In lockerer Video-Runde hat Jan Trost die Fragen der Redaktionsmannschaft beantwortet. Foto: Julia Spors

Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost spricht über die Sanierung der Fußgängerzone sowie die Zukunft des Hallenbads und bekennt beim Thema Impfpflicht Farbe.

Marbach - Ein harter Bürgermeisterwahlkampf, der Auftakt für die Sanierung der Fußgängerzone und dazu noch die Coronakrise als Dauerbegleiter: 2021 gab es eine Menge Themen, die den Marbacher Rathauschef Jan Trost auf Trab hielten. Doch auch 2022 warten anspruchsvolle Aufgaben. So sollen endlich Pflöcke beim Gesundheitscampus eingeschlagen werden und für die Verlagerung des Hallenbads erste Weichenstellungen vorgenommen werden.

Herr Trost, hinter Ihnen liegt ein sicher mitunter nervenaufreibendes Jahr. Sind Sie froh, dass es nun fast vorbei ist?

Angesichts der Pandemie und der damit verbundenen Belastungen und Ungewissheiten bin ich froh, über den Jahreswechsel ein paar Tage durchschnaufen zu können. Meiner Mannschaft im Rathaus geht es ähnlich. Im Sommer dachten die meisten, dass das Gröbste überstanden ist. Dass nun aber das Ende der Pandemie immer noch nicht absehbar ist, sorgt für große Ernüchterung.

Ist die Stimmungslage angespannter?

Wenn die Inzidenz hoch ist und die Einschränkungen zunehmen, wirkt sich das auf das Gemüt der Menschen aus. Das merken wir auch bei der Stadtverwaltung. Der eine oder andere Kunde reagiert dann dünnhäutiger. Ich bin dennoch optimistisch, dass wir die Coronakrise irgendwann in den Griff bekommen.

Halten Sie es dann mit dem Bundeskanzler Scholz, der gesagt hat: Wir sind keine gespaltene Gesellschaft?

Das kommt auf den Blickwinkel an und wie man „Spaltung“ definiert. Es gibt einen kleinen Teil unserer Gesellschaft, der mit den Coronamaßnahmen nicht zufrieden ist. Das ist für mich vergleichbar mit der Flüchtlingskrise ab 2015, als von bestimmten Kreisen große Vorbehalte gegenüber den Migranten geäußert wurden. Da wurden große Ängste geschürt. Das ist aber alles so nicht eingetreten. Aktuell gibt es aus meiner Sicht zunehmend Personen, die sich in der Pandemie radikalisieren. Ich sehe aber keinen Riss durch unsere Gesellschaft.

Können Sie als Bürgermeister die Debatte überhaupt beeinflussen?

Ich versuche beispielsweise, in Gesprächen mit bislang impfkritischen Mitarbeitern darauf hinzuwirken, dass sie sich doch noch impfen lassen. Denn das wäre sinnvoll für uns alle. Aber jeder kann das im Moment frei entscheiden. Und es gibt Kollegen, die eine Impfung ablehnen – gegen jeden wissenschaftlichen Rat.

Wie hoch ist die Impfquote im Rathaus?

Ganz genau kann ich es nicht sagen, aber ich denke, die Quote in der Verwaltung dürfte inzwischen bei knapp 90 Prozent liegen. Das ist sehr hoch. Dafür haben wir viel unternommen, beispielsweise gezielt Impfangebote unterbreitet.

Noch besser wäre die Quote wohl bei einer allgemeinen Impfpflicht. Machen Sie sich dafür stark?

Ich persönlich spreche mich für eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene aus. Das gilt auch für den Großteil der Kreistagsfraktion der Freien Wähler, der ich angehöre. Wir sind an einem Punkt, an dem man mit Argumenten nicht mehr weiterkommt. Die Intensivstationen laufen in jeder Welle wieder voll, das Personal wird immer weniger, weshalb planbare Operationen verschoben werden. Das ist eine große psychische Belastung für die Betroffenen, die ich nicht mehr für zumutbar halte. In Ludwigsburg liegen immer noch rund 90 Prozent Ungeimpfte auf den Intensivstationen. Wären also alle Erwachsenen geimpft, hätten wir das Problem Stand heute so nicht.

