2023 in der Porsche-Arena (im Bild), dieses Jahr in Weissach. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Vor 13 Jahren schaffte es Max Giesinger in das Finale von „The Voice of Germany“. Jetzt feiert sein Debütalbum zehnjähriges Jubiläum. Ein Gespräch über Nostalgie, Heimat und neue Energie für Songs, die man schon lange im Gepäck hat.

Beim Telefongespräch mit unserer Zeitung spaziert Max Giesinger gerade durch den Hamburger Nieselregen, als er zufällig dem Bäcker aus seinem Heimatort Busenbach bei Karlsruhe begegnet. „Moment“, sagt er durch den Hörer, dann schallt es in freudigem Badisch: „Ihr habt die beschden Schokobananen!“ Und dann, zurück am Telefon: „Erst neulich wieder eine gegessen.“ Beim Gespräch über Heimat und die Verbindung zum Publikum in Baden-Württemberg verfällt der 35-jährige Musiker immer wieder in einen leichten Dialekt. Seine Herkunft gibt ihm beim Publikum im Süden oft einen gewissen Vertrauensvorschuss, erzählt er. Trotz Chartstürmern wie „80 Millionen“ und „Wenn sie tanzt“ verkörpert Giesinger, der seine Karriere mit Straßenmusik und Cover-Songs auf Youtube begann, eben genau das: Bodenständigkeit.

 

Herr Giesinger, Sie kommen aus Busenbach bei Karlsruhe, wohnen aber seit einigen Jahren in Hamburg. Ist „Zuhause“ für Sie inzwischen der Norden – oder doch Baden-Württemberg?

Wirklich Zuhause ist für mich immer Baden-Württemberg. Das merke ich schon, wenn ich am Bahnhof ankomme. Da ist die Luft ganz anders, irgendwie mediterraner. Und wenn ich dann die Leute im Dialekt quatschen höre, geht mir das Herz auf. Hamburg ist aber inzwischen meine zweite Heimat geworden, sonst wäre ich hier auch nicht seit sieben Jahren. Ich habe hier inzwischen ein sehr stabiles Umfeld, bin mit meiner Band sehr eng befreundet, wir wohnen alle in einem Block und können uns schnell besuchen. Aber Badenerland ist immer noch Heimat.

Was können die Menschen in Baden-Württemberg, was die Norddeutschen nicht können – und andersherum?

Von Leuten in Baden-Württemberg wirst du schneller umarmt und geherzt, da ist man auf den ersten Blick vielleicht ein wenig offenherziger. Im Norden dauert das ein bisschen länger. Aber dann hast du einen Freund für’s Leben.

Fühlt sich ein Auftritt nahe der Heimat für Sie anders an?

Wenn ich im Süden spiele, dann bin ich in einer größeren „Safe-Zone“. Ich komme auf die Bühne und wechsle automatisch in den Dialekt. Dann ist diese Distanz direkt weg. Wenn ich in Rostock spiele, wo ich keine Wurzeln habe, muss ich ein bisschen mehr Vorarbeit leisten. In Baden-Württemberg habe ich einen kleinen Vertrauensvorschuss. Dort denken die Leute: Des isch einer von uns.

Die Nähe zum Publikum ist Ihnen also besonders wichtig.

Aber hallo. Andere Künstlerinnen und Künstler haben da vielleicht eine andere Denkweise. Aber ich mag einfach, wenn die Leute denken: der ist nicht abgehoben. Deshalb gehe ich während der Konzerte auch gerne ins Publikum. Ich habe ja auch mit Straßenmusik angefangen und mag es, mit dem Publikum auf Augenhöhe zu sein.

Im Juli spielen Sie beim Weissacher Dorfsommer. Michael Schulte, mit dem Sie seit Ihrer Zeit bei „The Voice of Germany“ befreundet sind, ist hier vergangenes Jahr aufgetreten.

Aha! Das wusste ich nicht.

Er hat Ihnen also nichts verraten?

Nein, aber ich werde ihn gleich mal fragen. Schlechtes hat er auf jeden Fall nicht erzählt.

Vor 13 Jahren haben Sie an der Castingshow „The Voice of Germany“ teilgenommen, Ihr Debütalbum „Laufen lernen“ wird in diesem Jahr zehn Jahre alt. Wird man da nostalgisch?

Schon ordentlich. Das zeigt einfach, wie schnell die Zeit rumgeht. Aber auch absurd, was in der ganzen Zeit passiert ist. Ich habe Dinge erlebt, die passen in fünf Leben rein. Manche Künstler veröffentlichen ein Album, dann ist es durch. Dass ich jetzt meine fünfte Platte machen darf, ist so ein Geschenk und Privileg.

Wie klingt Ihr Debüt heute für Sie?

Es ist total schön, diese Platte zu haben. Da klingt alles noch ein bisschen unpolierter. Damals hat man das halt zusammengekloppt, so gut es ging. Das hatte einen schönen Charme. Und es war auch eine tolle Zeit. Ich habe, bis ich 21 oder 22 Jahre alt war, bei meiner Mama gewohnt. Als „Laufen lernen“ entstanden ist, war ich gerade erst ausgezogen und habe mit Michael Schulte und Steffen, meinem Gitarristen, in einer WG gewohnt. Unsere Sturm-und-Drang-Zeit, nenne ich das mal.

Sie waren gerade einige Zeit an der Nordsee, um sich auf Ihre Tour im Sommer vorzubereiten. Wie aufwendig ist dieser Prozess?

Dieses Mal war es ziemlich aufwendig, weil wir einige Songs neu arrangiert haben. Wir haben viele Konzerte gespielt in den letzten Jahren, da braucht man immer ein paar neue Impulse, um das Set spannend zu halten. Manche Lieder haben wir schon 800 mal gespielt. Die muss man dann immer wieder neu zum Leben erwecken, aber trotzdem nah genug am Kern bleiben, damit die Leute vor der Bühne das Lied auch noch wiedererkennen. Und das ist schon viel Arbeit. Da raucht dir die Birne am Ende des Tages.

Welche neuen Impulse kommen denn diesmal dazu?

Es weht gerade frischer Wind durch unser Set. Wir haben jetzt einen Saxofonisten dabei und alles ist mehr Bruce-Springsteen-mäßig angehaucht. Den habe ich mit meiner Mutter früher oft gehört.

Wir haben schon vom neuen Saxofonisten gehört – welche Überraschungen haben Sie für das Publikum im Sommer denn noch im Gepäck?

Wir haben drei, vier neue Songs dabei, die bisher noch niemand gehört hat.

Ist es manchmal schwierig, mit dem gleichen Enthusiasmus an Stücke heranzugehen, die Sie schon oft gespielt haben?

Eigentlich ist es immer so, dass das Publikum mir beim Spielen immer so viel Energie gibt, dass es dann sowieso Spaß macht. Es ist nicht so, dass ich allein zuhause mit der Akustikgitarre „Wenn sie tanzt“ schreddere. Aber von einem Publikum, dass das Lied dann total feiert, werde ich richtig mitgetragen.

Tickets und Infos zum Konzert von Max Giesinger beim Weissacher Dorfsommer am 19. Juli gibt es im Internet unter: www.dorf-sommer.de.