bund und Land bei der Betreuung von Flüchtlingen. Im übrigen könne man ja solche ohne Bleibeperspektive „nicht mit dem Fallschirm“ über ihren Herkunftsländern abwerfen, wenn diese die Aufnahme verweigerten.

Hat Deutschland keinen Plan?

Dem Polizeigewerkschafter ist das zu einfach. Wendt fordert eine systematische psychologische Beobachtung von jungen unbegleiteten Flüchtlingen. Denn die hätten aufgrund ihrer Biografie häufig massive Probleme. Die Frage, wie das mit Zehntausenden Menschen praktisch funktionieren soll, ließ er jedoch unbeantwortet.

Deutschland habe keinen Plan für seine vielen Flüchtlinge, befand die Deutsch-Iranerin Emitis Pohl, die selbst junge Flüchtlinge betreut. Wer integrationswillig sei, dem werde zu wenig geholfen. Andererseits sei die Toleranzschwelle gegenüber Kriminellen viel zu hoch: „Es wird zu wenig abgeschoben“, sagte die Frau mit einem CDU-Parteibuch.