Die Tänzerinnen der Sindelfinger Musikschule erobern sich die leere Kirche. Sie spielen mit dem Raum – und Lichtobjekten des Künstlers Frank Fierke. Foto: factum/Weise

Für vier Wochen haben die Gemeindeglieder die Sindelfinger Martinskirche von Möbeln befreit. Nun gibt es Platz für ganz neue Formate wie Tanztheater mit Luftobjekten, aber auch Stehgottesdienste wie im Mittelalter.

Sindelfingen - Zweieinhalb Stunden lang haben am Freitag 25 Helfer Stühle und Bänke weggekarrt. Nun ist die Sindelfinger Martinskirche leer. „Es ist ein ganz anderes Raumgefühl, die Kirche wirkt viel heller ohne die Stühle, und die Akustik hat sich verändert“, beschreibt Daniel Tepper seine ersten Eindrücke. Der junge Bezirkskantor erlebt erstmals die „Leere Martinskirche“ mit. Fünf Jahre lang hat das Kulturereignis pausiert. 1999 hat es der damalige Bezirkskantor Matthias Hanke ins Leben gerufen, seitdem fand es im dreijährlichen Turnus statt. Jetzt steht das achte Mal an.

Die Veranstaltung in der romanischen Kirche – eine der ältesten im Land – knüpft an die Tradition der Stehgottesdienste an, wie sie zumindest noch im Mittelalter üblich waren. Doch stehen muss während der Konzerte niemand. Fußbodenheizung und Sitzkissen ermöglichen auch ein entspanntes Sitzen. Anders als in den vergangenen Jahren soll es dieses Mal nicht nur Konzerte und Tanztheateraufführungen geben, sondern auch ganz normale Gemeindeveranstaltungen. „Das war ein Wunsch von Gemeindegliedern“, sagt Manuel Hörger, der Pfarrer der Martinskirche.

Chor- und Orchestermusik von Peteris Vasks und Ola Gjeilo

So ist für Montag, 12. März, abends eine Führung durch die dunkle Kirche geplant. Einen Tag später eröffnen Schüler der Grundschule Klostergarten eine Kunstausstellung mit Werken, die sie speziell für die leere Martinskirche gefertigt haben. Es gibt Gottesdienste und Andachten sowie in der Karwoche eine Nacht der Lichter mit Taizegebeten und -gesängen. Die großen Höhepunkte jedoch sind wieder zwei kulturelle Termine: Den Auftakt macht Monika Heber-Knobloch von der Sindelfinger Schule für Musik, Tanz und Theater (SMTT) mit ihren Tanzgruppen. Sie interpretieren mit einer eigens einstudierten Choreografie Chor- und Orchestermusik von Peteris Vasks und Ola Gjeilo.

An dem Großprojekt unter der Leitung von Daniel Tepper sind auch das Siftfshoforchester und die Cappella Nuova beteiligt. Heber-Knobloch arbeitet bei ihrer Aufführung mit dem Rottenburger Objekt-Künstler Franz Fierke zusammen. Er integriert in die Choreografie aufblasbare Lichtobjekte, die teils durch das Gotteshaus schweben. Drei Vorstellungen für jeweils 200 Zuschauer sind geplant: am 10., 11. sowie 17. März.

Ganz unterschiedliche literarische Texte

Ebenfalls dreimal führt der Sindelfinger Kinder- und Jugendchor das Musical „Grenzen?Los!“ auf. „Es ist eine Mischung aus Gesang und rhythmischem Chorsprechen“, verrät Birgit Quellmelz, die Regie führt. Ausgewählt hat sie ganz unterschiedliche literarische Texte, die sich die Kinder und Jugendlichen nach und nach erarbeiteten. Begleitet wird der Chor von den vier Hanke Brothers, die mittlerweile weit über Sindelfingen hinaus bekannt sind. Die Vorstellungen sind am 23., 24. und 25. März.

Flankiert werden die Highlights von kleineren Terminen: einer Wiederholung der „Sieben Rätsel um die Martinskirche“ und einem Tanzworkshop zu Psalm 31.

Bis Gründonnerstag gibt es Programm

Eintritt:
Für das Tanztheater und die Konzerte des Jugendchors braucht man Eintrittskarten. Diese kosten 15 Euro, ermäßigt zehn Euro. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Karten gibt es im i-Punkt am Sindelfinger Marktplatz, Telefon: 0 70 31/9 43 25. Der Eintritt zu allen anderen Veranstaltungen der leeren Martinskirche ist frei.

Programm:
Vom 10. bis zum 29. März gibt es in der leeren Martinskirche Veranstaltungen. Während dieser Zeit und bereits während der Proben kann die Kirche tagsüber nicht besichtigt werden.

Ende:
Nach der letzten Veranstaltung am Gründonnerstag wird die Kirche nachts wieder eingeräumt. Von Karfreitag an finden dann die Gottesdienste wieder wie gewohnt statt.