Vorstandsvorsitzender Rainer Müller (links) und Geschäftsführer Jürgen Häußermann blicken trotz mancher Schwierigkeiten in der Landwirtschaft optimistisch in die Zukunft. Foto: Frank Wittmer

Die Labag feiert ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür.

Marbach - Die Gründung der Landwirtschaftlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft (Labag) war aus der Not heraus geboren: Der Weinbau lag am Boden, während des Ersten Weltkrieges wurden die verbliebenen Rebstöcke im Eichgraben, Hägnach, Altenberg und am Neckar größtenteils gerodet und durch Obstbäume ersetzt. Die landwirtschaftlichen Betriebe hatten sich durch Aussiedlung zwar teilweise vergrößert, der Verkauf war aber durch die fehlende Infrastruktur schwierig zu organisieren. „Um der Landwirtschaft den Verkauf ihrer Erzeugnisse und damit auch ihr Einkommen zu sichern, wurde 1919 für den Bezirk eine Aufkaufs- und Absatzgenossenschaft gegründet“, heißt es in der Marbacher Stadtgeschichte.

Als genaues Gründungsdatum gilt der 26. Juli 1919. Laut einem Bericht der Marbacher Zeitung vom April 1994 zum 75-jährigen Bestehen der Labag war es der Landtagsabgeordnete und Gutspächter Ernst Hornung aus Kleinbottwar, der unter der Patenschaft des einstigen landwirtschaftlichen Bezirksvereins Marbach zur Gründungsversammlung aufgerufen hatte. Vorbild sollte die genossenschaftliche Idee von Wilhelm Raiffeisen sein. Landwirte aus Marbach, Affalterbach, Kleinbottwar, Steinheim, Pleidelsheim und Murr taten sich zusammen.

Neben der Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte ging es von Anfang an auch um den gemeinsamen Einkauf von Betriebsmitteln wie Samen, Pflanzenschutzmittel und Geräten. Durch den gemeinschaftlichen Bezug und Absatz konnten die Bauern bessere Preise erzielen. Das ist auch heute, 100 Jahre später, immer noch der Kerngedanke der Labag. Geschäftsführer Jürgen Häußermann sieht die Genossenschaft als Dienstleister. „Zusammen erzielt man bessere Preise als jeder Bauer für sich alleine.“

Wie vor 100 Jahren geht es darum, dass die Lagermöglichkeiten in dem Maße nicht vorhanden sind, wie sie die Labag aufgebaut hat. Wenn man zusammen eine große Menge anbieten kann, erzielt man bessere Konditionen, was umgekehrt auch für den Einkauf von Betriebsmitteln wie Dünger gilt, der trotz des Baus der Umgehungsstraße weiterhin am Benninger Neckarufer per Schiff angelandet werden soll.

So baute die Labag Silos in Marbach und weitete Betriebsflächen wie das Einzugsgebiet von Ilsfeld bis Waiblingen und von Vaihingen/Enz bis an den Welzheimer Wald stetig aus. „Bei uns entscheiden noch die Landwirte, wir sind eine regionale Genossenschaft“, betont Vorstandsvorsitzender Rainer Müller. Mit Umsätzen von über 20 Millionen Euro sei es wichtig, dass man „breit aufgestellt“ ist, merkt Häußermann an. „Die Wirtschaftlichkeit im Ackerbau ist nach wie vor sehr schwierig“, so der Geschäftsführer. Durch Spätfrost, Hagel, Unwetter und im vergangenen Jahr die Trockenheit gebe es immer wieder Ernteausfälle. „Schlaue Köpfe“ hätten schon in den 1960er Jahren erkannt, dass die Labag auch im Energiemarkt aktiv werden müsse. Der Verkauf von Heizöl, Diesel und seit einigen Jahren auch die Tankstellen tragen zur Bilanz der Labag einiges bei.

Viel Wert legt man auf die Direktvermarktung. Die Märkte in Marbach und Großbottwar spüren zwar die Konkurrenz durch Internet und Discounter, sollen aber auch in Zukunft ein wichtiges Standbein der Labag bleiben. Die „grüne Kompetenz“ und der direkte Kontakt zu den Kunden sind den 60 Mitarbeitern der Labag wichtig.

Das Jubiläumsjahr
Gefeiert wird nicht im Juli. „Da sind wir mitten in der Getreideernte“, sagt Jürgen Häußermann, seit rund 30 Jahren Geschäftsführer der Labag. Weil man über 400 Gäste erwarte, soll der Festakt in der Getreideerfassungshalle stattfinden. „Das finden wir authentischer als in einer Stadthalle.“ Es wird sicher voll werden: Die Labag hat 500 Mitglieder, davon viele Landwirte im Nebenerwerb, dazu werden Lieferanten, Mitarbeiter und Vertreter der Verbände und Politik eingeladen. Der Rückblick auf die 100 Jahre soll in den Festreden gewürdigt werden, aber es wird auch gefeiert. Die Musikschule Marbach wird mit flottem Jazz dazu beitragen. „Wir sind eine junge Genossenschaft und wollen uns auch so präsentieren.“ In einem Film, den der ehemalige SWR-Redakteur Max Fastus gedreht hat, wird ein „Jahr in der Landwirtschaft“ anschaulich dargestellt, von der Aussaat, Pflege bis hin zur Ernte. „Da sind schöne Aufnahmen dabei, die er am Lichtenberg mit einer Drohne gedreht hat“, freut sich Häußermann auf den zwölfminütigen Filmbeitrag.

Am Sonntag, 30. Juni, gibt es in der Rielingshäuser Straße in Marbach einen Tag der offenen Tür. Die Besucher dürfen sich auf ein attraktives Rahmenprogramm freuen. „Das ganze Jahr über wird es zudem auch Aktionen in den Märkten in Großbottwar und Marbach und in den Tankstellen in Affalterbach und Marbach geben“, verspricht Häußermann.