Manuele Dattila kocht mit seinem Olivenöl „Don Vito“ in seiner Osteria. Was er entbehren kann, verkauft er an seine Gäste. Foto: /Ines Rudel

Der Gastronom Manuele Dattila hatte Geldmacherei und Gepansche mit Olivenöl satt und stellt deshalb auf dem sizilianischen Olivenhain seines Großvaters sein eigenes Olivenöl her, „pur und ehrlich“.

Manuele Dattila hebt den Deckel des Olivenöl-Kanisters an und schnuppert hinein. „Das ist Wahnsinn“, sagt der Gastronom, der in Steinenbronn und Echterdingen zuhause ist. Das grün leuchtende Öl riecht intensiv fruchtig. Jeden Morgen, wenn Dattila in die Küche seiner Osteria da Maria kommt – das Lokal führt er mit seiner Frau Maria in Echterdingen –, beginnt er den Tag mit einem Espressolöffel seines Olivenöls. „Das ist pur, ein reines Naturprodukt“, sagt der Deutsch-Italiener und erklärt, was er damit meint.

 

Seine Olivenbäume, die an einem Hang an der Küste Siziliens wachsen, werden alle zwei Jahre zurechtgeschnitten, zweimal im Jahr wälzt ein Bauer mit dem Traktor den Boden um, und einmal im Jahr werden die Oliven geerntet. „Das war’s, mehr passiert da nicht – außer Sonne, Wasser und sehr viel Zeit und Geduld“, sagt Dattila.

Geldmacherei und Gepansche

Seine Olivenbäume der Sorte Carolea wachsen in der Nähe der Stadt Gela. Der sechs Hektar große Hain gehörte früher Dattilas Großvater, der das Land seinen drei Söhne vererbte. Vor etwa zehn Jahren, als die Männer überlegten, den Hain zu verkaufen, war das der Startschuss für Manuele Dattila. Er nennt zwei Gründe, die ihn dazu brachten, erst die Parzelle seines Vater und später auch die Flächen seiner Onkel zu übernehmen: „Ich wollte den Bezug zu Sizilien nicht verlieren, und ich wollte Olivenöl für die Küche in meiner Osteria herstellen“, sagt der 48-Jährige. Das Öl im Handel entsprach überwiegend nicht seinem Anspruch.

„Es wird immer schwieriger, ein ehrliches Produkt zu kaufen“, sagt Dattila. Mit Olivenöl werde viel Schindluder getrieben, es werde gepanscht und mit billigem Pflanzenöl gestreckt. „So viel Olivenöl, wie es auf dem Markt gibt, das gibt’s nicht an den Bäumen“, ist sich der Koch sicher und findet die Geldmacherei mit dem wertvollen Lebensmittel „unfassbar“. Da auch Raps- und andere Pflanzenöle teuer geworden seien, wolle er gar nicht wissen, „was die da reinmachen“.

Verbraucher haben wenig Möglichkeiten festzustellen, ob das im Supermarkt gekaufte Olivenöl ein pures Produkt ist. Pflanzenöl ist durchsichtig und riecht nach nichts, weshalb das Panschen schwer nachweisbar ist – eigentlich nur im Labor. Dattila hat aber Tipps, wie Verbraucher ihr Olivenöl auf seine Reinheit testen können. Kennzeichen für gute Qualität seien zum Beispiel ein feiner Satz am Flaschenboden („dann wurde es nicht oft gefiltert“) sowie ein intensiver, fruchtiger Geruch und dickflüssige Konsistenz. „Die einfachste Methode ist, das Öl ein paar Stunden in den Kühlschrank zu stellen. Wenn alles stockt, ist es pures Olivenöl. Stocken nur einzelne Flocken, ist alles andere Pflanzenöl“, sagt Dattila. Denn Olivenöl werde bei einer Temperatur unter 14 Grad fest, Pflanzenöle nicht.

„Don Vito“, so heißt das Olivenöl. Foto: Ines Rudel/Ines Rudel

Dattila will ehrlich arbeiten. Diese Grundhaltung zieht sich durch seine gesamte Küche, in der er viel Wert auf die hohe Qualität seiner Produkte legt. Einige Jahre, als er die Osteria da Maria noch in der Waldenbucher Innenstadt betrieb, baute er in einem 1500 Quadratmeter großen Garten selbst sein Gemüse an, hielt Hühner, Gänse und Lämmer. Das schafft er inzwischen nicht mehr, aber die meisten Waren kauft er bei Erzeugern, die er kennt: Kartoffeln, Möhren und Kohl bezieht er vom Bauer nebenan, Eier liefert der lokale Eiermann, Mehl kauft er bei der Stadtmühle Waldenbuch und Milch vom Biobauern bei Steinenbronn. Frischkäse und Joghurt macht Dattila selbst, Pasta sowieso. Balsamico und Wein verkostet er im Urlaub auf kleinen italienischen Familienbetrieben. Er macht sich viel Arbeit – weil er nicht anders kann. „Ich bin Koch, kein Büchsenöffner“, sagt er. „Ich will pure Produkte. Das ist mir ganz arg wichtig.“

