Die großen, von Schülern gebauten Anlagen faszinieren auch die jungen Besucher der Modellbahntage. Foto: Lutz

Dampfloks und Modellbahnen – die Kinderträume von einst beglücken heute eher Ältere. Doch unter den 60 000 Besuchern der Märklin-Tage waren dieses Mal auch viele Kinder.

Göppingen - Die alle zwei Jahre zeitgleich in Göppingen stattfindenden Märklin-Tage und die Internationale Modellbahn Ausstellung (IMA) gelten als das große Fest für Sammler und Märklinisten. Das ist für sie sozusagen wie Weihnachten und Ostern an einem Wochenende. Oft sind es heutzutage eher Senioren, die sich verzückt über eine Modellbahnanlage beugen und mit ihrer Kamera Detailbilder von Mini-Steinbrüchen, Mini-Bahnhöfen und Mini-Lokomotiven machen.

Der Märklin-Geschäftsführer Florian Siebert hat schon bei der Übernahme des Traditionsunternehmens im Jahr 2013 durch die Simba-Dickie-Gruppe angekündigt, er wolle das Kinder- und Jugendsegment ausbauen und neben den langjährigen Fans und Sammlern auch neue Kunden für das Unternehmen gewinnen.

Gut 60 000 Besucher sind von Freitag bis Sonntag zu den Märklin-Tagen und der Internationalen Modellbahn Ausstellung in Göppingen gekommen. Und tatsächlich sind an allen sechs Schauplätzen der Veranstaltung viele Besucher im Rentenalter unterwegs, die seit ihrer Kindheit Märklin-Züge sammeln. Doch zwischen den alten Fans bewegen sich inzwischen auch junge.

Die Kinder sind dort, wo es zischt und blinkt

Während die einen sich geduldig jedes Detail anschauen, sind die anderen dort, wo etwas in Bewegung ist. „Wenn Sie zwei Anlagen aufbauen, eine neue, wo es überall zischt und blinkt, und eine alte, wo alles handgemacht und gemächlich ist, dann stehen alle Kinder bei der neuen Anlage. Und bei der alten steht die Generation 65 plus“, sagt Martin Seidemann.

Der 54-Jährige weiß, wovon er spricht. Als Mitglied der Eisenbahn-Freunde Allensbach hat er die Anlage für den Jugendclub des Vereins mitgebaut. Der 21-jährige Felix Fuchs ist über den Jugendclub zum Modellbahnbau gekommen. Er ist mit Seidemann angereist und möchte nun bei den Ausstellern in der Werfthalle eine neue Lok kaufen. „Ich bin halt ein Sammler“, erklärt er. Das Aufregende an Modellbahnen sei das Bauen der Anlagen. Und dafür, so ergänzt Seidemann, brauche es eben Geduld, weil man nicht sofort ein Ergebnis sehe. Eine Eigenschaft, die nicht mehr so verbreitet sei, die man aber lernen könne.

Das sehen auch Tobias (13), Sebastian (12) und Alexander (12) so. Die drei Siebtklässler beteiligen sich an der Modellbahn AG der Messelbergschule und des Rechberg-Gymnasiums in Donzdorf. Bei den Märklin-Tagen fasziniert ihre sechs auf sieben Meter große Anlage auch andere Kinder. Einige schauen ihnen neidvoll zu, wie sie die Anlage steuern.

Ein eigenes Zelt für die kleinen Besucher

Ihnen gefalle, so erklären die drei, „dass man immer weiter bauen kann. Man hat eine Idee und dann muss man sich überlegen, wie das in echt aussieht – und wie man das umsetzt.“ Tatsächlich, so erzählt Hans-Joachim Bretschneider, der die AG leitet, haben einige Schüler der früheren Werkrealschule ihr Hobby für ihre Projektarbeit in der neunten Klasse genutzt und als Projekt etwa den großen Steinbruch gestaltet, der jetzt Teil der Gesamtanlage ist. Der Modellbahnbau vereine schließlich Kenntnisse in Physik, etwa in Elektronik, Technik, Kreativität und sogar Geschichte.

Um auch den ganz jungen Besuchern etwas zu bieten, hat Märklin vor der Werfthalle ein Zelt für Kinder aufgebaut. Dort sitzen die Steppkes auf dem Boden und bauen mit Feuereifer handliche Gleise zusammen und wieder auseinander, schichten Bauklötze zu Türmen und Tunneln auf und lassen Züge hindurchfahren.

Die Fabrikroboter bei Märklin kommen gut an

Bei einer Werksbesichtigung bei Märklin langweilen sich derweil der fünfjährige Dennis und seine sechsjährige Schwester Nina in der Lokmontage, wo Frauen still im Neonlicht sitzen und winzige Zugteile zusammenbauen. „Hier passiert ja nichts“, sagt Dennis unzufrieden. „Aber unten in der Fabrik war alles Tippitoppi.“ Vor allem die Roboter haben ihn beeindruckt. Ein paar Stationen später sind die Kinder wieder glücklich: In einem Raum der Qualitätskontrolle dürfen Kinder Züge auf den Testbahnen fahren lassen. Nina und Dennis sind sofort dabei und haben – wie das andere halbe Dutzend Kinder – ihre Eltern sofort vergessen.

Fahren würde auch der fünfjährige Jonas gerne – und zwar mit einer der echten Dampfloks, die im Göppinger Bahnhof ausgestellt sind. Während er noch mit seinen Eltern diskutiert, ob die Familie an einer der Pendelfahrten teilnimmt, hat seine kleine Schwester ein ganz anderes Problem. „Hier stinkt’s“, klagt sie und schaut vorwurfsvoll die dampfenden Kolosse an.