Der Beschuldigte aus Ditzingen soll auch im Gotthardtunnel gerast sein. Foto: Archiv/dpa

Ein 40-Jähriger soll wegen Verkehrsverstößen in der Schweiz hierzulande ins Gefängnis. Er war über mehrere Autobahnen gerast, auch im Gotthardtunnel.

Ditzingen/Stuttgart - D as Verfahren gegen den als „Gotthard-Raser“ bekannt gewordenen Mann aus Ditzingen geht hierzulande weiter. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat den Fall aus der Schweiz dem Landgericht Stuttgart übergeben. Dieses entscheidet vermutlich im nächsten Jahr, ob der Beschuldigte ein Jahr seiner im Tessin verhängten Haftstrafe in Deutschland verbüßen muss. Dies ist einer von etlichen Schritten eines komplizierten Verfahrens.

Grundlage ist eine rücksichtslose Fahrt mit einem Sportwagen durch die Schweiz. Der Beschuldigte war im Sommer 2014 auf mehreren Autobahnen mit viel zu hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen – streckenweise mit rund 200 Kilometer pro Stunde. In der Schweiz gilt auf Autobahnen das Tempolimit 120. Er soll dabei mehrere Autofahrer gefährdet und trotz Verbots überholt haben. Auch im Gotthard-Tunnel, in dem Tempo 80 und Überholverbot gilt, habe er sich nicht an die Vorschriften gehalten. Der Mann wurde durch eine Straßensperre der Polizei gestoppt. Sein Sportwagen wurde konfisziert, gegenüber Medien gab sich der 40-Jährige uneinsichtig.

Urteil in Lugano in Abwesenheit

Im Februar 2017 wurde der Beschuldigte vom Geschworenengericht in Lugano zu 30 Monaten Haft verurteilt; der Angeklagte war zum Prozess nicht erschienen. Der Mann sollte ein Jahr ins Gefängnis, die restlichen anderthalb wurden zur Bewährung ausgesetzt. Weil die Schweizer Behörden den Ditzinger nicht festsetzen konnten, wandten sie sich an die deutsche Justiz – der Verurteilte solle seine Strafe in einem deutschen Gefängnis absitzen.

Keine Rolle spielt bei diesem Verfahren, dass die Raserfahrt in der Schweiz eine Straftat ist. In Deutschland wird diese Tat strafrechtlich sehr viel geringer bewertet, nämlich nur als Ordnungswidrigkeit. Der in der Schweiz angeklagte Fall wäre in Deutschland mit einigen Hundert Euro Bußgeld, Punkten in der Verkehrssünderkartei und eventuell einem Fahrverbot sanktioniert worden, so Experten.

Internationale Abkommen

Weil die Schweizer Strafbehörden den Raser in Deutschland nicht festnehmen können, wollen sie nutzen, was ihnen internationale Abkommen ermöglichen: die Vollstreckung einer Gefängnisstrafe im Ausland. Dazu wurde das Landesjustizministerium eingeschaltet, das den Fall an die Staatsanwaltschaft weitergab. „Wir haben ein rechtskräftiges Urteil eines Schweizer Gerichts“, sagte ein Sprecher der Stuttgarter Anklagebehörde. Die Staatsanwaltschaft habe zum Tatbestand nicht ermittelt. Es sei „um das Ersuchen der Vollstreckungshilfe“ gegangen. „Die Schweiz will, dass er verbüßt“, so der Sprecher.

Über den Wunsch aus der Schweiz muss das Landgericht entscheiden. Die zuständige Kammer verhandelt nur über die Frage, ob der Ditzinger ein Jahr in ein hiesiges Gefängnis muss. Ein Gerichtssprecher sagte, ein Termin für die Anhörung des Beschuldigten stehe noch nicht fest. Gegen die Entscheidung des Gerichts gibt es Rechtsmittel, am Schluss des seltenen Verfahrens steht eine Entscheidung des baden-württembergischen Justizministeriums.