Kürzlich haben in Stuttgart etliche Landwirte gegen wachsende Auflagen und das Agrarpaket der Politik demonstriert. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Glyphosat, Insektensterben oder Tierhaltung: Bürger können am 7. Dezember mit Landwirten ins Gespräch kommen und dabei alles Mögliche fragen sowie kritisieren. Ziel der Mahnwache soll auch ein Ende des Halbwissens sein, sagen die Bauern.

Harthausen - Keineswegs wollen die Bauern die Schuld von sich schieben. Auch sie hätten in den vergangenen Jahren Fehler gemacht – etwa im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. „Wir haben es verpasst, die Verbraucher mitzunehmen“, sagt Max Jenz. Der 27-Jährige führt gemeinsam mit seinen Eltern einen Bauernhof in Unterensingen (Kreis Esslingen). Erst seitdem die Familie auch direkt am Hof eigene Eier, Kartoffeln, Apfelsaft und Nudeln verkauft sowie Führungen anbietet, kommt sie mit Bürgern ins Gespräch, früher war das kaum möglich, sagt er. „Ich erlebe oft, dass die Leute durch den persönlichen Kontakt und Führungen einen echten Aha-Effekt haben“, sagt Jenz.

In Baden-Württemberg rund 80 Mahnfeuer

Auf diesen Aha-Effekt hofft der 27-Jährige auch am Samstag, 7. Dezember. Gemeinsam mit etlichen anderen Landwirten will er Bürgern nämlich Rede und Antwort stehen – ganz egal, ob es um die aktuellen Demonstrationen der Bauern in den Städten, die grünen Kreuze auf den Äckern, die Glyphosat-Diskussion, das Insektensterben, biologische Landwirtschaft oder Tierhaltung geht.

Hinter der Einladung steckt die Initiative „Land schafft Verbindung – wir rufen zu Tisch“. Nicht nur auf den Fildern, sondern in ganz Deutschland soll es am Samstag sogenannte Mahnfeuer bei Bauern geben, zu denen Bürger explizit eingeladen sind. Allein in Baden-Württemberg gibt es rund 80 solcher Veranstaltungen.

Bisher haben Landwirte wenig mit Verbrauchern zu tun

„Wir wollen die Verbraucher mit ins Boot holen“, sagt Markus Bauer (39). Er ist Gastgeber des Mahnfeuers in Filderstadt-Harthausen. Zwischen 30 und 40 Landwirte hätten sich angekündigt, die bei ihm mit Bürgern in Kontakt treten wollen. „Derzeit kursiert eine Mischung aus Halbwissen und Unwahrheit, was Bauern und deren Arbeitsweise betrifft.“ Bei dem Mahnfeuer wollten die Landwirte aber keinesfalls nur jammern, sondern seien auch offen für Kritik und Anregungen seitens der Bürger.

„In den vergangenen Jahren gab es eine Entfremdung zwischen der Bevölkerung und den Landwirten“, sagt Markus Bauer. „Wir haben mit den Verbrauchern wenig zu tun, wenn wir keine Direktvermarktung auf unseren Höfen anbieten.“ Diese Anonymität wollen die Landwirte nun aufbrechen – und zugleich Aufklärungsarbeit leisten. So wollen die Bauern von den Fildern und aus dem Kreis Esslingen zum Beispiel auch erklären, warum viele Diskussionen, die derzeit in der Politik geführt werden, mit ihnen gar nichts zu tun hätten– etwa wenn es um Artenvielfalt gehe. „Bei uns liegt die durchschnittliche Ackergröße bei lediglich 50 Ar, also 0,5 Hektar. Da wächst Salat neben Getreide, Gemüse und Blumen. Bei uns herrscht große Biodiversität. Und trotzdem bekommen auch wir Gesetze gegen Monokultur übergestülpt.“

Bauern ärgern sich auch über CO2-Diskussion

Dazu komme, dass die jüngere Generation bereits sehr viel anders und auch besser mache. „Früher gab es viel weniger Blühstreifen und Begrünung als heute, da war der Acker oft tatsächlich lange einfach braun. Heute bieten wir Tieren ganz bewusst Rückzugsorte“, sagt Max Jenz. Von vielen werde dies nicht wahrgenommen.

Auch die Diskussion rund um CO2 halten die Bauern für schwierig. „Es heißt immer, dass die Landwirtschaft 24 Prozent zur CO2-Verschmutzung beiträgt. Zugleich aber können lediglich der Wald und die Landwirtschaft durch den Humusgehalt im Ackerboden CO2 binden“, sagt der Agrarwissenschaftler Felix Kemmner (26), der gemeinsam mit seiner Familie ebenfalls einen Hof in Unterensingen führt.

Am Samstag geht es um 18 Uhr los

Und warum sollten Bürger am Samstagabend zu dem Mahnfeuer kommen? „Wir bieten die Gelegenheit, mit echten, authentischen Landwirten ins Gespräch zu kommen“, wirbt Markus Bauer. „Und die Bauern kommen alle aus ganz verschiedenen Bereichen, es wird also geballtes Fachwissen zur Verfügung stehen.“

Bürger sind am Samstag, 7. Dezember, von 18 Uhr an eingeladen, zur Hof-stelle von Markus Bauer zu kommen. Die Adresse lautet Leerer Sack 20 in Filderstadt. Es gibt auch Punsch, Glühwein und Würstchen.