Gaby Neumann und der neue Chef Ioannis Velentzas hinter der Theke des Speerschneider-Imbisses – links der alte Kaugummiautomat in Erinnerung an vergangene Zeiten. Foto: Gottfried Stoppel

Von der Currywurstbuden-Institution über die Firmenkantine bis zum alteingesessenen Gasthaus: Im Rems-Murr-Kreis gibt es einige Möglichkeiten, mittags zu speisen, ohne den Geldbeutel über Gebühr zu strapazieren. Heute stellen wir den Speerschneider-Imbiss in Waiblingen vor.

Hier ist man selten ausschließlich unter Seinesgleichen. Denn dies ist ein Treffpunkt für Handwerker und Müllwerker, hier speisen Baggerfahrer und Oberschulräte, Vorstandsbosse und Autorennfahrer, hier suchen Richter und Rechtsanwälte vom nahen Amtsgericht die schnelle Mahlzeit zwischendurch– und gelegentlich kann man auch einen Oberbürgermeister zum Small Talk am Stehtisch antreffen.

 

Eröffnung war am 6. 6. 66

Der Speerschneider-Imbiss in der Waiblinger Bahnhofstraße ist eine Institution. Nicht mehr allzu lang, dann kann 60-jähriges Bestehen gefeiert werden – denn am 6. 6. 66 wurde der Imbiss eröffnet. Damit ist die Waiblinger Institution sogar noch exakt vier Monate älter als eine weitere Legende der Schnellgastronomie im Remstal, nämlich die Wurstbraterei Hutt im Fellbacher Oberdorf, die am 6. 10. 66 eröffnete.

Seit den Anfängen mit dabei ist Gaby Neumann. Ihr Vater Günther Speerschneider war als Lastwagenfahrer bei seinen Touren nach Norddeutschland auf den Geschmack gekommen – und hat schließlich gemeinsam mit seiner Frau Dietlinde den Imbiss in Waiblingen eröffnet. Und so wuselte die kleine Gaby schon als Achtjährige hinter der Theke oder zwischen den Gästen umher.

Bis heute klar die Nummer eins bei der Kundschaft ist die „Curry Spezial“, – „die hat mein Vater damals tagelang in der Küche ausprobiert“. Die Rezeptur, mit der die Ketchup-Grundlage verfeinert wird, ist bis heute gleich – und natürlich ein Geheimrezept.

Ein Imbiss aus der guten alten Zeit

In Internetforen ist vom „Kult-Imbiss“ oder „Imbiss aus der guten alten Zeit“ die Rede, „da gibt’s keine Massenabfertigung, sondern stets ein Schwätzchen mit den Stammkunden“. Beim Vorort-Besuch am frühen Nachmittag sagt ein Rentner: „Ich wohne seit Jahrzehnten in Heilbronn, aber für die gute Currywurst komme ich nach Waiblingen zurück.“ Eine Mittdreißigerin kennt den Speerschneider unter anderem Namen: „Bei uns hieß es immer, wir gehen zum Pommes Paule.“ Gaby Neumann bestätigt, dass viele Stammkunden diese Bezeichnung wählen – die von einem einstigen Mitarbeiter mit Vornamen Paul herrührt, der 25 Jahre lang im Imbiss an der Bahnhofstraße bedient hat.

Nach dem frühen Tod des Vaters übernahmen Gaby Neumann und ihr Bruder Andreas Speerschneider den Laden, der auch von lokalen Persönlichkeiten besucht wird. TV-Legende Alfred Biolek, einst in Waiblingen in der Bahnhofstraße aufgewachsen, war schon da, der aus Waiblingen stammende Kabarettist Christoph Sonntag kommt öfter, ebenso VfB-Fußballer oder auch Mitglieder der Rennfahrerfamilie Winkelhock.

Engen Kontakt hält sie zum früheren OB Andreas Hesky, der bis heute vorbeischaut. „Mit dem kann man gut reden, dem habe ich auch gesagt, dass Waiblingen bei weitem nicht mehr das ist wie früher“, erklärt sie. Den neuen Rathauschef Sebastian Wolf hat Gaby Neumann allerdings noch nicht als Bratwurst-Fan kennengelernt – „der war noch nicht da, aber vielleicht habe ich ihn auch nur nicht erkannt“, sagt sie schelmisch.

Inhaber Ioannis Velentzas und seine Frau Chrissy servieren die nächste Bestellung. Foto: Dirk Herrmann

Eine Zäsur bei Speerschneider gab es, als ihr Bruder mit 57 Jahren jäh durch einen Herzinfarkt starb. Per Zufall stieß sie auf Ioannis Velentzas, der eigentlich gelernter Kfz-Mechaniker ist, aber schon gastronomische Erfahrungen etwa als Hot-Dog-Verkäufer in Schwäbisch Gmünd gemacht hat. Sie hat ihm den Betrieb überschrieben, seit etwa zwei Jahren ist der „schwäbische Grieche“, wie er sich selbst nennt, der in Weinstadt-Endersbach aufgewachsen ist und in Waiblingen die Berufsschule besucht hat, der Chef im Speerschneider. „Ich hätte keinen Besseren finden können“, sagt die in Remseck lebende Gaby Neumann über den 64-Jährigen und seine Frau Chrissy, denen sie öfter, aber nicht dauerhaft zur Seite steht.

Der Kaugummiautomat stammt noch aus der D-Mark-Zeit

Es ist ein Betrieb mit 58-jähriger Tradition, der keiner großen Veränderungen bedarf – samt dem links neben der Theke angebrachten alten Kaugummiautomaten, in dem man allerdings keine D-Mark mehr in den Schlitz stecken kann, weil der durch zwei Schrauben versiegelt wurde.

Alsdann gilt hoffentlich auch die nächsten Jahrzehnte die Parole in Waiblingen: „Einmal Curry spezial mit Pommes bitte!“

Schnelle Gerichte zur Mittagszeit

Öffnungszeiten
Der Speerschneider-Imbiss in Waiblingen, Bahnhofstraße 18, hat von Montag bis Freitag von 10  Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Das beliebte Menü mit Curry Special, großer Pommes mit Ketchup und Cola kommt auf 11,30 Euro.

Kontakt
Weitere Informationen und Bestellungen unter Telefon 0 71 51/ 5 31 34.