Der Olivenhain des Großvaters lebt weiter

Von den 600 Olivenbäumen, die Dattila auf Sizilien bewirtschaftet, ist etwa die Hälfte knapp hundert Jahre alt, die anderen hat er nach und nach neu gepflanzt. Wie viel Öl er daraus gewinnt, schwankt von Jahr zu Jahr; mal sind es 1000 Liter, mal 700. In den ersten Jahren seiner Ölherstellung, als er nur für den Eigenverbrauch produzierte, waren es noch 120 Liter.

Irgendwann fingen Gäste an, ihn zu fragen, ob er ihnen nicht etwas abfüllen könnte. Als immer mehr Leute danach fragten, stellte er vier, fünf Flaschen zum Verkauf in seine Osteria. „Es hat nur ein paar Tage gedauert, dann war der Zoll da und meinte, das sei verboten“, erzählt Dattila. Seither geht er den offiziellen Weg, lässt Labordaten erfassen, erstellt Etiketten und verschließt die Flaschen mit festen Deckeln. „Jetzt mache ich es eben typisch deutsch“, meint er mit einem Augenzwinkern. So oder so, das Produkt bleibe dasselbe.

Einen schönen Nebeneffekt brachte die Etikettierung aber mit sich: Die Möglichkeit, seinem Olivenöl einen Namen zu geben. „Don Vito“ steht nun auf jeder Falsche. Vito, so heißen sein Vater und auch sein Sohn.

Olivenöl wird „das grüne Gold genannt“. /Ines Rudel

Damit das Olivenöl die Qualität erhält, die Dattila als perfekt bezeichnet, muss bei der Herstellung alles stimmen: Die Oliven müssen bei der Ernte Ende Oktober, Anfang November die perfekte Reife haben. „Viele ernten die Oliven zu unreif, dann wird das Öl zu scharf. Andere ernten zu dunkel, dann wird es streng“, sagt Dattila. Spätestens zwölf bis 24 Stunden nach der Ernte müssen die Oliven gepresst werden, sonst oxidieren sie. Die Mühle wird zuvor grundgereinigt, damit die Spuren von Olivenbauern, die ihre Bäume spritzen, nicht in Dattilas Bio-Öl geraten. Ans Labor gehen Proben raus, dann wird das Öl in Kanister gefüllt und mit einer deutschen Spedition zu Dattilas Osteria da Maria transportiert, wo er die Etiketten samt Biozertifizierung anbringt. „Wichtig ist: Von der Ernte bis zur fertigen Flasche ist immer einer dabei, der garantiert, dass es so läuft, wie wir es wollen“, sagt Dattila, der von italienischen Speditionen gehört hat, wo im Lastwagen das Öl gestreckt werden soll.

In seiner Osteria verkauft Dattila sein „grünes Gold“, wie er es nennt, in Halbliterflaschen – solange der Vorrat reicht. Könnte er sich vorstellen, seinen Olivenhain zu erweitern? Dattila schüttelt den Kopf. Geht das Olivenöl zur Neige, hält er es für seine Küche zurück. Die Gäste müssen sich dann eben gedulden – bis zur nächsten Ernte.

Schwäbisch und italienisch zugleich

Vita
Manuele Dattila ist im rheinischen Solingen geboren und aufgewachsen. Sein Vater war in den 1960er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Nach der Kochlehre lockte Dattila die schwäbische Küche an. Weil Gaisburger Marsch für ihn der Inbegriff eines schwäbischen Gerichts war, zog er nach Gaisburg. Er lernte seine Frau kennen – und blieb.

Osteria
Elf Jahre lang, bis 2020, betrieben Manuele und Maria Dattila ihre Osteria da Maria in Waldenbuch an der Marktstraße 9. 2023 eröffneten sie ihr Lokal neu in Echterdingen an der Hauptstraße 73/2. Die Gerichte ihrer Speisekarte sind überwiegend italienisch, es gibt Antipasti, Pasta und Pizza – aber nicht nur. Dattila bereitet auch Zwiebelrostbraten zu – allerdings unter dem Namen Bistecca allo Svevo.