Luka Doncic (links) zieht an LeBron James vorbei: Ist der Slowene bereits besser als der „King“? Foto: AFP/Katharine Lotze

Luka Doncic ist gerade einmal 20 Jahre jung. Und doch brach er bereits in seiner zweiten NBA-Saison einen Rekord von Michael Jordan und steht inmitten der Frage: Wer ist der beste Basketballspieler der Welt?

Stuttgart - LeBron James, Kobe Bryant, Kevin Garnett und natürlich Michael Jordan – bereits in seiner zweiten Saison in der nordamerikanischen NBA wird Luka Doncic in einem Atemzug mit einigen der größten Basketballern der Geschichte genannt. Der Grund? Der 20-jährige Flügelspieler der Dallas Mavericks zeigt Leistungen, wie sie die Liga seit Jahrzehnten nicht gesehen hat. Und wenn es etwas gibt, was die US-Amerikaner mehr lieben als die Frage nach dem GOAT, dem größten Spieler aller Zeiten, dann sind es Zahlenspielereien.

Besser als LeBron, Kobe und Garnett

Beispiele gefällig? Nach 88 NBA-Spielen hatte Doncic mehr Punkte als damals Lakers-Legende Kobe Bryant, mehr Rebounds als Kevin Garnett und mehr Vorlagen als LeBron James. In der laufenden Saison macht Doncic im Schnitt 30,0 Punkte, nur James Harden (38,0) und Giannis Antetokounmpo (30,9) sind in dieser Kategorie besser. Bei den Vorlagen liegt Doncic mit 9,2 nur hinter LeBron James (10,8). Im November zeichnete ihn die NBA zum Spieler des Monats aus. Seit dem legendären Earvin „Magic“ Johnson in den 80er-Jahren kam kein Spieler mehr auf diese Werte. Grund genug, dass sich das Slowene inmitten der MVP-Diskussion wiederfindet, also der Frage nach dem wertvollsten Spieler der Saison.

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„Luka spielt, als wäre er nicht von dieser Welt“, staunt die deutsche Mavericks-Legende Dirk Nowitzki. Mit 16 Siegen und sieben Niederlagen liegen die Mavericks derzeit auf Rang drei in der Western Conference. Die Play-offs scheinen realistisch, obwohl das nur kühnste Optimisten vor der Saison erwartet hatten. „Keiner, nicht einmal die größten ´Luka-Jünger´, hatten ihm eine solche Saison in seinem zweiten Jahr zugetraut“, sagt US-Journalist Marc Stein, der für die „New York Times“ über die Mavericks berichtet.

„Nur“ an Position 4 im NBA-Draft

Als Doncic im vergangenen Jahr in die NBA kam, wählten ihn die Mavs an vierter Position im Draft. Dass er nicht unter den Top-3 gelandet ist, scheint heute unvorstellbar – hängt allerdings mit der Skepsis vor Doncics Athletik und prinzipiellen Vorbehalten gegen Europäer zusammen. Seine 2,01 Meter sind ein Gardemaß für einen Flügelspieler. Allerdings fehlt ihm die Dynamik, die viele US-Amerikaner auf der Position mitbringen, was ihn insbesondere in der Defensive vor große Herausforderungen stellt.

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In der Offensive macht er fehlende Dynamik mit Auge, Präzision, Selbstvertrauen und einer Portion genialem Wahnsinn wett. Das Besondere an dem 20-Jährigen: Er punktet nicht nur, er macht auch seine Mitspieler besser. Eine Gabe, die nur eine Handvoll Superstars in der NBA haben. Auch deshalb sagt Nowitzki: „Die Mavericks werden sehr, sehr lange sehr gut sein.“ Einzig das Zusammenspiel mit seinem neuen Center Kristaps Porzingis gilt noch als „work in progress“, wie Mavericks-Trainer Rick Carlisle sagt.

Coach Carlisle ändert Mavs-Identität

Der als Defensiv-Fanatiker verschriene Coach richtet sein Team neuerdings komplett auf seinen slowenischen Star aus. Lücken in der Defensive? Geschenkt. „Ich würde ihn für keinen Spieler auf der Welt hergeben“, sagt Nowitzkis Meister-Coach von 2011. Noch im vergangenen Jahr ärgerte sich Carlisle über gut gedachte, aber schlecht gemachte Kabinettstückchen seines Ausnahmekönners. Heute weiß er: „Typen wie Doncic, Larry Bird, Magic Johnson sind manchmal gelangweilt. Dann werden sie kreativ und versuchen das Besondere zu kreieren.“ Die Folge: Ballverluste. Und da Doncic den Ball noch mehr in den Händen hat als in der vergangenen Saison, sind auch die Anzahl seiner Ballverluste von 3,4 auf 4,6 angewachsen. Aber allein, dass der mit Lob sparsame Coach Doncic in einem Atemzug mit einigen der größten Basketballer aller Zeiten nennt, verdeutlicht die Wertschätzung, die der Slowene beim 60-Jährigen Carlisle genießt.

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Doncic bleibt trotz all des Lobs bescheiden. Nachdem er kürzlich mit einer überragenden Leistung die Siegesserie der L. A. Lakers um LeBron James beendet hatte, bekannte er in Richtung des 34-Jährigen: „Er war mein Vorbild, als ich aufwuchs“, sagte er: „Ich bewundere ihn noch heute.“

Jordan-Rekord gebrochen

Derzeit hat Doncic einen Lauf: Als ihm Anfang der Woche zum 19. Mal in Folge mindestens 20 Punkte, fünf Rebounds und fünf Assists gelangen, brach er einen 30 Jahre alten Rekord von Michael Jordan. Einen Vergleich mit der Basketball-Legende verbittet sich Doncic: „Mir sind das alles zu viele Zahlenspiele. Niemand ist vergleichbar mit Jordan.“ Angesprochen auf seine Statistiken in der laufenden Saison, gab er zu: „Ich war mir sicher, dass ich gut sein würde. Aber sicher nicht so gut, wie ich zur Zeit spiele.“

Nun, Doncic ist besser als fast alle jungen NBA-Profis vor ihm. Dass es in diesem Jahr zum Liga-MVP reicht, darf angesichts der grotesk guten Zahlen von Harden und Antetokounmpo bezweifelt werden. Die Ähnlichkeiten mit dem Spiel von Harden sind unübersehbar. Und doch sagt Carlisle: „Er ist nicht die nächste Version von James Harden, sondern der erste Luka Doncic.“