Die seltene Tierart könnte vom Stromberg aus durch das Bottwartal zum Schwäbisch-Fränkischen-Wald gelangen. Foto: dpa

Die seltene Tierart könnte vom Stromberg aus durch das Bottwartal zum Schwäbisch-Fränkischen-Wald gelangen. Die Korridore sollten frei bleiben.

Marbach/Bottwartal - Wie der Wolf zählt auch die Wildkatze zu den vom Aussterben bedrohten Tieren, die ein Comeback in den heimischen Wäldern verdient haben. Diese Meinung vertritt auch Joachim Lösing, Vorsitzender der BUND-Bezirksgruppe Marbach/Bottwartal. „In den Strombergen hat die Wildkatze fast unbemerkt von der Öffentlichkeit überlebt“, sagt er – und erinnert daran, dass diese Tierart als „reißendes Monster“ lange Zeit verschrien und bejagt wurde. Dabei handele es sich um scheue Lebewesen, die alles daran legten, nicht gesehen zu werden.

Bundesweit hat es sich der BUND zur Aufgabe gemacht, den so genannten Wildkatzensprung zwischen Mittelgebirgen zu fördern. „Vor zwei Jahren ist ein Korridor zwischen Schwäbischer Alb und dem Schönbuch im Beisein des Umweltministers und von Landräten eingeweiht worden“, berichtet Joachim Lösing. Er hält zwei Grünbrücken für Wildkatzen im Bottwartal für wichtig, damit sich die Tiere vom Stromberg über den Kälblingwald bis in den Schwäbisch-Fränkischen Wald weiterbewegen können. Der Kreisverband des BUND werde zum Jahresbeginn das Ergebnis einer Studie vorlegen, die er für den lokalen Wildkatzensprung in Auftrag gegeben habe.

Einer der Wildkatzen-Korridore liegt in der Nähe des Lichtenbergs bei Oberstenfeld. Dort plant die Gemeinde ein 2,3 Hektar großes Neubaugebiet, in dem 90  bis 100 Wohneinheiten entstehen sollen. Darin sehen Nachbarn einen starken Eingriff in die Natur und fordern eine Reduzierung. Der BUND Marbach/Bottwartal gab dazu auch eine ablehnende Stellungnahme ab, in dem auch der Wildkatzenkorridor erwähnt wird. „Es ist ein Nadelöhr, das enger gemacht wird“, sagt Joachim Lösing. Vor allem Hauskatzen aus Wohngebieten seien ein Problem. „Sie stellen sich den wandernden Jungkatzen in den Weg.“ Lösing geht davon aus, dass die Wildkatzen vom Kälbling aus über eine eigens für Tiere geschaffene Grünbrücke über den Tunnel der L1100 südlich von Großbottwar ins Tal hinunter weiterwandern und entlang der Bottwar sowie durch sie hindurch weiterkommen wollen.

Die Wildkatzen seien bisher kein Thema gewesen, sagt der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann. „Das liegt vielleicht auch daran, dass hier bisher niemand eine gesehen hat.“ Sollte der BUND Vorschläge haben, sei er offen für direkte Gespräche. Das sei besser, als über die Presse miteinander zu kommmunizieren. Er trage nicht nur die Verantwortung für Wildkatzen, betont Kleemann, sondern auch für rund 8000 Einwohner, von denen viele junge Familien nicht wegziehen wollten und Wohnraum bräuchten. Die Gemeinde gestalte die Eingriffe in die Natur „so gering wie möglich“ und sorge für ökologische Ausgleichsflächen direkt vor Ort. So plane man auch eine Umrandung des Bauareals mit Grünpflanzen.

Ein Miteinander im Naturschutz ist aus Sicht von Reinhard Wolf, Vizepräsident im Landesverband des Schwäbischen Albvereins, erforderlich. „Die Durchsetzung des Generalwildwegeplans ist nicht die Aufgabe einer bestimmen Behörde, sondern die der gesamten Verwaltung“, sagt der langjährige leitende Naturschutzexperte im Regierungspräsidium Stuttgart. „Wenn es rechtlich hart auf hart kommt, siegt der Artenschutz“, weiß Wolf, der in Marbach lebt. Zuletzt habe der Wildkatzenkorridor zwischen Rottenburg und Kilchberg bei der Trassenplanung zur B28a von Tübingen nach Rottenburg offengehalten werden müssen. Die Frage, ob es eine Wildkatze über einen Korridor schaffe, wenn dieser etwa nur um zehn Prozent verkleinert würde, sei ebenso wenig zu beantworten wie die Frage, ob die für den Flächenverlust gepflanzten Gehölze auch von einer Wildkatze tatsächlich genutzt werden: „Ein Tier ist keine Maschine.“

Ob sich das Neubaugebiet Dürren IV auf den Wildtierkorridor am Lichtenberg auswirkt, müsse die Gemeinde im Umweltbericht zum Bebauungsplan prüfen, teilt das Landratsamt Ludwigsburg auf Anfrage mit. Der Korridor sei von nationaler Bedeutung, liege jedoch in einiger Entfernung zum geplanten Gebiet Dürren IV. Ohne den Austausch zwischen den Wildkatzen-Populationen im Gebiet Stromberg-Heuchelberg und dem Schwäbisch-Fränkischen Wald sei der Erhalt der Art gefährdet. Deshalb sei dem Landrat Rainer Haas auch persönlich wichtig, einen funktionierenden Wildkatzenkorridor im Landkreis zu haben, teilt die Pressesprecherin Annegret Kornmann im Zuge der Presseanfrage mit. Die Überlegungen des BUND, längere Gehölzreihen anzupflanzen, hält das Landratsamt für sinnvoll. Ebenso schätzt es den möglichen Erkenntnisgewinn durch die Wildkatzenweg-Studie des Umweltverbandes, sobald sie vorliege. Der Korridor nütze auch anderen Wildtierarten, da er Deckung und Nahrung böte und Wanderbewegungen fördere.

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