Markus Rehm in Paris. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Hat der gebürtige Göppinger Markus Rehm Potenzial für die 9 Meter? Warum im Weitsprung Menschen mit und ohne Beeinträchtigung manchmal gemeinsam an den Start gehen – und alle die Legenden Bob Beamon und Mike Powell im Visier haben.

Para-Weitsprung ist eine interessante Sportart, bei der sich körperliche Beeinträchtigungen besonders gut kompensieren lassen. Markus Rehm holte bei den Paralympics in Paris nicht nur die Goldmedaille in der Klasse T64, er hat auch eine höhere Bestweite als Olympiasieger Miltiadis Tentoglu im August mit 8,48 Metern.

Rehms persönlicher Rekord aus dem Jahr 2023 liegt bei 8,72 Metern und ist gleichzeitig der weiteste Para-Sprung aller Zeiten. In Paris sprang er immerhin 8,13 Meter. Ohne Beeinträchtigung liegt der Weltrekord von Mike Powell aus dem Jahr 1991 bei 8,95 Metern. Zuvor hatte Bob Beamon seit 1968 einen legendären Weltrekord von 8,90 Meter gehalten.

Man darf gespannt sein, ob irgendwann doch noch die 9-Meter-Marke fallen könnte. Schafft es vielleicht ein Para-Athlet als erster? Und warum können Para-Weitspringer offenbar mit Teilnehmern ohne Beeinträchtigung mithalten?

Para-Weitsprung

Die Erklärung ist relativ einfach, denn in der Klasse T64 (fehlender Unterschenkel unterhalb des Knies) wird eine spezielle Feder als Sportprothese verwendet. Diese verstärkt aus mechanischen Gründen (Rückfederung) sogar die natürliche Muskelkraft und erlaubt sehr weite Sprünge. Hartes Training ist für Spitzenleistungen trotzdem nötig.

Ein unfairer Vorteil ist der „Katapult-Effekt“ aber nicht: „Die Energie, die man aus der Feder haben möchte, muss man auch in die Feder bringen und dann entstehen diese Weiten“, so der mehrfache Paralympics-Sieger und ARD-Experte Heinrich Popow, der in einer anderen Weitsprung-Klasse antrat. „Nicht die Technologie treibt den Menschen an, sondern der Mensch die Technologie.“

Partner und Sponsoren von Markus Rehm

  • Allianz
  • Össur Prothesen
  • Bayer
  • Nike
  • BTR Profisport GmbH
  • Bundeswehr
  • Deutsche Sporthilfe
  • Rahm - Zentrum für Gesundheit

Markus Rehm gegen Christian Reif

Besonders spannend ist der inklusive Wettstreit zwischen Spitzenathleten aus beiden Welten. So gewann Markus Rehm am 26. Juli 2014 mit einer Weite von 8,24 Metern die Deutsche Meisterschaft und lag damit nominell vor dem ehemaligen Europameister Christian Reif (8,20 Meter ohne Handicap). Allerdings erfolgte die Erfassung in getrennter Wertung, da der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF die Prothese als Hilfsmittel sieht. Die Frage ist auch mit Gutachten nicht hundertprozentig zu klären. Lediglich bei Deutschen Meisterschaften dürfen Sportler mit und ohne Handicap seit 2015 gemeinsam, aber mit separater Wertung, an den Start gehen. Rehms Trainerin ist die ehemalige Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius.

Markus Rehms Freundin

Für den gebürtigen Göppinger Markus Rehm (früher TG Reichenbach u.R., heute Bayer Leverkusen), der auch über 100 Meter stark ist, war es in Paris schon die vierte paralympische Weitsprung-Goldmedaille. Der 36-Jährige hatte im August 2003 als 14-Jähriger durch einen Unfall beim Wakeboard-Training seinen Unterschenkel verloren. Er war auf dem Main in eine Schiffsschraube geraten und erlitt im Klinikum eine Sepsis. Zeitweise war Rehm mit der deutsch-australischen Para-Sportlerin Vanessa Low liiert.

Von Beruf ist Markus Rehm Orthopädietechniker-Meister, soweit es seine Zeit als Profisportler erlaubt. Er kümmert sich unter anderem um Frischamputierte im Krankenhaus und versucht, ihnen neuen Lebensmut zu geben.