Sie sind beide in der Bundesliga am Ball, aber bei verschiedenen Clubs: Marco (li.) und Patrick Rentschler. Foto: Baumann

In der am 23. August beginnenden Saison stehen sich Marco Rentschler von Frisch Auf Göppingen und Patrick Rentschler von Aufsteiger SG BBM Bietigheim erstmals in der Bundesliga gegenüber. Einen Vorgeschmack gab es beim Esslinger Marktplatzturnier.

Leinfelden-Echterdingen - Hier ein Abklatschen, da eine freundschaftliche Umarmung. Es gehört zu den Ritualen im Handball, dass sich die Spieler beider Mannschaften nach Spielende gegenseitigen Respekt zollen. Nach der Partie zwischen Frisch Auf Göppingen und der SG BBM Bietigheim im Rahmen des Esslinger Marktplatzturnier herzten sich die Nummer 27 in Grün und die Nummer 4 in Rot besonders innig: Die Brüder Marco (23) und Patrick Rentschler (27). Beim direkten Aufeinandertreffen gewann Favorit Göppingen nach hartem Kampf mit 31:25 (13:14), dafür erzielte Patrick für Aufsteiger SG BBM drei Tore, Marco traf für Frisch Auf nur einmal. Auf der Tribüne der Gäuäcker-Sporthalle in Echterdingen saß Vater Andreas mit einem breiten Grinsen, aber ausnahmsweise ohne Ehefrau Annette, die im Urlaub war.

Patrick Rentschlers bewundernswerte Entwicklung

Klar sind die Eltern stolz auf ihre Jungs. Und das zurecht. Marco hat sich trotz vieler verletzungsbedingter Rückschläge längst in der Bundesliga etabliert. Patrick hat sich mit unbändigem Willen zum Führungsspieler und Kapitän eines Erstliga-Aufsteigers hochgekämpft. Beides ist aller Ehren wert. „Doch Patricks Entwicklung und Karriereverlauf ist noch ein Stück bewundernswerter“, findet Papa Andreas.

Seine Söhne unterscheiden sich auf dem Spielfeld in so ziemlich allem, was man sich nur vorstellen kann. Marco ist Linkshänder, spielt in Angriff und Abwehr auf Rechtsaußen. Er beherrscht viele Wurfvarianten, er ist filigran, quirlig, gedankenschnell, misst 1,84 m und ist 84 Kilogramm schwer. Rechtshänder Patrick ist mit seinen auf eine Länge von 1,95 m verteilten 100 Kilogramm ein Kraftwerk, das auf Volldampf tourt. Er schafft Räume und stellt Sperren im Angriff, und im Abwehr-Innenblock wirft er sich mit großer Wucht auf die Gegner. Der neue Bietigheimer Trainer Ralf Bader hat schon nach zweieinhalb Wochen gemeinsamer Arbeit festgestellt: „Patrick ist mit unsere wichtigste Säule. Wenns drauf ankommt, ist er einfach da.“

Marco Rentschler kommt nach Rückschlägen zurück

Einmal Bietigheim – immer Bietigheim hieß es für Patrick bisher. Bruder Marco verließ seinen Heimatverein dagegen 2015 in Richtung Göppingen. 2016 und 2017 feierte er mit Frisch Auf auf der internationalen Bühne zwei EHF-Pokal-Triumphe – und erwies sich als eine Art Stehaufmännchen: Auch ein Meniskusriss, ein Kreuzbandriss (jeweils am rechten Knie) sowie ein Muskelfaserriss innerhalb von relativ kurzer Zeit konnten ihn nicht stoppen. „Marco hat sich durchgebissen bei Frisch Auf“, sagt Hartmut Mayerhoffer anerkennend. Der neue Göppinger und ehemalige Bietigheimer Trainer kennt den Linkshänder bereits aus zwei gemeinsamen Jahren bei der SG BBM. Und natürlich auch den älteren Bruder. „Beide sind wirklich angenehme Zeitgenossen, die immer mal einen lockeren Spruch auf den Lippen haben“, beschreibt sie Mayerhoffer.

Familienthema Handball

Worin sie sich abseits des Handballfeldes unterscheiden? Zum Beispiel in ihren Fußball-Lieblingsclubs: Marco fiebert mit dem FC Bayern, Patrick steht zum VfB. Marco ist mit der Bundesliga-Torhüterin Ann-Cathrin Giegerich (26/jetzt Thüringer HC) liiert. Patricks Freundin Tatjana setzt nicht selbst zum Sprungwurf an, ist aber handballbegeistert. Außerdem hat Patrick einen Bachelor-Abschluss in Immobilienwirtschaft, Marcos BWL-Fernstudium ruht derzeit. „Da müssen wir bei Gelegenheit mal drüber reden“, sagt Vater Andreas, früher beim TSV Bietigheim in der Oberliga im linken Rückraum am Ball und bis zur A-Jugend Marcos Trainer. Ob er sich aktuell bei sportlichen Dingen einmischt? Patrick schüttelt den Kopf: „Nur bei den allergröbsten Fehlern kann es sein, dass er mal mit uns spricht.“

Am 23. September geht’s um Punkte

Vielleicht nach dem ersten Aufeinandertreffen der beiden ungleichen Brüder um Punkte in der Bundesliga: Am 23. September steigt das Derby in Bietigheim, am 26. Dezember geht das Rückspiel in Göppingen über die Bühne. Davon will Andreas Rentschler nichts wissen. Er hat vielmehr ein ganz anderes Problem: „Keine Ahnung, für wen meine Frau und ich in diesen Spielen die Daumen drücken sollen.“