Gab es abgesehen von der Corona-Entwicklung einen Tiefpunkt 2021? Und was war umgekehrt sehr erfreulich?

Zu den Höhepunkten gehörte sicher, dass wir die Ansiedlung der Firma Jetter und die Erweiterung von EgeTrans auf den Weg bringen konnten. In Sachen Klimaschutz sind wir auch weitergekommen mit dem Beschluss, der Ludwigsburger Energieagentur beizutreten und einen Klimaschutzmanager einzustellen. Unbefriedigend war, dass beim Gesundheitscampus noch nicht definitiv entschieden wurde, dass die anvisierten Bausteine auch umgesetzt werden. Das hatten wir erwartet, nun sollen aber zunächst die Ergebnisse eines städtebaulichen Wettbewerbs abgewartet werden.

Wie sieht auf dem Krankenhausgelände der weitere Zeitplan aus?

Im September 2022 sollen die Entwürfe zur Pflegeschule, zu weiteren Räumlichkeiten für Ärzte und dem Konzept der Evangelischen Heimstiftung mit unter anderem Pflegeplätzen, Wohnungen für Senioren und Tagespflegeplätzen vorliegen und der Sieger des Wettbewerbs gekürt werden. Dann weiß man auch, was jeder der Bausteine kostet. Anschließend müssen die zuständigen Gremien entscheiden, was wann umgesetzt wird. Wenn wir vom Optimum ausgehen, könnten meiner Meinung nach 2024 die Bagger anrücken.

Wo drückt der Schuh am meisten?

Klinikenleitung und Landrat sehen den dringendsten Bedarf bei der Pflegeschule. Es gibt immer weniger Pflegekräfte, und mit der bestehenden Pflegeschule in Ludwigsburg lässt sich kein Blumentopf mehr gewinnen, denn sie ist nicht mehr zeitgemäß. Im Wettstreit um die Fachkräfte der Zukunft in dieser Branche brauchen wir auf jeden Fall eine moderne Ausbildungsstätte.

Der Spatenstich wird also voraussichtlich ungefähr in die mittlere Phase Ihrer zweiten Amtszeit fallen, nachdem Sie sich Anfang 2021 bei der Bürgermeisterwahl erneut durchsetzen konnten. Sind die Wunden aus diesem teils harten Wahlkampf verheilt?

Es sind etliche Gespräche geführt worden. Es war wichtig, dass wir im Gemeinderat wieder Geschlossenheit finden und gefunden haben. Die Bürger erwarten, dass wir im Sinne der Stadt konstruktiv zusammenarbeiten, was nicht heißt, dass wir immer einer Meinung sein müssen. Es gilt auf jeden Fall, angesichts der zahlreichen Aufgaben den Blick nach vorne zu richten.

Haben Sie selbst in Ihrem Führungsstil oder bei der Kommunikation etwas verändert? Kritiker hatten in diesen Punkten ja Mängel gesehen.

Die Kommunikation habe ich nochmals intensiviert. Zwischen dem Rielingshäuser Ortsvorsteher Jens Knittel und mir gibt es beispielsweise einmal pro Monat ein Abstimmungsgespräch über die anstehenden Themen. Außerdem berufen wir nun einmal im Vierteljahr eine Ältestenratssitzung ein, in der mit Fraktionsvertretern ein Austausch zu den wichtigsten Aufgaben, Wünschen und Erwartungen stattfindet.

Was sind, abgesehen von der Weiterentwicklung des Gesundheitscampus, 2022 die größten Aufgaben?

Für die Gartenschau wird ein Rahmenplan aufgestellt. Im Februar soll es dazu eine Auftaktveranstaltung, wohl pandemiebedingt in digitaler Form, geben. Zudem müssen wir in den nächsten Monaten klären, wo in Rielingshausen ein neuer Kindergarten gebaut wird. Die Erweiterung der Grundschule im Stadtteil steht ebenfalls auf der Agenda.

Wann wird im Stadtbild sichtbar werden, dass 2033 eine Gartenschau ansteht?

