Die Imbissläden in der Schulstraße Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Weil die Rathausgarage abgerissen wird, soll am kommenden Freitag das Taubenhaus per Kran vom Dach gehievt werden. Der neue Standort steht erst ab April zur Verfügung. Tierschützer kritisieren, dass die Vögel dann kein zu Hause haben und fordern die Stadtverwaltung auf, den Termin zu verlegen.

Stuttgart - Rund 150 Tauben fliegen im Taubenhaus auf der Rathausgarage in der Stuttgarter Innenstadt ein und aus. Sie werden dort oben gefüttert, damit sie dort ihre Eier legen. Die werden von Taubenwarten gegen Plastikattrappen ausgetauscht. So soll die Vermehrung der Vögel reduziert werden.

Da der Abriss der Rathausgarage Mitte des Monats starten soll, wird am kommenden Freitag zwischen 7 und 7.30 Uhr ein Kran das 2,5 Tonnen schwere Taubenhaus von der Größe einer Gartenlaube von der Garage hieven. Bereits zwei Tage vorher müssen die Taubenwarte den Unterschlupf putzen, desinfizieren und den Schlag schließen. Von da an sind die Vögel bis auf Weiteres obdachlos. Denn der neue Standort auf dem Dach der Kämmerei in der Schmale Straße 11 ist noch nicht bezugsfertig.

Taubenbeauftragte fürchtet um das leben der Vögel

„Weil das Taubenhaus mit 2,5 Tonnen zu schwer für das Dach ist, muss nachgebessert und das Taubenhaus auf Abfangträger gestellt werden, damit die Kraft nicht direkt aufs Dach wirkt, sondern abgeleitet wird“, sagt Stefan Praegert, Leiter der Dienststelle für allgemeine Sicherheits- und Ordnungsangelegenheiten beim Amt für öffentliche Ordnung. Gefüttert werden sollen die Tauben in der Schmale Straße bereits früher, doch bevor die Taubenwarte aufs Dach können, muss sicherheitshalber noch ein Geländer installiert werden. Dass das nicht schon alles früher passiert ist erklärt Praegert damit, dass zunächst vorgesehen war, die Tauben in einer Voliere zum Tierheim nach Botnang zu transportieren. Nachdem die Tierschützer dabei nicht mitgemacht hätten, habe man umdenken und einen neuen Standort finden müssen.

„Dass die Garage abgerissen werde, sei seit langem bekannt“, sagt Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, Taubenschutzbeauftragte des Tierschutzvereins und kritisiert, dass der neue Standort sechs Monate zu spät kommt. Die Unterbringung der Vögel auf dem Gelände des Tierheims in Botnang lehnten sie und ihre Mitstreiter ab, weil Tauben standorttreu sind und sich nicht so weit weg vom alten Standort umsiedeln lassen.

„Den Stress würden viele Tiere nicht überleben“, ist sie überzeugt. Um das Leben der Tiere fürchtet sie auch, wenn sie nicht direkt nach dem Verlust ihres alten Heims ein neues Domizil bekommen. „Die rund 150 Vögeln sind quasi Haustiere. Sie werden verstört auf den umliegenden Dächern sitzen und erst auf die Erde flattern, wenn sie schon geschwächt sind. Dort finden sie nichts zu fressen. Denn im Winter ist die Außengastronomie zu“, fürchtet Brucklacher-Gunzenhäußer, dass viele Tiere verenden.Ob es so schlim kommt? Trotz Verbot gehen laut Praegert beim Ordnungsamt immer wieder Beschweren ein, weil Bürger Tauben füttern.

Rund 11 800 Taubeneier gegen Attrappen ausgetauscht

Etwa 880 Eier haben die Taubenwarte in den vergangenen vier Jahren auf der Rathausgarage gegen Attrappen ausgetauscht. Insgesamt wurden seit Start des Projekts im Jahr 2008 in mittlerweile sieben Taubenhäusern und Schlägen 11 800 Eier durch falsche ersetzt.

„Es ist schwer zu sagen, wie viele Tauben nicht geboren wurden. Aber es sind unzählig viele. Das Projekt ist ein großer Erfolg“, sagt Brucklacher-Gunzenhäußer. Um die Vermehrung der Vögel noch wirksamer einzudämmen, hält sie mindestens 15 Taubenhäuser oder -Schläge in der Innenstadt für notwendig. Bis zum Herbst wird es vermutlich einen weiteren Schlag auf dem Dach eines Privathauses am Marienplatz geben. Auf einem Gebäude der Stadt in der Kriegsbergstraße ist ein zweiter Schlag geplant.