Marc Voltenauer erzählt in seinem Krimi von einer blutigen Vendetta. Foto: Lukas Jenkner

Religiöser Fanatismus in idyllischer Alpenkulisse als Thema erfindet das Krimigenre nicht neu. Dass es trotzdem immer wieder funktioniert, beweist Marc Voltenauer mit „Das Licht in dir ist Dunkelheit“.

Stuttgart - In dem beschaulichen Dorf Gryon in den Waadtländer Alpen wird eine Leiche entdeckt. Demonstrativ liegt sie übel zugerichtet im Mittelschiff der Dorfkirche. Von Anfang an scheint klar, dass der Mörder auf einer tödlichen Mission ist. Andreas Auer, Kriminalkommissar bei der Lausanner Polizei, vermutet, dass es nicht bei dieser einen Tat bleiben wird. Und er behält recht. Gemeinsam mit seinem Team fahndet er nach dem unbekannten Killer und blickt dabei in die Abgründe eines Alpendorfes, in dem die meisten zu viel voneinander wissen und darüber schweigen.

Der Schweizer Marc Voltenauer feiert mit „Das Licht in dir ist Dunkelheit“ sein deutschsprachiges Debüt. Bisher sind seine Romane auf Französisch erschienen, nun hat der Emons Verlag Voltenauers Erstling übersetzt und veröffentlicht. Der Leser kann sich auf einen schnörkellos geschriebenen Krimi freuen, der im besten Sinne auf die bewährten Stilmittel und Erzähltechniken der Krimi-Literatur vertraut.

Mörderische Religiosität in alpenländischer Idylle

Das beginnt bereits beim Setting: Übersteigerte Religiosität bis zum Fanatismus, eingebettet in die Idylle eines Alpendorfes und die Enge einer dörflichen Gesellschaft stellt als Thema nun keine Neuerfindung des Genres dar. Gleichwohl funktioniert „Das Licht in dir ist Dunkelheit“, weil Voltenauer seinen Krimi als klassischen Whodunit anlegt und den Chefermittler Andreas Auer mit seinem Team ordentliche, fleißige Polizeiarbeit leisten lässt – Spurensuche und Verhöre.

Wie Auer sich dem Mörder nach und nach nähert, ist spannend zu lesen. Und die Auflösung, so viel sei verraten, ist am Ende so komplex, dass sie durchaus eine vielschichtigere Erzählstruktur verdient gehabt hätte als kurze, gelegentliche Rückblenden. Freunde des „Alpenkrimis“ kommen ebenfalls auf ihre Kosten: Voltenauer bindet Land und Leute angenehm unaufdringlich ein, seine Schilderungen geraten nicht zur beflissenen Kulissenschieberei, die so manchen Regionalkrimi zur zähen Lektüre werden lassen.

Ein sympathisches Ermittlerteam ohne Neurosen

Abgerundet wird „Das Licht in dir ist Dunkelheit“ von einem sympathischen Ermittlerteam, in dem alle ihre Macken haben, ohne dass sie zu Neurosen werden. Andreas Auer lebt mit einem Mann einfach zusammen, ohne dass die Homosexualität besonders thematisiert werden müsste, was wirklich höchste Zeit ist – auch in der Krimi-Literatur. Die gute Nachricht für deutschsprachige Leser: Die nächsten Fälle von Kommissar Auer legen auf Französisch bereits vor.

Marc Voltenauer: Das Licht in dir ist Dunkelheit. Kriminalroman. Emons Verlag Köln 2021. 448 Seiten, 18 Euro.