Menschen an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan. Foto: AFP

Den größte Teil der Hilfen für Afghanistan hat die Bundesregierung nach der Machtübernahme eingefroren. Die humanitäre Hilfe für Notleidende läuft aber weiter - und wird sogar ausgebaut. Das spielt auch bei den Gesprächen mit den Taliban eine Rolle.

Berlin - Die Bundesregierung will Flüchtlingen innerhalb Afghanistans und in den Nachbarländern mit zusätzlich 100 Millionen Euro helfen. „Diese Mittel werden über die Vereinten Nationen und langjährig etablierte internationale humanitäre Partnerorganisationen zur Verfügung gestellt“, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Sie solle direkt Menschen in Not zu Gute kommen. Die Entwicklungshilfe bleibe ausgesetzt.

Die Bundesregierung hatte die Hilfsgelder für Entwicklung und Stabilisierung des Landes nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban eingefroren, die humanitäre Hilfe aber weiterlaufen lassen. Bei der humanitären Hilfe geht es um die Versorgung Notleidender, etwa mit Lebensmitteln, Medikamenten oder Not-Unterkünften. Entwicklungshilfe wird vor allem für Infrastrukturprojekte gezahlt. Insgesamt waren ursprünglich für dieses Jahr Hilfen von 430 Millionen Euro vorgesehen, davon 250 Millionen Euro Entwicklungshilfe.

Hilfen sind Thema bei den Gesprächen mit den Taliban

Nach Angaben der Taliban waren die Hilfen auch Thema bei den Gesprächen, die der deutsche Diplomat Markus Potzel im Auftrag der Bundesregierung in Katar mit den Islamisten führt. Der Taliban-Sprecher Mohammed Naeem twitterte in der Nacht, dass Potzel mit Schir Mohammed Abbas Staneksai, dem Vizechef des politischen Büros der Taliban, gesprochen habe. „Der deutsche Botschafter sagte zu, Deutschland werde seine humanitäre Hilfe in Afghanistan fortsetzen und ausbauen“, schrieb Naeem.

Bei dem Treffen sei zudem die Wichtigkeit einer „positiven Interaktion und eines gegenseitigen Verständnisses mit der internationalen Gemeinschaft“ diskutiert worden. Es sei auch um die Aufrechterhaltung des Betriebs des Flughafens in Kabul gegangen.

Das Hauptziel der Gespräche

Hauptziel der Gespräche Potzels in der katarischen Hauptstadt Doha ist es, Zusagen für eine sichere Evakuierung von Afghanen zu erhalten, die sich von Taliban bedroht fühlen. Dabei geht es vor allem um ehemalige Helfer der Bundeswehr und der Bundesministerien. „Dazu gibt es erste positive Signale“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Christopher Burger. „Wir konnten aber noch nicht verifizieren, wie belastbar diese Signale sind.“ Die Lage am Flughafen sei weiterhin extrem chaotisch. Die Taliban hatten bisher an ihren Kontrollpunkten am Flughafen nur Ausländer passieren lassen.

Burger sagte weiter, dass Potzel auch das Thema Menschenrechte angesprochen habe. Der Diplomat, der ursprünglich im August als deutscher Botschafter nach Kabul entsandt werden sollte, habe die Taliban aufgefordert, ihren Ankündigungen zur Einhaltung von Menschenrechten und Medienfreiheit Taten folgen zu lassen. Er habe gleichzeitig deutlich gemacht, dass ihn jüngste Berichte von Organisationen vor Ort daran zweifeln lassen.

Hilfen bereits am Donnerstag angekündigt

Finanzminister Olaf Scholz hatte die Hilfe schon am Donnerstag angekündigt. Der Deutschen Presse-Agentur sagte der SPD-Kanzlerkandidat: „Dies ist ein erster Schritt, der zeigt, dass wir uns verantwortlich fühlen und uns kümmern.“

In diesem Jahr alleine sind UN-Angaben zufolge bis Anfang August fast 400 000 Afghanen im Land vor Gefechten und Kämpfen innerhalb des Landes geflohen. Insgesamt gibt es fünf Millionen Menschen, die nicht in ihre Heimatdörfer und -städte zurückkehren konnten.

Pakistan hat seit 40 Jahren Millionen afghanischer Flüchtlinge aufgenommen. Zu Spitzenzeiten waren laut UN vier bis fünf Millionen afghanischer Flüchtlinge in dem Land. Aktuell beherbergt Islambad etwa 1,4 Millionen Afghanen, die als Flüchtlinge offiziell registriert sind und etwa 600 000 undokumentierte Afghanen. Im Iran befinden sich geschätzt 1,5 Millionen Afghanen, rund die Hälfte davon ohne Dokumente.