Kultusministerin Marion Schick Foto: dpa

Marion Schick ist seit 100 Tagen Kultusministerin von Baden Württemberg - eine Bilanz.

Stuttgart - Mit Marion Schick hat Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) Parteifreunde und Öffentlichkeit überrascht. Am Donnerstag ist die neue Kultusministerin von Baden-Württemberg 100 Tage im Amt.

Sie sei charmant und offen, loben fast alle, die mit der neuen Kultusministerin zu tun hatten - Lehrer und Schulleiter, Eltern und Schüler, Politiker und Verbandsvertreter. Ein kluger Schachzug von Ministerpräsident Stefan Mappus, Marion Schick nach Stuttgart zu holen, meinen auch viele. Denn Bildungspolitik - so haben die Landtagswahlen in Hessen und Bayern gezeigt - kann entscheidend sein.

"Red'n mit die Leut"

Trotz der millionenschweren Qualitätsoffensive für die Bildung, die die Landesregierung 2008 beschlossen hatte - 530 Millionen Euro zusätzlich bis zum Jahr 2013 für Hausaufgabenhilfe an Gymnasien, kleinere Klassen, Extrastunden für Schulleitungen und mehr -, war die Unzufriedenheit in der Bevölkerung, aber auch in der CDU-FDP-Koalition groß. Anfang Februar hatte deshalb der damalige Kultusminister Helmut Rau (CDU) noch eine 2,5 Millionen Euro teure Werbekampagne angekündigt.

Die Aufgabe, die Bildungspolitik in ein besseres Licht zu rücken, liegt jetzt in den Händen von Raus Nachfolgerin - die Diplomhandelslehrerin, Professorin und Hochschulrektorin war bisher im Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft für 17.000 Beschäftigte verantwortlich und beriet auch die bayerische Staatsregierung in Bildungsfragen. "Ich bin überzeugt, dass man den Eltern Ängste nehmen kann, wenn man noch besser erklärt, was wir tun", sagte Mappus, als er Schick vorstellte.

Eine Aufgabe, die die 51-jährige Neu-CDUlerin souverän erledigt. "Wir dürfen selbstbewusst sein hier in Baden-Württemberg über die Bildungspolitik, die gemacht wurde und die mit Kontinuität weiter gemacht wird", sagte sie damals und versprach, zu "red'n mit die Leut". Gleich am ersten Wochenende präsentierte sie sich beim bildungspolitischen Forum der CDU in Ravensburg - dort in Oberschwaben hatte vor knapp drei Jahren der Aufruhr von Hauptschulrektoren gegen immer neue Rettungsversuche des dreigliedrigen Schulsystems begonnen. Fast täglich besucht sie Schulen, oft Großveranstaltungen, um Eltern und Schüler zu beruhigen, die sich wegen des doppelten Abiturjahrgangs 2012 um Studienplätze und Lehrstellen sorgen. Oder um für die neue Werkrealschule zu werben, von der nicht einmal der Landeselternbeirat überzeugt war. Ab und zu lädt sie auch zum Live-Chat im Internet ein, am heutigen Mittwoch von 14 bis 14.45 Uhr (www.kultusportal-bw.de).

Alte Politik in neuer Verpackung?

Wenn sie ihrem Gegenüber in die Augen blickt, lächelt, nickt, sich bei Diskussionen Notizen macht, fühlen sich ihre Gesprächspartner verstanden. Nie vergisst die Mutter zweier Kinder auch, sich für die Arbeit von Lehrern, das Engagement von Eltern zu bedanken. So viel Aufmerksamkeit und Anerkennung entspannt die Atmosphäre und unterscheidet sie von ihrem Vorgänger. Rau war zuletzt recht dünnhäutig und reagierte zunehmend ungeduldig auf Kritik. "Ich finde es gut, dass sie auf uns zugekommen ist, und hoffe, dass sie auf unsere Belange eingehen wird", sagt Paul Stritt, Vorsitzender des Landesschülerbeirats. Bernd Saur, Chef des Philologenverbands, lobt, dass sie am gegliederten Schulsystem festhält, bedauert aber auch, dass sie neben dem achtjährigen keinen neunjährigen Gymnasialzug will.

Andere hingegen sind ernüchtert. Die Absicht, mit allen zu reden, reiche nicht, sagt Doro Moritz, Vorsitzende der Gewerkschaft Bildung und Erziehung. "Ich befürchte, dass sie keine eigenen bildungspolitischen Impulse setzt, sondern nur die Politik der CDU-Fraktion verteidigt." Nach ihrem ersten offiziellen Treffen hatten Schick und Moritz noch große Einigkeit demonstriert. Ähnlich wie Moritz sieht es auch Michael Gomolzig. "Sie ist sehr charmant und versteht es, Probleme mit einem Lächeln in den Hintergrund zu spielen", sagt der Sprecher des Verbands Bildung und Erziehung.

Alte Politik in neuer Verpackung?

Alte Politik in neuer Verpackung, spottet die Opposition. "Es ist nicht zu fassen, dass eine neue Ministerin die Uraltpositionen der CDU verkauft und dafür fast vollkommen auf eigene Wege verzichtet", so der SPD-Abgeordnete Frank Mentrup mit Blick auf Themen wie Ganztagsschule, Schulsozialarbeit oder gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern. Renate Rastätter von den Grünen wirft Schick vor, sie verteile "Beruhigungspillen".

Ihren Kritikern gegenüber ist Schick denn auch alles andere als zimperlich. Sie seien "rückwärtsgewandt" und "verschlafen", konterte sie, als SPD und Grüne im Landtag kürzlich mehr Plätze an beruflichen Gymnasien forderten. Schick verlässt sich auf Mappus. Der hat versprochen, bei der Bildung nicht zu kürzen. Ein Zeichen hat er gesetzt: Im Herbst werden die Klassen an Grundschulen auf höchstens 27 Schüler verkleinert.