Beim Thema Fairtrade hat die Stadt große Anstrengungen unternommen. Und Refillstationen, mit denen Müll vermieden wird, gibt es auch schon. Foto: dpa

Die Stadt Marbach erhält die Fairtrade-Auszeichnung. Der Nachhaltigkeits-Kampf läuft aber auch unabhängig von solchen Siegeln.

Marbach - Es dürfte eine der klügsten Entscheidungen des Gemeinderats der vergangenen Jahre gewesen sein, eine Stelle für bürgerschaftliches Engagement zu schaffen und diese dann auch noch mit Andrea von Smercek zu besetzen. Die Marbacherin hat innerhalb kurzer Zeit eine Fülle an Projekten angeleiert, koordiniert und begleitet. Entsprechend groß waren nun die Lobeshymnen im Verwaltungsausschuss, als von Smercek einen Überblick über die Felder gab, die sie und die Ehrenamtlichen beackern. Dieser Einsatz trägt am Samstag, 1. Juni, auch hoch offiziell Früchte. Da wird der Stadt um 10 Uhr auf dem Burgplatz im Rahmen der Nachhaltigkeitstage das Fairtrade-Siegel überreicht. Der Landes-Umweltminister Franz Untersteller wird bei der Gelegenheit eine kleine Ansprache halten.

Verliehen wird die Urkunde durch Birgit Mayer vom Verein TransFair. Voraussetzung dafür war, dass die Stadt eine Reihe von Kriterien erfüllte. Dazu gehörte unter anderem, eine Steuerungsgruppe ins Leben zu rufen, die die Aktion federführend betreut. Zudem mussten Vereine, Kirchen und Schulen einbezogen werden. Natürlich war auch ein Mindestangebot an gerecht gehandelten Waren in Marbach erforderlich, um sich mit dem Siegel schmücken zu dürfen. Es wurde sogar eine Schiller-Schokolade aus fairer Herstellung auf den Markt gebracht. Davon seien circa 1700 Tafeln verkauft, weitere 1000 von Kaufland bei der Fairen Woche verteilt und rund 200 bei verschiedenen Anlässen wie Trauungen ausgehändigt worden, sagte Andrea von Smercek. „Wir müssen jetzt aber eine neue Wahl der Schillerschokolade veranstalten“, fügte sie hinzu. Die bisherige Sorte Kakaosplitter werde vom Marbacher Kooperationspartner Naturata nicht mehr produziert. Im Rahmen des Nachhaltigkeitstages können die Bürger verschiedene Sorten testen und eine neue Schiller-Schokolade küren.

Andrea von Smercek machte jedoch deutlich, dass in der Kommune viele Initiativen in Sachen Nachhaltigkeit laufen, die nicht unbedingt direkt mit dem Siegel zusammenhängen. So gibt es einen Ratsbeschluss, wonach Vereine Zuschüsse erhalten, wenn sie fair gehandelte Bälle bestellen. Die Stadt selbst beschafft, wenn möglich, ebenfalls Spielgeräte mit Siegel für die Sporthallen. Aus einer privaten Initiative entstand der Mitmachgarten, der beim Collegienhaus des Deutschen Literaturarchivs nach ökologischen Grundsätzen Gemüse anbaut.

Die Umwelt möchte auch die Nachhaltigkeitsgruppe schonen, die sich im September 2018 gebildet hat. Ein Anliegen der Aktivisten ist, weniger Verpackungsmüll zu produzieren. In dem Zusammenhang seien schon zehn Refillstationen entstanden, an denen man Flaschen kostenfrei auffüllen lassen kann, sagte Andrea von Smercek. „Das Ziel der Nachhaltigkeitsgruppe ist, dass wir in diesem Jahr noch Refillstadt werden“, erläuterte sie. Dazu bräuchte es 20 Geschäftsleute, die sich im Internet eintragen und sich an der Aktion beteiligen. Aktuell sind Apotheken, Optiker oder das Reformhaus mit von der Partie.

Das Thema Foodsharing ist ebenfalls im Kommen in der Schillerstadt. Im Hörnle wird regelmäßig Essen verteilt. Zudem werden im Stadtteil über eine Whatsapp-Gruppe Lebensmittel getauscht. In eine ähnliche Richtung geht ein weiteres Projekt: Dabei sollen Bäume mit Banderolen versehen werden, von denen jedermann Obst pflücken kann. 274 Bäume auf städtischen Grundstücken seien bislang von einer Ehrenamtlichen erfasst und registriert worden, erklärte Andrea von Smercek. Privatleute können auch mitmachen. Sie müssen sich nur im Stadtinfoladen eine Banderole besorgen, via Formular mitteilen, wo sich ihr Grundstück befindet, und das Bändchen um ihre Gewächse wickeln. Ab 1. Juni sind die Banderolen im Stadtinfoladen erhältlich.

Schon längst aufgestellt sind Handy-sammelboxen in den Rathäusern in Marbach und Rielingshäusern. Sinn der Sache ist, die Rohstoffe der Geräte wiederzuverwerten. „Da sind seit September 2017 über 400 Handys zusammengekommen“, sagte Andrea von Smercek, die auch bei anderen Feldern im Bereich bürgerschaftliches Engagement als Ansprechpartnerin fungiert. Unter anderem bei der Freiwilligenbörse, über die Helfer gesucht werden können. Das Konzept scheint aufzugehen. Für die Grundschule wurde beispielsweise nach Lesepaten Ausschau gehalten. Acht Ehrenamtliche wurden benötigt, 16 hätten Interesse signalisiert, berichtete Andrea von Smercek. Ein Flüchtling habe sich aktuell auch über diese Plattform gemeldet, weil er sich einbringen möchte. „Das freut uns immer, wenn wir so etwas hören und alle Schichten erreichen“, sagte sie.

Dass in der Schillerstadt auch die Senioren nicht aus dem Blick verloren werden, beweist die Zukunftswerkstatt „Älterwerden in Marbach“. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Initiative, die Andrea von Smercek begleitet. Unter anderem auf der städtischen Homepage sind nun Aktivitäten für Senioren in Marbach aufgelistet. Außerdem wurde das Projekt „Demenzfreundliche Stadt“ an den Start gebracht. In dem Rahmen sollen Erste-Hilfe-Kurse für Demenz angeboten werden. Dabei wird angestrebt, Berührungsängste abzubauen, und die Frage beantwortet, wie man mit altersverwirrten Menschen umgehen kann. „Da sind verschiedene Schulungsreihen geplant“, erklärte Andrea von Smercek.