Der Männergesangverein Kaltental bietet regelmäßig ein Offenes Singen für alle an – auch für Frauen.
Stuttgart-Kaltental - Auch wenn der „Schwanen“ derzeit noch im Dornröschenschlaf liegt, gehen im Nebenzimmer der Gaststätte jeden Montagabend die Lichter an. Nach und nach trudeln um die 30 Frauen und Männer ein und nehmen an den Holztischen Platz, während Harald Spindler den Klavierdeckel nach oben klappt und die ersten Takte anstimmt. „Offenes Singen“ heißt das Angebot, das der Chorleiter des Männergesangvereins Kaltental vor drei Jahren ins Leben gerufen hat.
Die Alternative, vor der die 15 Sängerinnen und Sänger damals standen, bot nicht gerade Anlass zu Jubelarien: Sollte sich der verbliebene Stammchor nach mehr als 130 Jahren Vereinsgeschichte tatsächlich mit dem Aus abfinden oder das Wagnis eines für jedermann offenen Singkreises eingehen? Der MGV entschied sich für den kreativen Neuanfang – und packte trotzdem die Notenblätter weg. Denn seit 2009 wird das „Offene Singen“ ausschließlich nach Textvorlagen gepflegt. Die Idee sei keine Neuerfindung, sagt Harald Spindler, der als freier Chorleiter noch weiteren Ensembles vorsteht. Doch der MGV habe auf diese Weise sein musikalisches Überleben gesichert und außerdem etliche neue Interessenten gewonnen.
Zwischen 25 und 35 Sangesfreudige kommen jeweils gegen 19.30 Uhr zusammen. Der Abend steht unter einem bestimmten Motto, das sich an Jahreszeiten orientiert oder Themen wie Lebensfreude, Essen und Trinken, Landschaften oder Starke Frauen – berühmte Männer aufgreift. Dreimal jährlich legt der Chorleiter die Themenvorschau in den Kaltentaler Geschäften aus. Mitglieder finden sie in ihren Briefkästen. Zu jedem Bereich hat Spindler die Texte einiger bekannter Lieder zusammengestellt, so dass inzwischen eine stattliche, thematisch geordnete Sammlung zur Verfügung steht. Voraussetzung zum Mitsingen ist allenfalls, dass die passenden Melodien noch im Ohr klingen – oder ein stimmsicherer Tischnachbar Orientierung bietet. Und außerdem ist da ja noch Harald Spindler am Klavier.
Der Verein wurde bereits im Jahr 1876 gegründet
Immer wieder ergänzen der langjährige Chorleiter oder auch einzelne Teilnehmer das Programm mit ein paar kurzen Geschichten und Gedichten. Die Vorteile dieses abwechslungsreich gestalteten Abends liegen für die Vereinsvorsitzende Monika Späth auf der Hand: Die Gäste, ob Vereinsmitglied oder nicht, kommen ohne Zwang und bringen statt des etwaigen Lerndrucks einer Chorprobe einfach ihre Freude am Singen mit. „Die Gesellschaft hat sich gewandelt“, sagt Spindler. „Die Zeit, in der ein Konzept trägt, wird immer kürzer. Flexibilität ist deshalb mehr denn je gefragt.“
Dass sich Rahmenbedingungen ändern können, hat auch der MGV Kaltental erfahren. 1876 ist der Männerchor gegründet worden, 1930 kamen Sopran- und Altstimmen hinzu. Mit dem Frauenchor kletterte die Zahl der Aktiven auf mehr als 120 Mitglieder. In den späteren Jahren, vor allem zwischen 1960 und 1970, bröckelte das Interesse wieder ab.
Heute hat der Männergesangverein 60 Mitglieder, die zum Singen, zum jährlichen Ausflug oder der gemeinsamen Nikolausfeier eingeladen sind. Den Abschluss des Sängerjahres umrahmt sogar ein eigens zusammengestellter Projektchor mit durchaus anspruchsvollem Programm. Das soziale Engagement führt den Gesangverein zudem während des ganzen Jahres in Alten- und Pflegeeinrichtungen, um auch dort viele Augen zum Leuchten zu bringen, wenn bekannte und liebgewonnene Weisen ertönen.
Männergesangverein Kaltental
Anschrift Feldbergstraße 54, 70569 Stuttgart Telefon 07 11/6 87 45 47 Mail cegschmidt@web.de Vorsitzender Monika Späth Gründungsjahr 1876 Mitgliederzahl 60 Angebot Offenes Singen
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