Die CS 100-Flieger baut Bombardier im kanadischen Mirabel. Foto: The Canadian Press/AP

Der europäische Flugzeugbauer macht ein Schnäppchen und erhält die Mehrheit am Mittelstreckenprojekt C-Serie vom kanadischen Konzern Bombardier. Damit ergreift Airbus auch Partei gegen die Abschottungspolitik von US-Präsident Donald Trump.

München - Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus steigt mehrheitlich beim ambitionierten Mittelstreckenjet C-Serie des angeschlagenen Rivalen Bombardier ein. Das für die Europäer auf den ersten Blick extrem vorteilhafte Geschäft, bei dem kein Geld fließt, hat aber auch eine heikle politische Komponente. Denn der deutsche Airbus-Chef Tom Enders und sein kanadischer Bombardier-Kollege Alain Bellemare versuchen damit, die Abschottungspolitik der USA unter Präsident Donald Trump zu umgehen. Offiziell verneinen das beide Manager. „Das ist eine strategische Entscheidung“, erklärte Bellemare. Mit der Klage des US-Rivalen Boeing und davon ausgelösten Strafzöllen auf Bombardier-Maschinen habe der Einstieg von Airbus nichts zu tun.

Boeing hatte geklagt, die C-Serie werde US-Airlines zu von Kanada subventionierten Schleuderpreisen angeboten – und damit bei Trump Gehör gefunden. Die jüngste Ankündigung der US-Regierung, Strafzölle von 300 Prozent gegen Bombardier zu verhängen, hat zudem das Zeug einen US-kanadischen Handelskrieg zu entfachen.

Der Mittelstreckenjet ist in der Fachwelt hoch angesehen

Auch Großbritannien ist betroffen, weil Bombardier in Nordirland wichtigster Arbeitgeber ist. Nun will Airbus die umstrittene C-Serie in seinem US-Werk in Mobile im Bundesstaat Alabama bauen und damit Strafzölle unterlaufen. Allerdings soll dort nur die Endmontage erfolgen. Das Hauptwerk für den in der Fachwelt hoch angesehenen Mittelstreckenjet, der bis zu 150 Passagieren Platz bietet, soll in Kanada bleiben.

„Das ist eine Win-Win-Situation für alle“, sagt Enders. Dabei könnten theoretisch aber immer noch Zulieferungen für das Airbus-Werk in Mobile per Strafzoll blockiert werden. Boeing hat den Einstieg von Airbus bei der für die C-Serie zuständigen Bombardier-Tochter CSALP jedenfalls bereits als „fragwürdiges Geschäft zwischen zwei staatlich subventionieren Firmen“ kritisiert. Nach Lesart der Amerikaner erhält auch Airbus seit Jahren ungerechtfertigte Zuschüsse durch europäische Staaten, was Airbus naturgemäß anders sieht.

Mit der Endmontage der C-Serie in Mobile würde auch das dortige Personal aufgestockt, erklärte indes Enders. Das geht offenkundig an die Adresse Trumps, verbunden mit der Hoffnung, er werde von der Aussicht auf neue Arbeitsplätze in den USA von seiner bisherigen Haltung abrücken.

Airbus erhält Zugriff auf ein vielversprechendes Flugzeugprogramm

Derzeit bauen rund 1000 Beschäftigte in Mobile den A 320. Abgesehen von der politischen Komponente hat Airbus fraglos ein ausgesprochenes Schnäppchen gemacht. Die Europäer müssen für ihre gut 50 Prozent an CSALP kein Geld zahlen und auch keine Schulden übernehmen, sondern sich nur verpflichten, für laufende Entwicklungs- und Produktionskosten der C-Serie aufzukommen. Gemindert ist das finanzielle Risiko zudem durch Zusagen von Bombardier, in den nächsten drei Jahren notfalls noch bis zu gut eine Milliarde Dollar in die C-Serie zu stecken. Schon jetzt liegen deren Programmkosten um rund zwei Milliarden Dollar über ursprünglichen Plänen. Für sehr überschaubaren Aufwand erhält Airbus damit Zugriff auf ein vielversprechendes Flugzeugprogramm, das die eigene Airbus-Palette nach unten abrundet und sich nicht mit ihr überschneidet.

So bietet der Airbus A 320 Platz für mindestens 180 Passagiere. Auf das Segment derartiger kleinerer Passagierflugzeuge mit nur einem Mittelgang entfällt 70 Prozent der weltweit prognostizierten Nachfrage im gesamten zivilen Flugzeugbau. Gut 6000 Flieger dieser Größe sollen in den nächsten 20 Jahren, verkauft werden, schätzen Experten. Bereits vor zwei Jahren wollte Enders deshalb bei Bombardier einsteigen. Damals konnte man sich aber nicht einigen. Mittlerweile hat sich die Lage der Kanadier aber verschlechtert. Bombardier kämpft im Ganzen ums Überleben.

Im Flugzeugbau sorgten die von Trump verhängten Strafzölle für den nächsten Tiefschlag.

Das von Berlin aus geführte Geschäft mit Bahntechnik kriselt ebenfalls. Tausende Stellen auch in Deutschland werden gestrichen. Im Flugzeugbau sorgten die von Trump verhängten Strafzölle für den nächsten Tiefschlag. Hauptkunde für die C-Serie war bis dahin die US-Fluglinie Delta, die 75 Maschinen geordert hatte, wegen der Strafzölle aber davon abgerückt war. Nach dem jetzigen Einstieg von Airbus hat Delta postwendend bekräftig, am Kauf nun festhalten zu wollen. Für Bombardier ist der Schulterschluss mit Airbus deshalb ein Befreiungsschlag, auch wenn man damit die Kontrolle über das wichtigste eigene Flugzeugprogramm aus der Hand gibt. Mit der Verkaufsmacht von Airbus soll die C-Serie nun in größeren Stückzahlen als zuletzt geplant verkauft werden. Bellemare spricht von mehr als einer Verdoppelung des Programmwerts der C-Serie. Ob die Geschäfte auch in den USA nun ungehindert anlaufen können, entscheidet sich auf politischer Ebene.