Im Heilbronner Gerichtssaal ist es noch einmal voll geworden. Foto: red/Wein

Tonnenweise hat eine Drogenbande die Region mit Rauschgift versorgt. Dank geknackter Enro-Chats wandern die Beteiligten jetzt hinter Gittern.

Heilbronn - Das Heilbronner Landgericht hat den Boss einer Drogenbande zu 13 Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Eine solch hohe Strafe, zumal nach einem Verständigung zwischen den Parteien, die den Prozess abkürzten, sei für Delikte dieser Art nicht häufig, sagte der Richter Roland Kleinschroth in seiner Urteilsbegründung. Das Verfahren sprenge aber auch „alles, was im Landgerichtsbezirk an Drogendelikten bisher aufgedeckt wurde.“

Ein dreiviertel Jahr lang, vom September 2019 bis zum Sommer 2020, hatte die Bande den Raum Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart mit Drogen versorgt. Im Wochentakt kamen Lieferungen aus Spanien, die ein mittlerweile in die Türkei geflohener Hintermann organisierte. Meist waren es 80 Kilogramm Marihuana. Kokain wurde ebenfalls kiloweise und mit einem ausgesprochen hohen Wirkstoffgehalt aus den Niederlanden eingeführt.

Schießerei in einem Dorf

Die Lieferwagen wurden meist von einem Konvoi von Privatwagen begleitet, um die Fahrt abzusichern. Kommuniziert wurde mit Kryptohandys per verschlüsselter Encrochats. Mehr als zwei Tonnen Marihuana und 31 Kilogramm Kokain sollen auf diese Weise importiert worden sein. Auf fast sieben Millionen Euro beziffert das Gericht die einzuziehenden Gewinne. Beschlagnahmt werden konnten allerdings bisher nur 140 000 Euro. „Ich rate Ihnen zu einem Dauerlottoschein“, sagte Richter Kleinschroth.

Wie skrupellos die Täter ihr Geschäft betrieben, zeigte sich bei einer Schießerei im kleinen Walzbachtal (Kreis Karlsruhe). „In schlechtester Gangstermanier“, mit schräg gehaltenem Revolver, sei auf ihn und sein Auto gefeuert worden, sagte ein Zeuge am letzten Verhandlungstag. Zwar läuft der Prozess, in dem auch dieser Vorfall angeklagt war, bereits seit dem Frühjahr. Der Geschädigte, der selbst aus dem Drogenmilieu stammt, hatte sich bisher aber nicht gemeldet.

Anwälte schlagen Coronaalarm

Für fünf weitere Angeklagte geht der Mammutprozess weiter. Sie hatten sich nicht auf eine prozessverkürzende Absprache einlassen wollen. Damit wird auch weiterhin Enge im Gerichtssaal herrschen. In Coronazeiten sei das unverantwortlich, hatten die Verteidiger zum Prozessauftakt erklärt und eine Verschiebung gefordert. Er hätte sich damals mehr Respekt gegenüber dem Gericht gewünscht, sagte Kleinschroth. Man habe immer alle Vorkehrungen getroffen. Auch während seiner Urteilsverkündung bollerten zwei Luftfiltergeräte. „Nicht ein einziger Prozessbeteiligter hat sich im vergangenen halben Jahr hier im Gerichtssaal angesteckt“, sagte Kleinschroth.