Nach dem Bodenpersonal könnten nun bald die Piloten bei der Lufthansa streiken. Foto: AFP/DANIEL ROLAND

Die Mitglieder der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit haben mit großer Mehrheit für einen möglichen Streik gestimmt, um ihren Tarifforderungen gegenüber der Lufthansa Nachdruck zu verleihen.

Mitten in der schon mächtig knirschenden Hochsaison könnte es bei der Lufthansa zu einem Piloten-Streik kommen. In der von der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) eingeläuteten Urabstimmung sprachen sich 97,6 Prozent der Lufthansa-Piloten und 99,3 Prozent der Cargo-Piloten für einen Arbeitskampf aus, wie ein Gewerkschaftssprecher am Sonntag erklärte.

Damit ist ein Streik der rund 5000 Piloten der Lufthansa und der Lufthansa Cargo zwar ab sofort möglich, wurde aber zunächst noch nicht ausgerufen. Man zeige sich weiter gesprächsbereit, hieß es. Bereits vor der Auszählung hatte der VC-Tarifexperte Marcel Gröls erklärt, dass es sich zunächst um ein „Warnsignal“ an den Lufthansa-Vorstand handele. Vom Management erwarte man nun „gute Angebote“: „Wir benötigen jetzt fokussierten Lösungswillen, um gemeinsam kreative und nachhaltige Lösungsräume im Interesse des Unternehmens und seiner Mitarbeitenden zu schaffen.“ Die Verhandlungen sind noch von beiden Seiten nicht als gescheitert erklärt worden.

Warnstreik des Bodenpersonals legte Flugbetrieb lahm

Die VC wertete das Abstimmungsergebnis als Beleg für die große Unterstützung für die Ziele der Konzerntarifkommission. „Wir brauchen jetzt eine moderne und faire international konkurrenzfähige Vergütungsstruktur in allen Berufsgruppen“, erklärte Gröls. Die positive Urabstimmung führe noch nicht zwangsläufig zu Streikmaßnahmen. Aber sie sei ein unüberhörbares Signal an die Lufthansa, die Bedürfnisse des Cockpitpersonals ernst zu nehmen.

Am Mittwoch hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Airline für einen ganzen Tag nahezu lahmgelegt. Über 1000 Flüge fielen aus, rund 134 000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern. Eine Urabstimmung hatte Verdi davor nicht abgehalten. Unternehmen und Politik hatten die Dauer und den Umfang des Warnstreiks kritisiert. Am Mittwoch (3. August) sollen die Verhandlungen nun fortgesetzt werden.

Auch die Piloten-Gewerkschaft könnte noch in der Ferienzeit streikbereit sein. Zudem war der September in den Vorjahren meist ein verkehrsreicher Monat, so dass ein Streik das Unternehmen auch zu diesem Zeitpunkt empfindlich treffen würde.

Neue Gesellschaft mit niedrigeren Tarifen

Grund für die Streikvorbereitungen der VC sind die festgefahrenen Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag, die nun bereits sechs Verhandlungsrunden dauern. Aus Sicht der VC hat die Lufthansa bisher kein verhandelbares Angebot vorgelegt. Die VC verlangt demnach Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich vom kommenden Jahr an. Den vorherigen Tarifvertrag hatte sie zum 30. Juni gekündigt.

Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von den rund 5000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden dürfen, die dem Konzerntarifvertrag unterliegen. Die Lufthansa gründete im Frühjahr einen neuen Flugbetrieb „Cityline 2“ mit niedrigeren Tarifen als in der Kernmarke. Die neue Airline soll im Europa-Verkehr wesentliche Aufgaben der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.