Der Stuttgarter Kabarettist Mathias Richling tritt am 10. Dezember im Theaterhaus auf. Foto: SWR/Alexander Kluge

Der Kabarettist Mathias Richling lobt Fußballfans, die „eben nicht opportunistisch“ seien und die „korrupte Fifa“ anprangern. Im Interview spricht er außerdem über Kretschmanns Nachfolge, Unisex-Klos und das Energiesparen.

Unter der Regie von Günter Verdin bilanziert der Stuttgarter Kabarettist Mathias Richling in seinem neuen Programm „#2022“ schon vor Silvester ein ereignisreiches Jahr. Am 10. Dezember tritt er damit im Theaterhaus auf. Am 19. Dezember ist der 69-Jährige außerdem mit Märchenparodien im Renitenz-Theater zu sehen.

Herr Richling, wo tragen Sie Ihre One-Love-Binde am liebsten?

Woher wissen Sie, dass ich überhaupt eine trage? Durch die ganze Diskussion ist die ehrenwerte Intention dieser Binde dermaßen abgenutzt, dass sie nur noch als Ironie begriffen werden kann. Deshalb würde ich sie, wenn ich sie trüge, gerne als Maske tragen. Um die Absurdität von Fifa-Entschlüssen auf die Spitze zu treiben und gleichzeitig zu verbinden mit der Absurdität Lauterbachscher Entschlüsse zu dem furchtbaren Winter, der uns offenbar bevor steht.

Hätten Sie als Torwart das Ding übergestreift?

Diese Frage ist nicht zu beantworten. Denn ich wäre niemals Torwart geworden. Weil ich auch einem Ball niemals hinterher gerannt wäre. Und ich wollte auch keinen auffangen. Um die Binde zu tragen, hätte ich mich allerdings überreden lassen, Torwart zu werden. Aber da die Binde ja nun so abgenutzt ist, hätte ich als Torwart dann lieber das von der Fifa im Stadion verbotene Bier getrunken.

Es ist Fußball-WM, doch kaum einer spricht über Fußball. Was sind Ihre Lehren aus den Ereignissen in und um Katar?

Es war höchste Zeit, dass von diesem Katarschen Fußball kaum einer spricht. Und dass die Fifa sieht, dass ihre abgehobenen, korrupten und irrealen Entscheidungen nicht einfach vergessen werden, wenn das Ereignis stattfindet. Endlich geschieht, dass Fans und Zuschauer, die sogenannte breite Masse – wie oft unterstellt – eben nicht opportunistisch ist. Sondern dass es eine intelligente Reaktion gibt. Leider wird die Lehre daraus wieder eine große Leere sein, wenn ein Infant-tilo trotz europäischer Proteste durch die Mehrheit der Bestochenen doch wieder gewählt wird als Präsident.

Die schwulenfeindliche Politik in Katar prangern wir an, aber jetzt freuen wir uns, dass der Gas-Deal mit Katar gelungen ist. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen?

Gar nicht. Wenn wir uns trotz der Ereignisse Krim, Georgien, Verfolgung und Erschießung Oppositioneller und so weiter erst aus der Abhängigkeit von Russland lösen wollten, wenn wir uns direkt bedroht fühlen durch den Krieg in der Ukraine, kann man sich ausmalen, was erst passieren muss, bis wir auch das Gas aus Katar ablehnen. Die Politik wird dafür nicht viel aufbringen. Wenn wir beobachten, wie ein Wirtschaftsminister Habeck in Katar buckelt. Aber gleichzeitig von dem unpolitischen Manuel Neuer im Talk bei Lanz erwartet, dass er schon mit der One-Love-Binde ein Zeichen hätte setzen können gegen die Fifa und hätte mal warten sollen, was passiert. Warum hat Herr Habeck beim katarischen Handelsminister dann nicht einfach das Buckeln unterlassen, und gesehen, was passiert?

Immer vor Weihnachten geben Sie ein Heimspiel in Stuttgart. Was erwartet das Publikum in Ihrem neuen Programm?

Es geht um alles, was uns gerade belastet und belästigt. Ob es die Aktivisten sind, die uns Kunst neu servieren mit Sättigungsbeilagen, um Picasso auch dem Uninteressierten schmackhaft zu machen. Oder Christine Lamprecht, die nur Verteidigungsminister geworden ist, um ihren Sohn gegen Mobbing zu verteidigen, er wäre zu doof in einen Hubschrauber zu steigen. Oder um Cem Özdemir, der Milch und Fleisch verteuern will, um das Klima zu retten und dadurch mitwirkt, dass die Deutschen am Ende verhungern? Aber deswegen wollen die Grünen ja Cannabis anbauen. Das kennt man von Peru. Da bekommen die Menschen Koks, um den Hunger wegzukauen.

