Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (links) und Greta Thunberg bei einem Pressetermin im Tagebaudorf Lützerath Foto: dpa/Henning Kaiser

Einen Tag vor der Bundestagswahl reist die weltberühmte Umweltaktivistin Greta Thunberg in ein Dorf im rheinischen Braunkohlerevier. Mit im Gepäck: Ein kleines Schild mit einer großen Botschaft.

Lützerath - Nur eine Landstraße trennt den Hof von Landwirt Eckardt Heukamp vom Tagebau Garzweiler. Und wenn es nach dem Energieunternehmen RWE und der Bundesregierung geht, bald nicht einmal mehr die. Um zu verhindern, dass Lützerath und damit auch der Hof von Heukamp für den Kohleabbau weichen müssen, sind die Umweltaktivistinnen Greta Thunberg (18) und Luisa Neubauer (25) am Samstag in das Dorf in Nordrhein-Westfalen gereist.

 

Im Gepäck ein kleines gelbes Schild mit der Aufschrift „Defend Lützerath, defend 1,5“ („Verteidigt Lützerath, verteidigt 1,5“). Ihre Botschaft, die die Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5 Grad anmahnt, rammten sie vor dem Hof in den Boden. Es ist ein symbolischer Akt, an einem symbolischen Ort - einen Tag vor der Bundestagswahl.

Thunberg: „Ort voller Traurigkeit“

„Auch wenn das ein Ort voller Traurigkeit ist, finde ich es sehr hoffnungsvoll und inspirierend, die Hingabe und das Engagement der hier lebenden Menschen zu sehen - die kämpfen, um diese Dörfer zu behalten und die gegen Klima- und Umweltzerstörung kämpfen“, sagte Thunberg. „Das ist es, was mir Hoffnung gibt.“

Die schwedische Umweltaktivistin und Initiatorin der weltweiten Bewegung Fridays for Future warnte jedoch davor, die Bekämpfung der Klimakrise und den Schutz der vom Tagebau bedrohten Dörfer allein in die Hände von Politikern zu legen. „Wir können das und die Klimakrise nicht mit Parteipolitik lösen. Wir brauchen eine Massenmobilisierung von Menschen“, sagte sie. „Wir wollen die Menschen dringend bitten, in diesem Kampf um Klimagerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit zu helfen.“

Mit Blick auf eine CDU-Wahlkampfveranstaltung am Samstag in Aachen sagte Luisa Neubauer: „Wenige Kilometer von hier sprechen heute Angela Merkel und Armin Laschet und verteidigen einen fossilen Status quo, der diese Zerstörung hier normalisiert und rechtfertigt.“ Es gebe aber keine Rechtfertigung dafür. „Sie ist nicht akzeptabel, sie ist nicht hinnehmbar und entsprechend werden wir auch nicht akzeptieren und hinnehmen.“

Lützerath soll für Kohleabbau verschwinden

Der Ort Lützerath, in dem fast keine Menschen mehr leben, soll als nächstes für den Kohleabbau am Tagebau Garzweiler verschwinden. Bis Ende 2026 soll entschieden werden, ob die zur Stadt Erkelenz gehörenden Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath noch weichen müssen. Der Betrieb in den drei bestehenden Tagebauen im Rheinischen Revier soll nach und nach auslaufen und spätestens 2038 enden. Am 1. Oktober startet die nächste Rohdungsperiode.

„Wenn wir sagen, alle Dörfer bleiben, dann sprechen wir nicht davon, dass Häuser stehen bleiben, wir sprechen davon, dass wir gemeinsam die Lebensgrundlagen schützen, von denen wir abhängen“, sagte Neubauer. „Und wir sprechen davon, dass wir bereit sind, uns zwischen die Häuser und die Bagger und zwischen die Lebensgrundlagen und die Bagger zu stellen.“

Auf Geschehnisse im Dorf aufmerksam machen

Verglichen mit Thunbergs Auftritt bei der Fridays for Future Demonstration in Berlin am Freitag, fiel der Termin in Lützerath deutlich kleiner aus. Dennoch sei es wichtig, hier zu sein, sagte sie. Sie wolle die Menschen auf die Geschehnisse in dem Dorf aufmerksam machen. „Wir müssen ein Bewusstsein schaffen für das, was hier passiert. Und wir brauchen Menschen, die sich dem Kampf dagegen anschließen.“ Dafür sei auch ziviler Ungehorsam ein legitimes Mittel, solange er friedlich bleibe. „Und wir haben gesehen, das Menschen in dieser Gegend dieses Instrument genutzt haben, sehr effektiv in vielen Arten.“

Die Umweltaktivistinnen riefen auch die Menschen außerhalb von Lützerath dazu auf, sich nach der Wahl weiter für das Klima zu engagieren. „Diese Wahl wird die Klimakrise nicht lösen, egal wie das Ergebnis ausfallen wird. Die wird viel länger anhalten“, sagte Thunberg. „Wir werden auch weiterhin mobilisieren müssen und auf die Straße gehen müssen.“