Im Rudolf-Sophien-Stift finden psychisch Kranke Wohnraum und Hilfe Foto: Uli Kraufmann

Innerhalb der vergangenen fünf Jahre wurden in Stuttgart 30 Prozent mehr Wohnungen für psychisch Kranke gebraucht. Deshalb bauen soziale Träger weitere Wohnplätze in Bad Cannstatt und Am Kräherwald. In der Schwarenbergstraße scheiterte der Grundstückskauf.

Innerhalb der vergangenen fünf Jahre wurden in Stuttgart 30 Prozent mehr Wohnungen für psychisch Kranke gebraucht. Deshalb bauen soziale Träger weitere Wohnplätze in Bad Cannstatt und Am Kräherwald. In der Schwarenbergstraße scheiterte der Grundstückskauf.

Stuttgart - Eine psychische Krankheit bis hin zur wahnhaften Störung nötigt immer mehr Menschen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zum Jahresende 2013 mussten in Stuttgart 841 Menschen mit einem solchen Leiden betreut werden, 227 von ihnen lebten in Heimen.

Die Zahl der Betroffenen wächst: Von 2012 auf 2013 wurden fünf Prozent mehr stationäre Heimplätze gebraucht, neun Prozent mehr Plätze in ambulant betreuten Wohnungen, zurzeit insgesamt 609. Innerhalb der vergangenen fünf Jahren stieg der Bedarf an ambulanten und stationären Wohnplätzen um 30 Prozent.

Im Sozialausschuss legte die Verwaltung am Montag einen Zwischenbericht zur Wohnbetreuung psychisch Kranker vor. Die Zahlen, vor allem die einer landesweiten Erhebung durch den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS), offenbaren, dass der Bedarf insbesondere bei Wohnheimen in Stuttgart größer ist als das Angebot. Nur 61 Prozent derer, die aufgrund ihrer Erkrankung so genannte Eingliederungshilfe erhalten, können auch in Stuttgart leben, erfuhren die Stadträte auf die Frage von Grünen-Stadtrat Jochen Stopper hin. „Das weist auf den Nachholbedarf hin“, sagte Michael Heck vom KVJS.

Die Planungen zum Bau von 90 weiteren Wohnungen laufen – allerdings nicht rund. Die Bruderhaus Diakonie, die Stiftung Gustav Werner und das Haus am Berg wollten in der Schwarenbergstraße ein Wohnheim mit 28 Plätzen bauen, konnten das Grundstück jedoch nicht wie geplant kaufen. Die Suche, so Jochen Ziegler von der Bruderhaus Diakonie, „läuft weiter“. Seit Herbst 2011 betreiben die drei Träger 26 geschlossene Plätze in der Maybachstraße. Die Klienten sind auf einer Etage des Pflegeheims Haus Martin untergebracht und sollten in die Schwarenbergstraße umziehen. Wegen der Verzögerungen wird nach Alternativen gesucht.

Eine Lösung bietet sich in Bad Cannstatt. Dort baut das Rudolf-Sophien-Stift in der Hunklinge ein Wohnheim, in dem übergangsweise geschlossene Wohnplätze für die Bewohner der Maybachstraße geschaffen werden können. Ein zweites Wohnheim baut der Träger Am Kräherwald. Beide Häuser zusammen bieten weitere 50 neue Plätze 15 davon als geschlossene Wohnplätze. 16 Wohnmöglichkeiten bestehen seit 2013 schon im Reha-Zentrum des Rudolf-Sophien-Stifts in der Leonberger Straße.

Auch am Konzept selbst will die Stadt feilen, insbesondere an der Schnittstelle zur Jugendhilfe. „Der Anteil psychisch Kranker unter jungen Wohnungslosen hat deutlich zugenommen“, sagt Jürgen Armbruster von der Evangelischen Gesellschaft (Eva). „Die entziehen sich der Diagnostik, die kann man nicht einfach in das System der psychosozialen Betreuung überstellen.“ Zurzeit müssten unter anderem Institutsambulanzen diese Fälle auffangen.

Der Frage von Stadträtin Marita Gröger nach dem Vorrang ambulanter Hilfen stellte sich Klaus Obert vom Caritasverband: „Wir sind um Flexibilität bemüht, aber nach zehn Jahren unveränderter finanzieller Ausstattung der Tagesstätten stellt sich die Frage, ob die noch ausreicht.“