Ist Stuttgart noch mit Tamponspendern zu retten? Oder braucht es noch mehr Nopper-Posts in den sozialen Medien?

Dass die Stadt nicht zu retten ist, hängt nicht an Tamponspendern. Seit jeder sich jährlich neu amtlich ohne jegliche OP oder Umgestaltung und Nachweis geschlechtlich anders definieren kann, gehe ich aus Solidarität mit Frauen und Diversen nur noch auf Damentoiletten. Und das wäre auch die Lösung, für die man keine weitere Diskussion brauchte, wo Tampons hängen: Unisex-Klos. Alle in ein Örtchen. Und keiner fühlt sich mehr diskriminiert und ausgegrenzt. Und kein Nopper müsste sich echauffieren.

Winfried Kretschmann übernimmt erstmals eine Gastrolle in der „Soko Stuttgart“. Er spielt sich selbst. Ist er die richtige Besetzung? Sie spielen ihn besser!

Er spielt sich selbst? Erstaunlich. Wo er doch mit Beginn der Corona-Zeit hervorragend Gerhard Schröder gespielt hat, der 1998 dem normalen Bürger anonyme Denunziation empfahl, wenn der den Verdacht hatte, sein Nachbar zahlt seine Steuern nicht. Und in der Kopie mit Strobl empfahl Kretschmann den Bürgern, Ähnliches zu tun, wenn sie fünf Personen im Nachbargarten sahen ohne Maske. Und wo er so hervorragend Kaiser Wilhelm II nachspielt, jedenfalls in der gnädigen Herablassung, ihn als Bürgerkönig titulieren zu dürfen. Und wo er so ausgezeichnet Hausfrauen spielt aus den Werbespots der 50er mit einfältigen Energiespartipps. Wie viele CDU-Größen hat er inhaltlich schon nachgespielt? Kretschmann spielt im Amt doch schon lange nicht mehr sich selbst.

Herr Kretschmann behauptet, er wolle bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten. Glauben Sie ihm?

Nein. Sagen Sie ihm, er soll sich nicht so anstellen und sich ein Beispiel nehmen an Joe Biden, der mit 82 Jahren sich bei der nächsten US-Wahl noch mal anstellt. Und die Ländregierung vergleicht sich doch gerne mit den größten Nationen und den wichtigsten Regierungen der Welt.

Wer sollte Nachfolger von Winfried Kretschmann als Spitzenkandidat der Grünen werden? Cem Özdemir, Danyal Bayaz, Boris Palmer oder Mathias Richling?

Es weiß noch keiner, aber parteiintern bin ich für die Nachfolge angedacht. Das ist so geheim, dass selbst ich es noch nicht einmal weiß. Aber Winfried Kretschmann ist dafür angedacht, mich zu spielen in der Mathias-Richling-Show. Und als Gast auch in meinem neuen digitalen Format des SWR: „Richling backstage“.

Mit welchen Energiesparmaßnahmen feiern Sie Weihnachten?

Wieso nur an Weihnachten? Ich kann die Tipps schon nicht mehr hören. Weil sie für mich Binsenweiten und jahrzehntelange Gewohnheit sind. Ich bin aufgewachsen mit der ständigen Aufforderung meines Vaters, zum Beispiel den Kühlschrank wieder zu schließen, noch bevor ich was rausgeholt hatte. Aber das hat die Not der Kriegszeit den Eltern gelehrt. Die konnten nicht anders, als Energie zu sparen. Wer die Not nicht kennt und sich schwer tut mit Sparen, dem kann man keinen Vorwurf machen, wenn man ihm in der Kindheit die Wegwerfgesellschaft beigebracht hat. Da nützen Ermahnungen nicht viel. Da nützt nur selbst erlebte Not. Hoffentlich bekommen wir sie nicht. Darüber hinaus spare ich aber mir zusätzlich gerne die Weihnachtsansprachen des Bundespräsidenten und der Landesfürsten. Was ich da spare an Kraft, etwas zu ertragen, gibt mir Energie für das ganze Jahr.

Karten fürs Theaterhaus und Renitenztheater

Karten für die Auftritte von Mathias Richling am 10. Dezember im Theaterhaus im Netz oder telefonisch unter 0711 / 40 20 7-20, für das Renitenztheater im Netz oder telefonisch unter: 0711/29 70 75