Farbe ist nicht gleich Farbe: York Boeder (links) und Andreas Koch in einer Marabu-Lagerhalle in Tamm. Foto: factum/Granville

Noch vor ein paar Jahren ging es dem Farben-Konzern Marabu nicht gut. Nun stehen die Zeichen auf Expansion: 2016 will man die Umsatzgrenze von 100 Millionen Euro knacken. In Bietigheim entsteht eine Logistikhalle für drei Millionen Euro.

Tamm - Wer meint, er habe mit dem Konzern Marabu in Tamm nichts zu tun, muss sich nur einmal diesen Satz des Firmenchefs York Boeder anhören: „Jeder Mensch auf der Welt hat mindestens fünf Mal am Tag ein Produkt in der Hand, das mit Marabu-Farben bedruckt wurde.“ York Boeder will nicht explizieren, welche Marken das sind, da muss er auf Vertragsklauseln achten. Es ist aber so ziemlich alles von ziemlich bekannten Marken dabei: Duschgels, Sportschuhe, Mineralwasser, ja sogar Kreditkarten, der Tacho im Auto oder der schwarze Rand von Smartphone-Displays werde mit Marabu-Farben bedruckt.

Knapp 80 Prozent seines Umsatzes macht das Unternehmen mit Druckfarben für die Industrie. „Wir sind auf einem guten Pfad, die 100 Millionen Euro zu knacken“, sagt Boeder. So blendend sah es noch vor ein paar Jahren nicht aus für Marabu: „Vor fünf Jahren haben wir noch Mieter für Hallen von uns gesucht, heute müssen wir anbauen“, sagt Boeder. So wird in Bietigheim gerade eine neue Logistikhalle fertiggestellt. Das drei Millionen Euro teure Gebäude mit 2700 Quadratmetern Hallennutzfläche ist ausschließlich für den Bereich Kreativfarben gedacht, der Mal- und Bastelwaren für Privatpersonen bietet.

Basteln entwickelte sich zum Senioren-Hobby

Während das Geschäft mit den Druckfarben für die Industrie immer gut gelaufen sei, habe es seit dem Jahr 2001 eine „Abwärtsbewegung“ bei den Kreativfarben gegeben, sagt Boeder. Die Gründe dafür seien der demografisch bedingte Rückgang werkelnder Kinder und der Siegeszug der Computerspiele. Basteln entwickelte sich zum Senioren-Hobby.

Im Jahr 2010 beschloss Marabu einen radikalen Wandel und verpasste seinen Produkten einen jüngeren Stil, bot Bastelvideos auf Youtube und bunte Bilder auf Instagram. Und siehe da: „Die jungen Leute basteln auf einmal wieder“, sagt Boeder. Das sei aber nicht nur Ergebnis der neuen Marketing-Strategie, sondern auch der „Bedarf der Jungen nach Analogem“, so Boeder.

Bei den Industriefarben hingegen ist es genau andersherum: Der Markt befindet sich derzeit im vollen Umbruch auf den Digitaldruck. Diese Technologie ermöglicht es, Produkte auch schon in kleineren Auflagen kosteneffizient zu bedrucken. „Daraus ergeben sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten“, sagt Andreas Koch, der Leiter der Abteilung Digitaldruck. Ein Beispiel hierfür wären die personalisierten Cola-Dosen mit dem eigenen Namen, die man sich im Rahmen einer Werbe-Aktion zuschicken lassen konnte.

Ein Tintenstrahldrucker für 300 000 Euro

Das bevorzugte digitale Druckverfahren ist der Inkjet-Druck. Vereinfacht gesagt ist es wie beim Tintenstrahldrucker im Büro, nur viel größer. Marabu testet seine neuen Inkjet-Farben in Tamm beispielweise an einem Gerät, das 180 Quadratmeter pro Stunde bedrucken kann und 300 000 Euro kostet. Es gebe kaum etwas, was man nicht auch digital drucken könne, sagt Koch: So sei beispielsweise die Holz-Deko in Autos digital aufgedruckt. Ebenso gebe es Marmordesigns auf Fliesen oder Holzmaserung auf Laminat. Selbst Flugzeuge könnten bald mit Inkjet-Druck bunt gemacht werden. Vor zwanzig Jahren bewies Marabu Weitblick, als es rechtzeitig in den Digitaldruck investierte. Heute macht die Sparte knapp ein Sechstel des Umsatzes bei den Industriefarben aus – Tendenz steigend.

Insgesamt produziert Marabu 3000 Tonnen Farben im Jahr – die größte Menge bei den Industriefarben in Tamm. Aber auch zum Standort Bietigheim, wo die Kreativfarben sitzen, bekennt man sich durch die neue Logistikhalle. In Tamm wolle man ebenso in den kommenden Jahren für zwölf Millionen Euro modernisieren und erweitern. „Dann werden wir auch tendenziell Personal aufbauen“, sagt Boeder.