Machtkampf bei der Südwest-FDP: Samstag entscheiden die Delegierten über die Führung.

Stuttgart - Birgit Homburger, Michael Theurer - oder gar ein dritter? Nach ihrer Wahlniederlage am 27. März sucht die Südwest-FDP einen Neuanfang. Am Samstag wählt sie ihre neue Parteispitze.

13 Jahre, 2 Monate und 16 Tage - Goll hält seit heute den Amtsrekord als dienstältester Justizminister in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg, teilte das Justizministerium Mitte April mit. Seitdem ist es um den ehemaligen FDP-Spitzenkandidaten ruhig geworden. Beim außerordentlichen Parteitag am Samstag in Stuttgart gibt der 61-Jährige seinen Posten als sellvertretender FDP-Landesvorsitzender ab - ebenso wie Ernst Burgbacher, Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Der dritte Stellvertreter, der Europaabgeordnete Michael Theurer, hingegen will nicht nur im Präsidium bleiben, sondern neuer Landeschef der Südwest-FDP werden. Er tritt gegen Birgit Homburger an, die seit 2004 die Partei führt.

Nach der Wahlschlappe am 27. März - der Anteil der FDP-Wähler halbierte sich auf 5,3 Prozent - ist bei den Liberalen ein Streit um die Parteiführung entbrannt. "Ich bin bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, wenn sich die Partei programmatisch neu orientiert", hatte Theurer kurz darauf erklärt. Einige Tage später gab Homburger dem Druck der Parteibasis nach und schlug dem Landesvorstand den Rücktritt vor. "Ein Neustart in die Opposition kann nur gelingen, wenn wir von der Partei eine neue Legitimation erhalten", argumentierte sie. Am Samstag ist es so weit.

Wie die 400 Delegierten wählen, wagt keiner vorherzusagen. Homburger, heißt es, komme bei vielen FDP-Funktionären besser an, Theurer habe vor allem an der Basis Rückhalt. Die Jungen Liberalen tun sich mit beiden Kandidaten schwer. Homburger und Theurer trügen "seit vielen Jahren Verantwortung für den Kurs der Landespartei und verkörpern deshalb keinen glaubwürdigen und nachhaltigen Neuanfang", erklärte der FDP-Nachwuchs am vergangenen Wochenende und forderte ihren ehemaligen Landesvorsitzenden Florian Toncar auf, für den Vorsitz zu kandidieren.

Der 31-Jährige fühlt sich durch den Vorschlag geehrt. Doch er komme für ihn zu früh, sagt er. Zwar sitzt er seit fünfeinhalb Jahren im Bundestag, aber bisher habe er keine Erfahrung im Präsidium. Deshalb werde er als Stellvertreter kandidieren.

Für die drei Stellvertreterposten stehen damit gleich drei Bundestagsabgeordnete bereit. Als erster hatte sich Patrick Meinhardt aus Baden-Baden aus der Deckung gewagt, der sich mit dem Thema Bildung profilieren will. Mittlerweile hat auch der Innen- und Rechtsexperte Hartfrid Wolff aus Waiblingen seine Kandidatur bekannt gegeben. Außerdem bewerben sich zwei Kommunalpolitiker: Sascha Fiek aus Freiburg und Volker Beisel aus Mannheim.

Generalsekretärs-Suche

Offen ist noch, wer Generalsekretär wird. Schon vor einem Jahr hatten Parteimitglieder eine entsprechende Position gefordert, einen Tag nach der Landtagswahl schlug Homburger dem Landesvorstand vor, einen Generalsekretär zu installieren, der die Partei machtvoll in die Opposition führe. Doch offenbar fällt es Homburger und Theurer schwer, einen Kandidaten für das Ehrenamt zu gewinnen.

Der Wahlausgang am Samstag hat weitreichende Konsequenzen. Würde Homburger den Landesvorsitz verlieren, dann würde es in Berlin noch schwieriger für sie. Seit Monaten versuchen Parteifreunde vor allem aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion aus dem Amt zu heben. Turnusgemäß müsste der Fraktionsvorstand zwar erst im Herbst gewählt werden, mittlerweile ist Homburger aber offenbar bereit, sich noch vor der Sommerpause zur Wahl zu stellen. Eine Entscheidung darüber könnte bereits bei der Klausur der Bundestagsfraktion am Sonntag in Berlin fallen.

Müsste Homburger den Fraktionsvorsitz aufgeben, würde die Südwest-FDP auf Bundesebene Einfluss verlieren, befürchten manche in der Landespartei. Einer aus dem Landesvorstand schlägt deshalb e in der Partei. Wenn Liberale aus Nordrhein-Westfalen unbedingt nach Berlin wollten, solle doch Guido Westerwelle auch sein Amt als Außenminister abgeben. Homburger jedenfalls mache ihre Arbeit gut.

Das sieht ihr Herausforderer Michael Theurer anders. Sie, FDP-Spitzenkandidat Ulrich Goll und die Landtagsfraktion hätten bei Themen wie Stuttgart 21, dem Rückkauf der EnBW-Aktien oder der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken Fehler gemacht. Nötig sei ein neuer Kurs.

Homburger-Befürworter halten dagegen, dass Theurer als Parteivize und - bis 2009 - als Landtagsabgeordneter ebenfalls Verantwortung trage. Am Donnerstag machten sich die Liberalen Frauen mit einem Aufruf für die Landesvorsitzende stark. "Birgit Homburger hat Biss, Durchsetzungsvermögen und ist bienenfleißig", erklärte die Landeschefin der Liberalen Frauen, Jutta Pagel-Steidl. Die FDP habe bei den Wählerinnen nicht punkten können, weil sie "zu häufig als Männerpartei wahrgenommen wird".