Der Verurteilte war mit vielen gefälschten Papieren ausgestattet. Foto: BKA

Ein 21-Jähriger wird in kriminelle Machenschaften seiner Familie verwickelt. Mit gefälschten Papieren kauft er ein und prellt über Monate Unternehmen. Er kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.

Kornwestheim - Aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß: Ein 21-Jähriger ist am Mittwoch zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Angeklagt war er wegen Warenkreditbetrügen, Datendiebstahls und der Benutzung von gefälschten Ausweispapieren zwischen Januar und April. Allein die Verlesung der Anklageschrift dauerte fast zehn Minuten.

Ins Gericht wurde der junge Mann noch in Handschellen geführt – aus der Justizvollzugsanstalt Stammheim, wo er seit einem halben Jahr gesessen hat. Das Jugendgericht entschied nach mehrstündiger Verhandlung, ihn noch nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen. Die schwierigen Begleitumstände seines bisherigen Lebens hätten eine gewisse Reifeverzögerung zur Folge gehabt, lautete die Argumentation.

Als Kind, dessen Vater im Jugoslawien-Krieg ums Leben gekommen ist, kam der 21-Jährige mit der Mutter und dem Stiefvater nach Deutschland. In Kornwestheim besuchte er den Kindergarten, die Grundschule und die erste Hauptschulklasse. Dann ging er mit der Mutter nach Bosnien zurück, weil sein Stiefvater ihn misshandelt hat. Dort schaffte er mit Sprachproblemen einen mittelmäßigen Schulabschluss, heiratete jung, und wurde von der Frau verlassen, kaum dass die gemeinsame kleine Tochter auf der Welt war: Als der Mann im Januar nach Kornwestheim zurückkam, um einen Job und einen Platz im Leben zu finden, hatte er alles andere als stabile Verhältnisse und einen konkreten Plan im Gepäck. Alkohol- und Drogenprobleme kamen dazu, ebenso eine Sucht nach Glücksspielen. Kaum in Deutschland, ließ er sich in kriminelle Aktivitäten verwickeln.

Die Drahtzieher sind polizeibekannt

Allerdings, so kristallisierte sich heraus, war er bei den ihm vorgeworfenen Taten eher Handlanger als treibende Kraft. Ein nahezu unüberschaubares Geflecht familiärer Beziehungen hatte es erst ermöglicht, dass er überhaupt nach Kornwestheim zurückkommen konnte. Ein Verwandter, bei dem er Unterkunft fand und unter dessen Anleitung er Multimedia-Promoter werden sollte, verdiente seine Brötchen allerdings offensichtlich, indem er krumme Sachen drehte – im Duett mit seiner Mutter. Beide seien polizeibekannt, sagte ein Kriminalbeamter aus. Die Mutter sei in Bosnien untergetaucht, „um der Strafverfolgung in Deutschland zu entgehen“. Zum Tatzeitpunkt war die Frau allerdings noch hier. Mit einem Passbild des Neuankömmlings ließen sie und der Verwandte mehrere gefälschte Personalausweise anfertigen. Damit erschlich sich der 21-Jährige Kundenkarten bei Großhändlern, holte auf die falschen Namen bestellte Pakete ab oder eröffnete per Postident-Verfahren Bankkonten, auf die Gelder aus kriminellen Machenschaften der Verwandtschaft flossen, bevor sie flugs wieder aufgelöst wurden.

Gemeinnützige Arbeit steht an

Mal wurde ein I-Phone bestellt, mal ein Fernseher, dann wurden die Unternehmen um das Geld geprellt und die Waren gewinnbringend weitervertickt. Mit ergaunerten Bankdaten von Dritten wurde versucht, Konten abzuräumen.

Sonderlich aufwendig – dieser Eindruck entstand anhand der Aussagen des 21-Jährigen während der Verhandlung – scheinen diese kriminellen Aktivitäten nicht gewesen zu sein. Die Dreistigkeit, mit der der Familienclan zu Werke ging, gipfelte darin, dass der Drahtzieher – der sich auf freiem Fuß befindet, während seine Mutter verschwunden ist – bei der Verhandlung auftauchte und ihr als Zuhörer beiwohnen wollte. Er wurde als potenzieller Zeuge vor den Saal verwiesen, war aber, als er dann aufgerufen wurde, verschwunden.

Seine Taten täten ihm sehr leid, sagte der Verurteilte. Mit einem Bewährungshelfer soll er seine Suchtgefährdung angehen und sich um einen Job bemühen. Zunächst einmal muss er aber 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.