Die Kinder sind froh, dass sie etwas zu essen haben. Auch das ermöglicht die Aufbauarbeit. Foto: privat

Der Verein „Haiti–Wir –Helfen“ hat schon einiges im Erdbebengebiet bewerkstelligt.

Marbach/Bottwartal - S

eit mehreren Jahren engagieren sich Matthias Eigel und sein Vorstandskollege Uwe Sindlinger mit ihrem Verein „Haiti-Wir-helfen“ für den Bau einer Schule in der haitianischen Provinz Dano (wir berichteten). Die alte Schule, ein einfacher Raum mit Wellblechdach und ein paar zusammengewürfelten Bänken, war durch Erdbeben und Hurrikans so stark beschädigt worden, dass man „durch die Risse in den Wänden mit der Hand greifen konnte“, erinnert sich Matthias Eigel. Alleine durch die Bilder sei ihm klar gewesen: Man muss etwas machen. Und obwohl er nicht wusste, wer so einen Schulbau planen kann, wer das ausführen soll und was das kostet, krempelte der Werbefachmann die Ärmel hoch, gründete den Hilfsverein und machte sich ans Werk.

Seit dem Jahr 2015 wird die Schule Schritt für Schritt gebaut, denn „Wir geben immer nur das Geld aus, das wir haben“, so die grundsolide Einstellung des Vorsitzenden. Spendengelder in Höhe von bislang etwa 80 000 Euro sind unter anderem durch den Kinderlauf und das Spielemobil beim Bottwartalmarathon zusammengekommen, aber auch von Firmen und Privatpersonen.

Inzwischen ist aus Mangel an Baumaschinen und Strom ausschließlich in Handarbeit, unter der Regie eines haitianischen Bauingenieurs und mit lokalen Arbeitskräften, ein einfacher, aber solider Bau mit acht Räumen auf zwei mit einer Außentreppe verbundenen Etagen entstanden – ein Raum pro Jahrgangsstufe der 250 Kinder. Das Haus ist zwar noch im Rohbau, der Unterricht findet dort trotzdem schon seit einem Dreivierteljahr statt. Vor Ort kümmern sich Pater Dominique als Schulleiter und die Entwicklungshelferin Anneliese Gutmann um das Projekt, und jährlich reist mindestens ein Vereinsmitglied auf eigene Kosten nach Haiti.

Eigentlich wollte Matthias Eigel jetzt schon dort sein, um Spenden zu überbringen, sich persönlich ein Bild vom Baufortschritt zu machen und diverse formale Dinge zu klären, doch eine Erkrankung hat ihm in letzter Minute einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für ihn ist das aber nur ein Aufschub von wenigen Wochen: „Die Menschen in Dano warten auf mich“, erklärt er schlicht.

Bei seinem Aufenthalt möchte Eigel auch das nächste Projekt in Angriff nehmen: eine Mauer, die die Schule zur „Straße“ hin abgrenzt, die in Wirklichkeit eine Art Schotterweg ist. Die soll nicht nur errichtet werden, weil „man dort alles absichern muss“, wie Eigel erkannt hat, sondern vor allem, um ein Wir-Gefühl zu schaffen. „Ich möchte nicht, dass wir einfach das Geld geben, und die geben’s aus, sondern möchte die Menschen dort mit einbeziehen, zu eigenen Vorschlägen und Ideen motivieren und auch die Eigenverantwortung fördern.“ Deshalb hat er auch klargestellt: „Für das Baumaterial der Mauer gibt’s kein Geld, es liegen genügend Steine herum. Wir übernehmen nur den Mörtel.“ Und tatsächlich, freut er sich, seien die Menschen losgelaufen und hätten Steine eingesammelt. Der Bau der Mauer soll beginnen. Noch wichtiger, als selber mit den Haitianern zu arbeiten, ist es ihm aber, sie persönlich kennenzulernen. „Die Menschen dort sollen ein Gesicht von ihren Helfern haben und wissen, warum wir das tun, sonst wird Hilfe schnell selbstverständlich.“

Für die Zukunft des Projekts sieht Eigel vor allem zwei Herausforderungen: Die Sicherstellung des Schulbetriebs und die Schulspeisung. Für die Bezahlung der etwa zehn Lehrer kalkuliert er mit mindestens 17 000 Euro jährlich, die Schulspeisung besteht aus einer einfachen warmen Mahlzeit aus Reis und Bohnen und kostet pro Kind und Tag etwa 25 Cent – 1 Euro pro Woche, da freitags früher Schulschluss ist und die Kinder deshalb kein Mittagessen brauchen. „Es wäre sensationell, wenn wir da jemanden finden würden, der sagt: ‚Wir übernehmen die Schulspeisung für ein paar Jahre oder die Lehrergehälter‘, hofft Eigel mit Blick auf Unternehmen der Region. Doch auch kleine Spenden sind immer willkommen, zumal das Geld eins zu eins vor Ort ankommt. Ebenso willkommen sind neue Vereinsmitglieder und auch Ideengeber. Eine Idee für den weiteren Ausbau hat Eigel schon: „Wir würden gerne zwischen der benachbarten Kirche und der Schule einen Verbindungstrakt bauen – mit einem Regenwasserspeicher im Keller, einem Lehrerzimmer und einem Raum, in dem auch mal ein Praktikant wohnen kann.“ Doch das hat für die Helfer vorerst keine Priorität. „Wir machen erst einmal das zwingend Notwendige“, so Eigel.