Markus Lanz talkt von Dienstag bis Donnerstag im ZDF. Foto: dpa/Markus Hertrich/ZDF

Im ZDF-Talk geht es um Fußball und aktuelle Politik – eine wilde Mischung mit einer überraschenden Kritik von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert an einer Parteifreundin.

Eine Hälfte mit Fußball, eine Hälfte mit deutscher Politik mit Dauerbrennern wie der Schuldenbremse. Ein gewagtes Unterfangen hat Markus Lanz, Moderator in der gleichnamigen ZDF-Talkrunde da am Dienstagabend vollzogen, wobei der sportliche Teil am Anfang prickelnder war als die Politik. Zunächst mal ging es um die EM-Spiele der vergangenen Tage, wobei die Tränen Cristiano Ronaldos (Portugal) beim verschossenen Elfmeter gegen Außenseiter Slowenien wenig Sympathien erheischten. „Ich habe wenig Mitleid mit ihm. Der ist schon so lange dabei, das ist doch nicht sein erster verschossener Elfmeter“, meinte Simon Rolfes, Ex-Profispieler und Geschäftsführer von Bayer Leverkusen. Anerkennung aber auch: Ronaldo sei ein „Arbeiter“, der polarisiere, aber es sei absolut bewundernswert, wie der mit 39 Jahren noch den „Antritt, die Dynamik und Regenerationskraft“ für das Spiel aufbringe, der sei ein „Fels in der Brandung“, und er selbst – Rolfes ist 42 – könnte dies nicht.

Nabelschau bei Bayer Leverkusen

Zum spektakulärsten Spiel vom Dienstagabend – Türkei gegen Österreich – bemerkte die ZDF-Fußballexpertin Friederike Kromp, dass sie mit einer Siegprognose für Österreich „komplett daneben gelegen“ sei. Vor Spanien aber, dass Georgien mit 4:1 geschlagen hat und mit Deutschland am Freitag im Viertelfinale steht, müsse man „den Hut ziehen“. Auf die starken jungen Spieler von Spanien lenkte Rolfes sein Augenmerk, die Spanier setzten konsequent auf den Nachwuchs, und das sei „außergewöhnlich“ und früher so nicht zu sehen gewesen, was ein 16-jähriger Lamine Jamal und ein 21-jähriger Nico Williams da an fußballerischem Können, Geschwindigkeit und Koordinationsfähigkeit auf den Platz brächten. Trotzdem glaubt Rolfes an einen Sieg von Deutschland – aber bevor dass nicht ausgemacht ist, bot sich noch etwas Gelegenheit zur Nabelschau in der Bundesliga. Markus Lanz wollte von Rolfes erfahren, wie eigentlich die Trainer-Kür von Xabi Alonso gelaufen sei, der 2022 noch die spanische Zweit-Liga-Mannschaft San Sebastian trainiert hatte, bevor er dann bei Bayer Leverkusen antrat und den damals auf dem vorletzten Tabellenplatz liegenden Verein zum Meistertitel 2024 führte. Wie man den Spielermarkt sondiere, so checke man auch den Trainermarkt, sagte Rolfes. „Bei jedem Check war Alonso immer oben.“ Strategie, Risikomanagement, Spielweise, Umgang mit verschiedenen Situationen – auch der Auftritt von Alonso als früherer Mittelfeldspieler sei aufschlussreich gewesen. „Wir fragten uns. Passt der zu uns? Aber eigentlich standen die Ampeln immer auf grün.“ Man habe gewusst, dass Alonso noch wenig Erfahrung in höheren Ligen gehabt habe, aber die Qualität seiner Arbeit sei dann ausschlaggebend gewesen.

Schales Gefühl im Dänemarkspiel

Aber zurück zur EM, wo die VAR-Entscheidung für ein Abseits zugunsten Deutschlands im Spiel gegen Dänemark aufgrund einer „Fußspitze“ des dänischen Spielers Delaney die Emotionen anheizte. In der Studiorunde gab es da klare Fronten: Der Journalist Robin Alexander („Welt“) meinte, dass hinterlasse schon ein „schales Gefühl“, wenn eine Maschine solch eine Entscheidung treffe, und auch Friederike Kromp betonte ihre Nichtliebe gegenüber dem VAR: der kille das Momentum, es nehme die Emotionen, wenn man nach einem Torschuss noch minutenlang mit dem Jubel warten müsse. Ganz anders Simon Rolfes: „Ich bin ein totaler Fan des VAR. Grobe Fehlentscheidungen gibt es jetzt nicht mehr.“

Die Perspektive des Täters

Harter Schnitt, Wechsel zur Politik: Hätte der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert – bekennender Armina-Bielefeld-Fan und einst Stadionhopper (in Daressalam war er auch schon zum Fußball-Gucken) nach dem SPD-Debakel bei der Europawahl nicht zurücktreten müssen? Er ist schließlich verantwortlich für die Kampagne. Das fragte ihn Markus Lanz und die Antwort hätte er sich vom Dauergast Kühnert – vor sechs Wochen war er zuletzt bei Lanz im Studio – schon denken können: Natürlich nicht. Wenn ein personeller Austausch der Lösung von Problemen diene, hätte er nichts dagegen, so Kühnert, das sieht er aber derzeit nicht. Das große Problem der Ampel-Regierung ist derzeit die Aufstellung eines Haushaltes und laut Robin Alexander sei da ein krisenhafter Moment und wenn das mit dem Haushalt nicht zeitgerecht klappe vor der Sommerpause, dann sei „Matthäi am letzten“. Im übrigen habe die SPD ihren Kanzler Olaf Scholz „eingemauert“ mit ihren Forderungen und ihm jeden Spielraum für Kompromisse mit FDP-Chef Christian Lindner, dem Finanzminister, genommen. Kühnert sah das anders, man werde die Fassung und die Nerven behalten und den Bundesetat vor der Sommerpause hinkriegen. „Sie wollen Schulden machen!“ raunzte Markus Lanz den Sozialdemokraten an, doch der attestierte ihm und seinen Gegnern ein „verengtes Schuldenverständnis“, es gehe um notwendige Investitionen des Staates. Deutschland habe jetzt schon im internationalen Vergleich die niedrigste Staatschuldenquote, und man könne nicht nur globale Verantwortung übernehmen und Deutschlands Rolle in der Welt erfüllen, man müsse auch die Dinge zuhause in Ordnung bringen und in Kita-Plätze und das marode Bahnnetz investieren. Mit abrupten Themenwechseln hatte Markus Lanz noch nie Probleme, und so ging es am Ende um umstrittene Äußerungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach der Tötung eines 20-Jährigen durch einen 18-jährigen Flüchtling aus Syrien in Bad Oeynhausen. Die Ministerin hatte vor SPD-Kommunalpolitikern auf die „mangelnde Integration“ von Flüchtlingen und auch auf deren schwierige Unterbringungsprobleme hingewiesen – was Markus Lanz in einem Kurzvideo dokumentierte. Zumindest dieser Ausschnitt, so der befragte Kevin Kühnert zeige 100 Prozent die Perspektive des Täters und „zu 100 Prozent zu wenig die Perspektive des Opfers“. Alles in allem aber kenne er die Ministerin Faeser als eine Person, die „keinen blinden Fleck“ in ihrer politischen Betrachtung habe, der Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus sei ihr ein Herzensanliegen, sie packe da „heiße Eisen“ an, lasse islamische Vereine verbieten und prüfe dies bei der Blauen Moschee in Hamburg.