Aufbauend auf dem Rahmenplan wird es einen städtebaulichen Wettbewerb geben. Daraus lässt sich ablesen, wo, vereinfacht ausgedrückt, eine Wiese und wo ein Baum entsteht. Zeitgleich muss geklärt werden, ob die Grundstücke im Lauerbäumle, in das der Hermann-Mayer-Sportplatz und das Hallenbad wegen der Gartenschau verlagert werden müssen, zur Verfügung stehen. Eine Schlüsselfläche für die Planungen zur Gartenschau nimmt das Areal ein, auf dem jetzt noch das Hermann-Zanker-Bad platziert ist. Für den nächsten Haushalt wollen wir 50 000  Euro einstellen, um in die Planungen für einen Neubau einsteigen zu können.

Das Bad wird also als Erstes verlagert?

Danach sieht es momentan aus, der Hermann-Mayer-Sportplatz wird wohl etwa ab dem Jahr 2029 folgen. Ziel ist aber, das Hermann-Zanker-Bad so lange zu betreiben, bis der Neubau genutzt werden kann. Allerdings reden wir hier von einem Gebäude aus dem Jahr 1967. Wenn größere Reparaturen fällig sein sollten und man dafür höhere Beträge investieren müsste, könnte es sein, dass der Gemeinderat das Bad früher schließt und kein nahtloser Übergang möglich ist.

Veränderungen stehen auch in der Stadtmitte an. Eine Untersuchung soll klären, wie es mit dem Volksbankareal weitergeht.

Das ist richtig. Es ist jedoch so, dass die Volksbank zuletzt stark mit der Fusion mit der VR-Bank Stromberg-Neckar zur VR-Bank Ludwigsburg beschäftigt war. Jetzt soll die mögliche Neugestaltung des Standorts in Marbach wieder mehr in den Fokus rücken. Es könnte sein, dass das bestehende Gebäude abgerissen und durch ein modernes Wohn- und Geschäftshaus ersetzt wird. Die Bank muss aber erst klären, ob das wirtschaftlich Sinn ergibt. Vermutlich werden wir in den ersten drei Monaten 2022 mit dem Thema in den Gemeinderat gehen, wenn die Volksbank grünes Licht dafür gibt.

Schon angelaufen ist die Sanierung der Fußgängerzone. Geht es planmäßig voran?

Aus baulicher Sicht funktioniert alles nach Plan. Nicht vorgesehen war natürlich, dass unserer Citymanagerin Heike Büttner krankheitsbedingt ausfällt, was nun schon längere Zeit der Fall ist. Das trifft uns aktuell sehr hart. Die Frequenz in der Innenstadt ist coronabedingt ohnehin zurückgegangen, dazu kommt die Baustelle wegen der Sanierung. Es ist auch ungewiss, wann Frau Büttner wieder arbeiten kann. Zur Überbrückung hat Herr Ari Mostafa seine Arbeitszeit aufgestockt, um das Notwendigste abfedern zu können. Er ist vorübergehend Ansprechpartner für die Einzelhändler, betreut die Gutscheinaktion und koordiniert die Befragung der Marktbeschicker und der Geschäftsleute zum Standort für den Wochenmarkt im neuen Jahr.

Wie man hört, wollen die Beschicker nicht weg vom Parkplatz vor dem FSG.

Ja, das Stimmungsbild geht eindeutig in diese Richtung. Der Standort ist für die Beschicker gut anfahrbar, zudem sind für die Kunden genügend Parkplätze in unmittelbarer Nähe vorhanden. Das Gelände ist großzügig und doch kompakt. Es kommen sogar mehr Besucher. Die Zufriedenheit ist also groß. Anders sieht es bei den Einzelhändlern aus, die sich einen zentrumsnahen Wochenmarkt wünschen, damit Kunden dann doch noch eher einen Abstecher in die Marktstraße unternehmen und dort einkaufen. Die Entscheidung, wie es weitergehen soll, dürfte also spannend werden.

Haben Sie persönlich eine Präferenz?

Ich bin selbst noch unentschlossen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass es für beide nicht richtig funktioniert. Also, dass die Einzelhändler Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und zusätzlich die Wochenmarktbeschicker unzufrieden sind und abwandern.

Ist es ausgeschlossen, dass der Markt auch nach der Sanierung der Fußgängerzone vor der Stadionhalle bleibt?

Für mich ist klar: Wenn die Sanierung abgeschlossen ist, kehrt der Markt in die Fußgängerzone zurück. Wir diskutieren nur über die Übergangsphase für die nächsten eindreiviertel Jahre.