Nicht weniger als vier Chöre hat die Marbacher Kantorei. Gegen den allgemeinen Trend hat sich die Zahl der Sängerinnen und Sängern etwa doppelt. Wir sprachen mit Bezirkskantor Andreas Willberg.
Die Marbacher Kantorei ist im Erfolgsmodus. Die große Chorfamilie – bestehend aus vier Chören – ist stark nachgefragt. Sie hat sich in den letzten vier Jahren nahezu verdoppelt.
Herr Willberg, als Bezirkskantor sind Sie auch für die Chöre in Marbach zuständig. Die evangelische Gemeinde hat gleich vier verschiedene Gemeinschaften, denen sich Sangesfreudige je nach Neigung und Zeitbedarf zuordnen können.
Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir zunächst einmal zwei Kinderchöre haben, nämlich die Chorspatzen für Kinder ab vier Jahren und dann ab der zweiten Klasse die Kinderkantorei. Monika Bund und ich leiten die Kinderchöre seit bald vier Jahren im Team.
Und dann gibt es ja noch zwei Chöre für die erwachsenen Sängerinnen und Sänger…
Hier haben wir die Marbacher Kantorei, unser wöchentlicher Gemeinde-Chor für alle, der flexible Möglichkeiten bietet. Der Chor tritt bei Gottesdiensten auf oder bei kleineren Konzerten. Das Liedgut ist breit gefächert: wir beschäftigen uns mit Chorsätzen aus Barock und Romantik genauso wie mit aktueller Musik aus dem Sacro-Pop-Bereich.
Und wie sieht es hingegen beim Chor-Ensemble aus?
Dort sind die Projekte – bis zu vier im Jahr – umfangreicher und auch der Anspruch an die Sängerinnen und Sänger ist etwas größer. Noten lesen können wird hier vorausgesetzt und eine gewisse Erfahrung im Chorsingen. Dennoch ist dies kein Elitechor
Probt das Chor-Ensemble auch wöchentlich?
Nein, wir treffen uns alle vierzehn Tage. Für unser nächstes Projekt – das Oratorium „König David“ von Arthur Honegger – starten wir die Proben bereits im April. Die Aufführung ist am 12. Oktober.
Was die Erwachsenenchöre betrifft, sprechen Sie also durchaus auch unterschiedliche Zielgruppen an?
In der Tat. Ich liebe die Vielfalt und will vielen Menschen die Chance geben, sich in einer Sing-Gemeinschaft wiederzufinden, die zu jedem Einzelnen gut passt. Ich bin froh, dass wir in Marbach mit den vorhandenen Ressourcen entsprechende Angebote machen können. Die Frage ist doch: Was wünschen sich die Leute, wie erreiche ich sie? Und die Sängerinnen und Sänger können projektweise teilnehmen und somit frei entscheiden, wann und in welchem Umfang sie teilnehmen. Die Marbacher Kantorei ist für jedermann offen, auch für Sängerinnen und Sänger ohne Vorkenntnisse. Wer weniger Zeit hat, aber projektbezogen ambitioniert singen möchte, aktuell zum Beispiel ein reines A-cappella-Programm, findet sich womöglich beim Chor-Ensemble gut aufgehoben. Für größere Werke, bei denen dann auch Instrumentalisten oder ein ganzes Orchester mit im Boot sind, erweitert sich das Chor-Ensemble zum Konzertchor. Unsere verschiedenen Chöre decken eine erhebliche Bandbreite ab: für Menschen ab vier Jahren bis ins hohe Alter. Zudem sind sie für die Mitwirkenden völlig kostenfrei, da sie aus Kirchensteuermitteln finanziert werden. Die Institution Kirche macht dies möglich.
Das hört sich so an, als hätten Sie in den letzten Jahren einigen Zuwachs erfahren.
Ich bin sehr froh und dankbar, dass sich die Zahl der aktiven Mitwirkenden in unseren Chorgruppen – gegen den allgemeinen Trend – in den letzten vier Jahren etwa verdoppelt hat. Wir haben aktuell 55 Kinder, die bei uns singen, und 65 Erwachsene. Mit einer Vielfalt, die mich begeistert: evangelische, katholische, konfessionslose, muslimische, völlige Neubeginner, Profimusiker und alles dazwischen . . .
Das klingt wiederum alles recht unkompliziert und niederschwellig.
Ist es auch: keine Eintrittsformalitäten, keine aufdringlichen Fragen. Wer kommt, singt einfach mit. Und das Besondere ist: der Spirit ergibt sich aus den Leuten, die mitmachen. Jede Gruppe prägt sich selbst und natürlich entsprechend auch das Repertoire. Und mir persönlich ist zudem wichtig, dass wir immer wieder gemeinsam Neues entdecken und uns überraschen lassen. Die Begeisterung entsteht ja oft aus einem Wechselspiel von Neuem und Bekanntem. Wie schon gesagt: Die Vielfalt macht’s!