Eine Delikatesse: Martin Öxle schneidet die Tauben-Galantine auf. Foto: Peter-Michael Petsch

Gastspiel im Restaurant Délice: Martin Öxle, Ex-Chef in Speisemeisterei und Zwei-Sterne-Koch im Ruhestand.

Stuttgart - Nun ist es nicht so, dass Feinschmecker in und um Stuttgart darben müssten. Aber die kulinarische Handschrift von Martin Öxle (63) wird schmerzlich vermisst, seit er 2007 das Restaurant Speisemeisterei am Schloss Hohenheim verlassen hat. 1993 war er in dieses barocke Juwel eingezogen, nachdem er bereits im Schloss-Restaurant Solitude, in Öxle’s Restaurant in Berg und in Öxle’s Löwen in Mühlhausen regelmäßig mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden war. Der Stern strahlte sofort wieder über Hohenheim, von 1997 an waren es sogar deren zwei. Solche Meisterschaft soll nun brach liegen? Anfragen kämen ständig auf ihn zu, erzählt Martin Öxle. Ob er nicht, klingen die Lockrufe, zu einem Gastspiel in der Küche eines Kollegen bereit sei, ob er nicht ein Bankett ausrichten könne und eine Hochzeit, einen runden Geburtstag oder ein Jubiläum zu einem ganz besonderen Erlebnis machen wolle. Die Bitten sind vergeblich, Öxle will nicht. „Aber jetzt habe ich einen schwachen Moment gehabt“, lacht er. Darum hat er Ja gesagt, als Evangelos Pattas, Inhaber vom Restaurant Délice, kollegiale Unterstützung erbat. Weil dessen Küchenchef Benjamin Schuster (30) gerade Hotelgäste in der Türkei verwöhnt.

Man kennt sich seit langem, man schätzt sich, Schuster hat in der Speisemeisterei gearbeitet: „Nur deshalb helfe ich aus“, versichert Öxle. Darum hat er die Küchenschürze wieder umgebunden und ist der König in diesem kleinen, aber feinen kulinarischen Reich mit maximal 22 Plätzen und der offenen Frontküche. Man sieht es ihm an, dass die Freude und der Spaß, seine Virtuosität am Herd wieder voll zur Geltung bringen zu können, die Mühe und den zeitlichen Aufwand vergessen lassen. „Gestern bin ich um vier Uhr früh ins Bett gekommen“, erzählt er. Perfektion ist wichtiger als Schlaf. Er hat ein Fünf-Gänge-Menü kreiert, Pattas suchte dazu die Weine aus. Ein Menü wie in der Speisemeisterei, zweier Sterne würdig? „Dort hatte ich zwölf Köche, hier sind wir nur zu zweit“, gibt Öxle zu bedenken, der noch die Spielbank-Gastronomie betreibt und sich Küchenchef Daniel Mantey (32) mitgebracht hat. Der Aufwand müsse daher zwangsläufig kleiner sein. „Aber den Loup de Mer“, versichert Öxle, „habe ich in der Speisemeisterei genau so gemacht.“

Gastspiel bleibt einmalig

Im intimen Rahmen des Délice dürfen die Gäste Nähe und Kommunikation mit ihren Gastgebern genießen. Pattas stellt die Weine vor, Öxle weiht in die Geheimnisse des Menüs ein, das nach drei raffinierten Amuse Gueule-Häppchen mit einer Galantine von der Etouffé-Taube mit gefüllter Nizza-Artischocke beginnt. Und wer es wissen will, erfährt, wodurch die Taube ihren kräftigen Geschmack gewinnt und was in der Füllung steckt: Taubenleber und orientalische Gewürze. Der Loup de Mer als zweiter Gang wird in Kräuteröl bei Niedrigtemperatur confiert und auf einem Oliven-Lauch-Püree mit Bouillabaissefond serviert. Gefolgt von Rehfilet, einem Salat von Käse und Trüffel, einer geeisten Mandelmousse mit Vanille-Anis-Pfirsich und einer Himbeersulz. „Die Beeren sind mit Himbeer-Champagner-Gelee gefüllt“, erklärt Öxle. Das ist eben Sterne-Klasse. Ein Schokoladenkuchen, dessen salziger Boden wunderbar den Geschmack des Espresso ergänzt, beschließt den Abend.

Natürlich beginnt dieses Diner mit Champagner, nach dem ein Sauvignon Blanc vom Collegium Wirtemberg, ein Chardonnay Santa aus Kalifornien, ein Lemberger von A. Schick und ein Calaone Ca’Orologio aus dem Veneto das Diner begleiten. Öxle preist Pattas‘ Wahl eines 2010er Engehöller Bernstein Riesling Auslese mit Restsüße von Lanius Knab vom Mittelrhein zur Mandelmousse.

„Diese besonderen Diners sind auch eine Art Dankeschön an die Stammgäste, die an mich geglaubt und dem Lokal die Treue gehalten haben“, betont Pattas. Und wer beim flüchtigen Blick glaube, ein neuer Name habe das Délice verdrängt, dem sagt er: „Es gibt uns noch und weiterhin.“

Öxles Gastspiel bis zum 23. Juli aber soll und wird, da ist er sich sicher, einmalig bleiben: „Daher sollen es ganz besondere Abende werden, denn das kommt nicht wieder.“ Da bleibt nur Hoffnung auf einen Rückfall. Denn jeder Abend ist restlos ausgebucht.