Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der Euronorm 6 soll es nach dem Willen der Gemeinderatsmehrheit in Stuttgart vorläufig nicht geben. Foto: dpa

Die Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats hat sich klar gegen die im Entwurf des neuen Luftreinhalteplans des Landes vorgesehenen temporären und auf einzelne Streckenabschnitte begrenzten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der Euronorm 6 ausgesprochen.

Stuttgart - Eine klare Mehrheit der Stuttgarter Stadträte hat sich schon vor der entscheidenden Abstimmung am kommenden Donnerstag in der Vollversammlung des Gemeinderats gegen Fahrverbote als Mittel zur Luftreinhaltung positioniert. CDU, SPD sowie die kleineren Fraktionen Freie Wähler, AfD und FDP votierten am Dienstag im Technikausschuss gegen die im Entwurf des Luftreinhalteplans des Landes vorgesehenen temporären und auf bestimmte Streckenabschnitte begrenzten Fahrverbote ab dem 1. Januar 2018 für Dieselfahrzeuge, die nicht die Schadstoffanforderungen der Euronorm 6 erfüllen.

CDU und SPD halten Fahrverbote für nicht zweckmäßig zur Reduzierung der Stickstoffdioxidbelastung im Talkessel sowie am Schadstoffbrennpunkt Neckartor und befürchten darüber hinaus Verkehrsverlagerungen in andere Stadtgebiete. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus wiederum lehnte die Maßnahmen als unzureichend ab, und auch der Einzelstadtrat der Stadtisten, Ralf Schertlen, sprach sich gegen Einfahrverbote aus. Lediglich die Grünen-Fraktion zeigte sich bereit, an Tagen mit überhöhten Luftschadstoffwerten Straßen oder Straßenabschnitte für die entsprechenden Fahrzeuge zu sperren. Die CDU pocht im Übrigen auch darauf, dass die sogenannte blaue Plakette für besonders schadstoffarme Autos, die der Bund einführen müsste, erst dann für Fahrverbote herangezogen werden kann, wenn 80 Prozent des gesamten Fahrzeugbestandes die Voraussetzungen für den Erhalt dieser Plakette erfüllen.

Kuhn kritisiert ablehnende Haltung der Wirtschaftsverbände

OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte zuvor vergeblich für die Maßnahmen geworben. Er verwies unter anderem auf Städte wie München, Hamburg oder Düsseldorf, die ähnliche Verkehrsbeschränkungen planten. Verbote seien „kein Vergnügen für pulsierende Großstädte“, aber zum Schutz der Gesundheit der Bürger notwendig, so Kuhn. Harsch kritisierte er die Stellungnahmen aus der Wirtschaft, die sich ebenfalls gegen Fahrverbote ausgesprochen hatte. „Beim Diesel hat nicht der Gemeinderat, das Land oder der OB manipuliert, sonderm zum Beispiel VW“, verwies der Rathauschef auf die Verantwortung der Automobilindustrie für die Einhaltung der geltenden EU-Grenzwerte. Kuhn sagte: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“

Das Votum der Stadt, das der Gemeinderat am Donnerstag nochmals bekräftigen wird, ist weder für die grün-schwarze Landesregierung noch für das für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans zuständige Regierungspräsidium bindend. Der Stellungnahme wird allerdings große symbolische Bedeutung zugemessen. Die CDU im Land könnte die Ablehnung von Fahrverboten durch die Landeshauptstadt als Ermunterung verstehen, Fahrverbote aus dem Katalog der Maßnahmen im Entwurf des Luftreinhalteplans aus dem Haus des grünen Verkehrsministers Winfried Hermann streichen zu lassen. Das neue Recht soll Ende August in Kraft treten. Die Zeit drängt: Die EU droht Deutschland bei Nichteinhaltung der Schadstoffgrenzwerte mit der Verhängung von Geldstrafen.

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