Vor einer Schwurgerichtskammer beginnt ein Prozess wegen versuchten Mordes. Foto: dpa

Ein 51-Jähriger aus Auenwald wird beschuldigt, am 12. Februar seinen 79-jährigen Vater mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mordversuch aus. Der Angeklagte habe auf sein Erbe spekuliert.

Auenwald - Ich bin in meinem ganzen Leben nicht auf jemanden losgegangen und jetzt ausgerechnet auf meinen Vater.“ Der 51-jährige Angeklagte vor der Ersten Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts wirkt gefasst, als er seine Aussage macht. Versuchten Mord wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Aus Habgier habe er versucht, seinen mittlerweile 80-jährigen Vater am Abend des 12. Februar in der Garage des gemeinsamen Wohnhauses in Auenwald zu erschlagen. Damit, so die Anklage, habe er vorzeitig den Erbfall herbeiführen wollen, um in den Besitz des kompletten Hauses zu kommen. Die Tat gibt der Familienvater zu. Allerdings sei der Grund ein anderer gewesen: Streitigkeiten mit dem betagten Vater, die aus dem Zusammenleben in dem Haus entstanden seien.

„Bub, i hab dir doch nix do!“

Die Tat geht ihm nahe. Das sagt er nicht nur, man merkt es ihm auch an. „Ich habe keine visuellen Erinnerungen mehr daran, aber akustische“, sagt er. „Bub, i hab dir doch nix do!“, habe der Vater gerufen, als er in der dunklen Garage mit der Verlängerung eines Wagenhebers auf diesen eingeschlagen habe. Der Sohn hatte den Vater abgepasst, als dieser mit dem Auto nach Hause kam. Dazu hatte er sich dunkel gekleidet und schwarze Fastnachtsschminke der kleinen Tochter ins Gesicht gemalt.

„Es ist Ihnen schon klar, dass man wegen dieses Aufzuges darauf schließen könnte, dass Sie ihm so besser auflauern konnten?“, hält ihm die Vorsitzende Richterin Regina Rieker-Müller vor. Doch der 51-Jährige bleibt bei seiner Version: „Ich wollte auf meinen Vater losgehen, ihm auf den Körper und die Arme schlagen und danach unerkannt weglaufen. Ich weiß, das ist ein völlig unausgegorener Plan. Aber an dem Abend war ich völlig neben der Spur.“

Der Grund für diesen Zustand sei ein Streit mit seinem Vater gewesen, drei oder vier Tage vor der Tat. Der 80-Jährige, der im Obergeschoss des Hauses wohnt, habe sich nach dem Tod der Mutter vor drei Jahren immer mehr von ihm und seiner Familie abgewandt. „Er hat nur noch herumgeschimpft – über alles Mögliche, was ihm nicht gepasst hat“, berichtet der Mann, dessen Arbeitgeber ihn so sehr schätzt, dass er das Arbeitsverhältnis bis jetzt nicht aufgelöst hat. „Ich hoffe, dass ich dort weiter arbeiten kann, wenn das hier vorbei ist“, sagt der 51-Jährige, was die Vorsitzende Richterin verblüfft. „Ihr Anwalt hat sicher mit Ihnen geredet, welche Strafen hier im Raum stehen?“ Der Strafrahmen liegt bei drei bis 15 Jahren Haft.

Zu dem Streit sei es gekommen, als der Senior Holzplatten und Latten des Sohnes ungefragt aus dem Haus habe schaffen lassen. Daraufhin habe er eine Auflistung gemacht, was der Vater ihm noch aus Renovierungen und Heizkosten schulde. Als er diesem die Rechnung von rund 10 000 Euro vorgehalten habe, sei der Vater regelrecht ausgerastet. „Er hat nur noch gebrüllt, man konnte kein Wort mehr mit ihm reden“, so der 51-Jährige.

„Ich war völlig neben der Spur.“

Ihm sei dieser Vorfall so aufs Gemüt geschlagen, dass er tagelang nicht mehr geschlafen habe. „Ich war völlig neben der Spur.“ Als er am Abend des 12. Februar hörte, wie sein Vater mit seiner Freundin das Haus verließ, sei ihm der Gedanke gekommen, bei dessen Rückkehr auf ihn loszugehen. Durch die Schläge mit der rund 50 Zentimeter langen und etwa 600 Gramm schweren Verlängerung erlitt der 80-Jährige mehrere Platzwunden am Kopf sowie Knochenbrüche an den Händen. „Ich bin erst wieder zu mir gekommen, als ich meine Frau gesehen habe, die neben meinem blutüberströmten Vater stand“, sagt der Angeklagte.

Der 80-Jährige tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf. Der nächste Verhandlungstag ist der 18. Juli.