Djibril M’Bengue einst im TVB-Trikot – und irgendwann wieder? Foto: Pressefoto Baumann

Djibril M’Bengue ist vor der Saison vom Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart zum FC Porto gewechselt. Der steht am Wochenende fast sensationell im Final-Four des EHF-Cups. Der 27-Jährige hat also alles richtig gemacht.

Porto/Stuttgart - Wenn Djibril M’Bengue in die Dragao-Caixa-Arena (die Drachen-Burg) einläuft, ist eigentlich alles wie früher beim TVB Stuttgart. Blau-weiße Trikots und eine Halle mit 2200 Plätzen. Die sich dann aber doch noch mehr in einen Hexenkessel verwandeln kann als die Scharrena. Mit ihren steil gebauten Tribünen an den Kopfseiten und den Fans im Rücken. Denn bei wichtigen Spielen bekommen die Handballer Rückendeckung von den Ultras der prominenteren Fußball-Profis, da hält die Club-Familie zusammen. M’Bengue: „Die singen 60 Minuten lang und sorgen für eine Wahnsinnsstimmung.“ Gänsehaut pur, getreu dem Motto eines Fan-Banners, der übersetzt lautet: „Überall stark, zu Hause unbesiegbar.“

In der Tat hat die Mannschaft im laufenden Wettbewerb sämtliche sieben Heimspiele gewonnen, zuletzt gegen den Vorjahresfinalisten St. Raphael. Die Kicker sind bekanntlich im Champions-League-Viertelfinale am FC Liverpool gescheitert, als Djibril M’Bengue mit einigen Teamkameraden im Stadion saß. Jetzt wollen sie selbst für Furore sorgen – eigentlich haben sie es längst getan. Der Einzug ins Final Four des EHF-Pokal am Wochenende in Kiel darf getrost als kleine Sensation bezeichnet werden, es ist der größte Erfolg des portugiesischen Club-Handballs, auch wenn Sporting Lissabon schon zweimal den Challenge Cup gewonnen hat. Doch der wird international milde belächelt, gilt bestenfalls als drittklassig – ohne Teilnehmer aus den Top-acht-Nationen.

Porto wirft Magdeburg raus

Solche Entwicklungshilfe hat der FC Porto nicht nötig, die Mannschaft ist ungeschlagen durch die Gruppenphase marschiert. Noch Fragen? „Es ist schon unglaublich, was wir bisher geleistet haben“, sagt M’Bengue. Der Rest ist Zugabe. „Wir haben nichts zu verlieren.“ Unter Druck steht im Halbfinale vielmehr der Bundesligist Füchse Berlin. Mit Velimir Petkovic, der im Trainerduell ausgerechnet auf seinen einstigen Göppinger Nachfolger Magnus Andersson trifft, was dem Duell zusätzlich Brisanz verleiht. „Er hat unheimlich geholfen, gibt sein Handballwissen an die Mannschaft weiter“, schwärmt M’Bengue fast ein bisschen von dem Schweden. Der setzt nicht nur in Unterzahl auf den siebten Feldspieler – und die Abwehr. „Wir haben im Innenblock körperlich sehr starke Spieler“, sagt der Deutsche. Das hat sich bis Berlin rumgesprochen, wo Füchse-Manager Bob Hanning schon mal warnt:. „Porto stellt für mich die beste Abwehr der verbliebenen Mannschaften, das ist das unangenehmste aller Spiele.“

Schließlich hat der FC Porto in der Qualifikation bereits den Bundesliga-Spitzenclub SC Magdeburg ausgeschaltet, das war die erste Duftmarke in Europa. Zum Erfolgsgeheimnis sagt M’Bengue, der in der Bundesliga mit vielen Verletzungen zu kämpfen hatte: „Wir können auf einen breiten Kader bauen.“ Aus dem dennoch der eine oder andere Spieler herausragt. Zum Beispiel der Halblinke Fabio Magalhaes, „der im Überzahlspiel schon oft die richtige Lösung gefunden hat“, so Mitspieler M’Bengue. Oder auch Alexis Borges, der viel Erfahrung aus der vergangenen Saison als Leihspieler beim FC Barcelona mitgebracht hat und 2020 den nächsten Schritt wagt und zum französischen Spitzenclub Montpellier wechseln wird.

M’Bengue nutzt seine Option

Die Erfolge wecken natürlich Begehrlichkeiten bei anderen Clubs: „Aber nächste Saison bleibt der Kader meines Wissens zusammen“ sagt M’Bengue, der vor kurzem erst selbst die Option mit dem Verein für ein weiteres Jahr genutzt hat. Danach? Bundesliga, vielleicht sogar beim TVB, bei dem 2020 die Verträge mit den Linkshändern David Schmidt und Robert Markotic auslaufen? „Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken“, sagt der 27-Jährige. „Natürlich ist die Bundesliga immer ein Thema – und meine Heimat.“

Die Trennung von Freundin und Familie ist gewissermaßen auch der einzige kleine Wermutstropfen. Doch dank der Direktflüge eines Billigfliegers lässt sich auch dieses Problem in den Griff bekommen. Die Freundin kam schon nach Porto und M’Bengue auch zwei-, dreimal nach Stuttgart, wenn Lehrgänge der Nationalmannschaft auf dem Programm standen.

Portugal besiegt Ex-Weltmeister

Apropos: Die hat zuletzt in der EM-Qualifikation ein Ausrufezeichen gesetzt und (mit vielen Porto-Akteuren) Ex-Weltmeister Frankreich zu Hause 33:27 besiegt, was beweist dass der portugiesische Höhenflug keine Eintagsfliege ist. So sieht es auch der europäische EHF-Präsident Michael Wiederer: „Portugal hat traditionell einen guten Nachwuchs.“ Wurde 1994 sogar als erste Mannschaft überhaupt Jugend-Europameister. „Und wir wussten auch, dass Porto stark ist.“ Stark genug für den Titel? „Prinzipiell kann jede Mannschaft, die im Final Four steht, auch gewinnen“, sagt Wiederer.

Das will auch der FC Porto unterstreichen, der noch auf drei Hochzeiten tanzt: Die Mannschaft steht im Pokalturnier und strebt als Tabellenführer die Meisterschaft an, denn in diesem Fall ruft nächstes Jahr nicht der EHF-Cup, sondern sogar die Champions League. Zumindest in Punkto internationaler Wettbewerb ist Djibril M’Bengue seinem Ex-Club TVB Stuttgart also meilenweit voraus.