Ford in den USA hat als erste Firma Autos am Fließband produziert. Foto:  

Das Technoseum in Mannheim präsentiert die Geschichte des Automobilbaus mit überraschenden Einblicken.

Mannheim - Es war im Jahr 1886 als Carl Benz in Mannheim das allererste – damals noch dreirädrige Automobil – präsentierte. Schon wenige Jahre danach wurden in seiner Werkstatt die ersten Serienfahrzeuge der Welt produziert. Doch erst kurz nach seinem 70. Geburtstag Ende 1914 hat die „Großherzoglich Technische Hochschule Frederiziana zu Karlsruhe“ dem Pionier des Autobaus „in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die Entwicklung der Verbrennungskraftmaschine und seiner bahnbrechenden Erfindertätigkeit die Ehrenwürde eines Doktor-Ingenieurs verliehen“. Die imposante Urkunde samt der dazu gehörenden Aufbewahrungsrolle ist, ebenso wie der bejahrte Zirkelkasten und weitere persönliche Erbstücke des Konstrukteurs, von diesem Wochenende an in einer neuen Abteilung des Technoseums in Mannheim zu besichtigen, die sich der Geschichte des Automobilbaus widmet.

Ausstellung kostete rund eine Millioen Euro

„Die Ausstellung markiert einen wichtigen Meilenstein für unser Haus“, erklärte der Direktor des Technoseums, Hartwig Lüdtke, bei der Eröffnung. „Vor dem Hintergrund, dass Mannheim die Stadt der Autoerfindung ist, war es mehr als naheliegend, sie einzurichten.“ Gut eine Million Euro musste das Museum dafür aufwenden; nur die Hälfte davon haben die Träger – das Land und die Stadt Mannheim – selbst übernommen, die andere Hälfte haben Spender, Sponsoren und der Freundeskreis aufgebracht. „Die Ausstellung gehört in dieses Haus, denn die Geschichte des Automobils ist nicht nur ein wichtiger Teil der Technikgeschichte insgesamt, sondern auch der Mannheimer Lokalgeschichte“, sagte dessen Vorsitzender Peter Frankenberg. Von den ersten, handwerklich gefertigten Fahrzeugen geht es in der Schau über das Fließband von Ford und eine alte Fertigungsstraße von Porsche bis zum neuesten kollaborierenden Roboter Yu Mi von ABB. Es ist aus Platzgründen nur eine kleinere Version für Modellautos, doch können mit ihm die Besucher am Ende der Ausstellung selbst ausprobieren, wie es ist, wenn Mensch und Maschine zusammenarbeiten dürfen oder müssen, um ein Fahrzeug zu montieren.

Die Deutschen sahen die Autos anfangs kritisch

Im Gegensatz zu den großen Firmenmuseen von Mercedes-Benz und Porsche mit ihren repräsentativen Markensammlungen von Oldtimern, Nutzfahrzeugen und Neuwagen in Stuttgart stehen in Mannheim nicht so sehr die Autos im Rampenlicht, sondern die Geschichte des Automobilbaus mit seinen Höhen und Tiefen vom Kaiserreich über den Nationalsozialismus bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Mehrheit der Deutschen allerdings hat die „Herrenfahrer“ der Zeit kritisch beäugt und war wenig begeistert vom Straßendreck, den sie aufgewirbelt haben. Die Franzosen waren deutlich motorsportbegeisterter, vor allem an sie hat Benz daher seine ersten Autos verkauft. Und noch lange nachdem Ford in den USA mit dem ersten Fließband 1914 die Mobilisierung so richtig in Schwung gebracht hatte, hielten die Deutschen an ihrer auf Qualität bedachten handwerklichen Herstellung fest.

Den Unterschied kann man in Mannheim studieren: Der herrschaftlich dunkelgrüne Benz-Tourenwagen von 1924, ein Opel 4 aus dem Jahr von der Montagestraße 1929 und ein erster Fließband-Ford, die „Tin-Lizzy“, belegen den jeweiligen Stand der Technik anschaulich. Doch auch der Konstrukteur in Übersee hätte ganz gern einen echten Benz aus Deutschland gehabt. Dies belegt ein Brief, den Henry Ford höchstpersönlich im Dezember 1930 an „Frau Dr. Karl Benz“ in Ladenburg am Neckar geschickt hat. Ob Henry Ford ihn tatsächlich bekommen hat, ist noch offen. Das muss erst die Erforschung des Benz-Nachlasses klären, den das Museum vor Kurzem erhalten hat.

Vom Kabinenroller bis zum Nobelbenz

Eine Parade von 20 kleinen und großen Oldtimern und Kultautos illustriert die Geschichte des Automobilbaus, dazu kommen 23 Motorräder. Das Spektrum reicht vom Tourenwagen von C. Benz Söhne aus dem Jahr 1924, über den legendären Opel 4, das erste deutsche Fließbandauto bis zum Kabinenroller von Heinkel, dem Fiat Neckar von NSU und dem Ro 80 von Wankel.

Einblicke in das Leben der Unternehmerfamilie des Autoerfinders bietet dessen umfangreicher Nachlass, den die Witwe eines der Haupterben von Dr. Carl Benz, Gertrud Elbe, im vergangenen Jahr dem Technoseum geschenkt hat. Er umfasst mehrere tausend kleine und große Objekte.

Öffnungszeiten
Die neue Abteilung ist Teil der Dauerausstellung des Technoseums. Sie ist täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr.