Masaaki Suzuki Foto: mb

Einmal im Jahr dirigiert der Japaner Masaaki Suzuki Bachs Matthäuspassion. In diesem Jahr machte er dies in Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle mit den Ensembles der Bachakademie, der Gächinger Kantorei und dem Bach-Collegium.

Stuttgart – Wie sehr der Name Bach heute in Japan mit dem des gläubigen Protestanten Masaaki Suzuki (60) verbunden ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass soeben mit Folge 55 der Abschluss seiner sich über 20 Jahre erstreckenden Aufnahme sämtlicher Bachkantaten erschienen ist. Die Matthäuspassion stand am Samstag auf dem Programm des Akademiekonzerts, allerdings nicht mit dem Bach-Collegium Japan (auf alten Instrumenten), sondern mit dem Collegium aus Stuttgart sowie der vorzüglichen, in kleiner Besetzung antretenden Gächinger Kantorei. Lichterfüllt, zugleich gebändigt dramatisch ist Suzukis Lesart, dabei von einem sich immer wieder rasch beschleunigenden Puls erfasst und stets vorwärtsstrebend.

Präzise und ausdrucksstark die Turba-Chöre und die Choralsätze: Da gibt es keinerlei Luftpausen oder expressive Verbreiterungen nach alter Kantorenschule. Der erste, zunächst etwas holperig startende, großangelegte Doppelchor kommt entspannt daher. Freilich muss Suzuki auch weit weniger als wir Europäer gegen eine Tradition romantisierender Oratorienfülle ankämpfen (immerhin wirkten 158 Sänger bei der von Mendelssohn geleiteten Wiederentdeckung mit).

Ebenso waren die Vokalsolisten eher unaufdringlich in den Verlauf integriert. Der Blick in abgründige Tiefen blieb gleichwohl den beiden Bassisten Christian Irmler als Christus und Tobias Berndt (Arien) vorbehalten. Nicht zu vergessen die bewährte Ingeborg Danz, in „Erbarme dich“ souverän auf der Violine begleitet von Konzertmeister Gernot Süßmuth. Höchst erfreulich auch die Leistung der Sopranistin Joanne Lunn. Hervorzuheben ist die innige Klarheit des Tenors und Evangelisten Bernhardt Berchtold mit seinen (wegen des zügigen Tempos) jeweils nur kurz angetippten präzisen Spitzentönen. Allerdings war die überaus heikle Tenorarie Nr. 35 („Geduld!“) dem Gächinger Kantoristen Henning Jensen überlassen worden, der nicht so schnell vergessen dürfte, wer ihn da so hinreißend auf der Viola da Gamba begleitet hat: die charismatische, legendäre Hille Perl.

Insgesamt erhielten acht Gächinger Choristen die Möglichkeit zu solistischen Auftritten, Anja Scherg (Sopran) und Judith Mayer (Alt) übernahmen in einer ungewohnt kurzweiligen Aufführung dieser Riesenpassion sogar jeweils eine Arie.