Eine Wärmepumpe entzieht der Umgebungsluft Energie, die zum Heizen benutzt werden kann. Aus einer eingesetzten Kilowattstunde werden so drei oder mehr. Foto: imago/Robert Poorten

Stuttgarter interessieren sich nicht für die Wärmepumpe? Von wegen. Ein Termin mit dem führenden Fachmann Marek Miara füllt alle drei Säle im Rathaus. Er gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Um das Klimaziel bis 2035 zu erreichen, müssten in Stuttgart 3500 Wärmepumpen im Jahr installiert werden. 2024 hat die Stadt gerade einmal 305 Förderanträge bewilligt. Haben die Stuttgarter kein Interesse an Wärmepumpen? Kann man so nicht sagen. Zu einer Veranstaltung am Dienstagabend im Rathaus sind Hunderte gekommen.

 

Die 300 Plätze im Großen Sitzungssaal waren sofort belegt, also sind auch der Mittlere und der Kleine Saal für eine Videoübertragung geöffnet worden. Grund für den Zustrom war sicher auch der Gast: der Wärmepumpen-Papst Marek Miara, anerkannter Experte vom Fraunhofer ISE in Freiburg. Wir fassen zusammen.

Funktionieren Wärmepumpen im Altbau?

Für Neubauten besteht kein Zweifel. In 76 Prozent der Fälle war die Wärmepumpe 2023 die Technologie der Wahl. Die gängige Frage, ob diese Heizquelle auch in Bestandsgebäuden „die Bude warm macht“, wie Miara es salopp nannte, beantwortete er mit einer anderen Zahl: Von den 2023 verbauten Wärmepumpen seien 85 Prozent in Altbauten installiert worden. Heißt: kein Problem. Auch für Mehrfamilienhäuser zeigte er Praxisbeispiele. Hier brauche es aber noch mehr Standardisierungen. Die Herausforderung sei insgesamt nicht die Technologie, sondern der Zeitdruck.

Die Plätze im Großen Sitzungssaal im Stuttgarter Rathaus waren bereits eine Viertelstunde vor Beginn restlos belegt. /Judith A. Sägesser

An bitterkalten Tagen komme die Wärmepumpe, zumal in schlecht gedämmten Häusern, an Grenzen. Aber man müsste sich klarmachen, wann die meiste Heizenergie zur Verfügung gestellt werde: 75 bis 90 Prozent decke die Wärmepumpe ab.

Was spricht für die Wärmepumpe?

Marek Miara forscht seit Jahren zur Wärmepumpe. „Seit 23 Jahren, um genau zu sein.“ Was er sagen kann: „Es ist eine ausgereifte Technologie.“ Für ihn sei das eine Herausforderung, denn Wissenschaftler möchten am liebsten über neue Erkenntnisse informieren. Dass Wärmepumpen durch ihre Effizienz punkten, sei keine Neuigkeit. Eine Kilowattstunde Strom verwandele eine Luft-Wärmepumpe in drei, vier oder sogar mehr Kilowattstunden Wärme.

In Hinblick auf die Zukunft gibt Miara außerdem zu bedenken: „Beim Gaspreis können wir gar nichts machen.“ Außer weniger zu heizen. Anderes gelte allerdings für den Strompreis. „Den kann man beeinflussen.“ Indem man etwa den Verbrauch stärker ans Angebot anpasse, flexible Stromtarife nutze oder vielleicht eine Photovoltaikanlage installiere.

Warum hat es die Wärmepumpe so schwer?

„Man spürt: Die Leute sind verunsichert“, sagte Marek Miara kurz vor der Veranstaltung. Vor ein paar Tagen hatte er denselben Vortrag in Freiberg am Neckar gehalten; auch dort waren 650 Menschen gekommen. Es fehle an Stabilität. 2023 erst der sprunghafte Anstieg auf 356 000 installierte Wärmepumpen, 2024 dann große Zurückhaltung mit 193 000 Stück. Miara sprach in diesem Zusammenhang von einer „massiven Desinformationskampagne. Das war die Politisierung und Instrumentalisierung einer Technologie“, sagte der Experte. Seit November 2024 steigt die Nachfrage übrigens wieder deutlich.

Wie heizt Stuttgart?

Laut der kommunalen Wärmeplanung heizten die Stuttgarter 2019 zum größten Teil mit Gas (61 Prozent), gefolgt von Wärmenetzen (24 Prozent) und Heizöl (10 Prozent). Der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung lag derweil bei etwa 3 Prozent. Dieses Bild spiegelte sich in Teilen auch am Dienstag bei einer Publikumsbefragung wider. Knapp 80 Prozent der Teilnehmer im Rathaus gaben via Slido-Umfrage an, eine Gasheizung zu betreiben.

Marek Miara forscht seit 23 Jahren zur Wärmepumpe. Foto: privat

Laut der Wärmeplanung der Stadt soll spätestens 2035 die halbe Stadt an Wärmenetzen angeschlossen sein, für die andere Hälfte dürfte vor allem die Wärmepumpe zur Lösung werden. Wärmenetze sind besonders im dicht bebauten Innenstadtbereich vorgesehen. Zusätzlich zum Abschied von klimaschädlichen, fossilen Energien sei eine Energieeinsparung von rund 35 Prozent nötig, erklärte Jürgen Görres, der Leiter der Energieabteilung im Amt für Umweltschutz. Die ergebe sich durch den Technologiewechsel oder aber durch eine bessere Dämmung.