Wie gefährlich ist das, was bei alten Dieseln hintenrauskommt? Foto: dpa

Die Umweltorganisation ICCT hat sich im Kampf gegen Luftverschmutzung viele Verdienste erworben. Doch die jetzt vorgelegten Zahlen sind angreifbar, meint Wissenschaftsredakteur Werner Ludwig.

Stuttgart - Die Umweltorganisation ICCT hat maßgeblich zur Aufdeckung der Abgastricks der Autobauer beigetragen. Dafür gebührt den Vorkämpfern für einen emissionsfreien Verkehr viel Lob. Und der Druck auf die Industrie hat offenbar gefruchtet: Viele aktuelle Diesel-Pkw sind nach einer ADAC-Erhebung sogar sauberer als vorgeschrieben – nicht nur im Labor, sondern auch auf der Straße.

Doch mit den jetzt vorgelegten Zahlen zu den Folgen der Luftverschmutzung machen sich die Experten angreifbar. Denn auch viele Umweltmediziner räumen ein, dass es irreführend ist, die Zahl der statistisch ermittelten vorzeitigen Todesfälle durch einen oder mehrere Schadstoffe anzugeben. Dieser Wert sagt nichts darüber aus, wie viel früher die Menschen im Durchschnitt infolge der Belastung sterben. Es könnten zwei Tage sein, aber auch zwei Jahre. Aussagekräftiger ist die Zahl verlorener Lebensjahre, die in der Zusammenfassung des Berichts gar nicht auftaucht, sondern erst im hinteren Teil.

Zahlen aus dem Jahr 2015

Problematisch ist auch, dass die Zahlen aus dem Jahr 2015 stammen. Sie berücksichtigen also nicht, dass sich seitdem in puncto Luftqualität an vielen Orten etwas getan hat. Das könnte auch die Schlussfolgerung des ICCT erklären, dass in Deutschland bezogen auf die Einwohnerzahl mehr Menschen durch verkehrsbedingte Emissionen sterben als etwa in China oder Indien. Jedem, der die dicke Luft in den dortigen Ballungszentren kennt, muss das zumindest befremdlich erscheinen.

Dass es ein sinnvolles Ziel ist, verkehrsbedingte Emissionen weiter zu vermindern, steht außer Zweifel. Allerdings sind die grenzwertigen Zahlen des ICCT einer sachlichen Debatte nicht gerade förderlich.